Ein monotones Piepen. Ein leises Summen. Ein unerbittliches Rattern eines Motors. Es roch komisch steril und hinter meinen Lidern vermutete ich einen hellen Raum. Aber auch einen trostlosen Raum.
Mein Kopf tat weh und mein rechter Arm schien irgendwie taub zu sein.Vorsichtig schlug ich die Augen auf und blinzelte heftig. Meine Vermutung bestätigte sich je. Ich schaute gegen eine kalte weiße Wand eines Krankenhauses.
"Oh Gott, Hanna, endlich!" Das war Mira! Ich drehte meinen Kopf. Das Pochen darin wurde augenblicklich etwas stärker, aber es war erträglich. Mira saß neben meinem Bett mit verweinten Augen und nahm meine Hand.
"Was ist passiert?", krächzte ich.
"Du hattest einen Unfall... du... bist vor ein Auto gefahren", schniefte sie.
"Wieso?" Ich erinnerte mich nur schwach daran.
"Keine Ahnung. Das Auto hatte Vorfahrt..." Mira sah so schrecklich traurig aus.
"Ich war in Gedanken...", erinnerte ich mich und da kamen auch mir die Tränen.
"Du wärst beinahe auch gestorben, Hanna! Und das nur, weil du aus Gelsenkirchen weg bist!" Jetzt weinte sie richtig. Ich wartete, bis sie ruhiger wurde.
"Ich bin wegen Nick hergekommen."
"Aber du hättest zurückgehen müssen!", meinte sie anklagend. "Du hättest..."Weiter kam sie nicht, denn in dem Moment kam ein Arzt in mein Zimmer.
"Hallo, Frau Sandler, ich bin Dr. Höhne. Wie geht es Ihnen?", fragte er freundlich.
"Ganz okay. Mein Kopf dröhnt und mir ist schlecht."
"Das ist normal. Sie haben eine Gehirnerschütterung. Sie müssen noch ein bis zwei Tage zur Kontrolle hier bleiben."
"Was ist mit meinem Arm? Er fühlt sich so taub an." Ich sah hinab auf den schneeweißen Verband.
"Ihr Arm ist stark aufgeschürft. Ein paar Stellen mussten genäht werden. Das ist zur Schmerzlinderung. Sie haben ganz schön viel Glück gehabt!" Er lächelte aufmunternd, schrieb etwas auf sein Klemmbrett und verabschiedete sich schließlich wieder."Es tut mir Leid, Mira", flüsterte ich, als er weg war.
"Nein, es ist meine Schuld. Ich hätte dir das alles nicht an den Kopf werfen dürfen... Hier, das hab ich dir mitgebracht." Sie legte Julians T-Shirt wehmütig auf mein Krankenbett. Mit dem gesunden Arm griff ich danach und roch daran. Es roch nicht mehr nach ihm, aber wenn ich die Augen schloss, konnte ich mir den Geruch noch immer einbilden.
"Ich vermisse ihn so schrecklich!", flüsterte ich in den Stoff und drückte ihn dann an mein Herz.
"Versprich mir, dass du das wieder hinkriegst. Ich werde nicht zulassen, dass ich dich auch noch verliere!" Sie sah mir lange in die Augen, bis ich schließlich leicht nickte.
"Hast du genauso Hunger auf ein Eis wie ich?", fragte sie dann plötzlich total euphorisch. Ich musste sofort laut auflachen und hielt mir gleich darauf die Hand an den Kopf.
"Lachen tut weh", meinte ich mit einem schiefen Grinsen. Jetzt lachte Mira.
"Ich schmuggel uns welches her!" Und schon war sie verschwunden.Der Vormittag zog sich ewig hin. Es war schrecklich langweilig und das führte dazu, dass ich unglaublich viel nachdenken konnte. Mira versorgte mich zwar mit Zeitschriften und allem, aber liegend mit einer Hand brachten die nicht unbedingt viel.
Am Nachmittag wurden ein paar Untersuchungen gemacht und Mira fuhr nach Hause. Also war ich danach allein in meinem Zimmer. Es war zwar eigentlich ein Doppelzimmer, aber der Platz neben mir war leer.
Gegen fünf Uhr klingelte mein Handy. Mein Herz begann plötzlich zu rasen. Bene. Mit zitternder Hand nahm ich den Anruf an und hielt das Handy an mein Ohr.
Kurz Zeit herrschte Stille.
"Hanna?", fragte Bene leise. Mich überrollte eine kleine Welle von Glück und Vertrautheit, als ich seine Stimme hörte.
"Hey", flüsterte ich.
"Hanna! Oh Gott sei Dank! Ich dachte schon, dir wäre sonst was passiert! Wie geht es dir?" Bene flippte beinahe aus.
"Naja... ich bin im Krankenhaus", gestand ich und hörte ihn stocken. "Aber beruhig dich! Nicht so schlimm. Ich bin mit dem Fahrrad vor ein Auto gefahren, ich hatte Glück. Es geht mir gut."
"Geht es dir wirklich gut?", hakte er nach.
"Nein... Ich habe, glaube ich, einen riesigen Fehler gemacht", murmelte ich und eine Träne rollte über meine Wange.
"Das glaube ich auch", bestätigte er mir. Ich atmete einmal tief durch.
"Wie... wie geht es... wie geht es Julian?", stotterte ich und mein Herz setzte vor Angst beinahe aus.
Bene seufzte. "Nicht gut. Er wohnt seit du weg bist in meinem Gästezimmer. Er trainiert wie ein Verrückter, ist nur noch auf Fußball fixiert. Aber menschlich? Er hat sich zurückgezogen. Ich bin manchmal schon froh, wenn er mir morgens Hallo sagt... Die ersten Tage war er immer derjenige, der von meinem Handy aus angerufen hat. Er hat deine Nummer ja nicht und ich wusste nicht, ob ich sie ihm geben darf. Irgendwann hat er dann aufgegeben..." Sofort begann ich richtig zu weinen.
"Es ist meine Schuld!", schluchzte ich. Bene sagte nichts, das war Bestätigung genug.
"Aber ich bin froh, endlich von dir zu hören, Kleine! Wie läuft es denn abgesehen von deinem Unfall?" Er versuchte irgendwie fröhlich zu klingen.
"Schrecklich. Es ist so einsam hier. Ich bin alleine, das Studium ist der Horror. Wenn ich hier so liege, fange ich an zu zweifeln, ob ich das wirklich will. Und alles erinnert mich an Nicks Tod und..."
"Warte, was?", unterbrach Bene mich.
"An dem Tag, an den ich gegangen bin, habe ich erfahren, dass mein bester Freund von der Uni bei einem Unfall gestorben ist", erklärte ich etwas widerwillig.
"Das war der Auslöser?", fragte er tonlos.
"Wahrscheinlich..."
"Also bist du gar nicht wegen Jule gegangen?"
"Nein... vielleicht wäre ich nie gegangen."
"Warum hast du das denn nicht gesagt? Du hast dir und Julian so schrecklich weh getan! Du hättest doch mit mir reden können. Vielleicht wärt ihr dann jetzt immer noch glücklich und Julian hätte nicht einfach Hals über Kopf sein Haus verkauft!" Jetzt konnte Bene es nicht mehr verhindern, anklagend zu klingen. Aber er hatte so Recht!
"Ich habe den größten Fehler meines Lebens gemacht, Bene... Und ich hasse mich so schrecklich dafür! Ich habe Julian zerstört... Das werde ich mir nie verzeihen!"
"Vielleicht solltest du es ihm wenigstens erklären", schlug er vor. Scheinbar hatte er sich wieder beruhigt.
"Ich werd's versuchen!" Und ich würde alles daran setzen, dass es ihm wieder gut ging!Und wenn es das Letzte ist, was ich tue!
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wanted stranger (Julian Draxler FF)
FanficEin einziges Aufeinandertreffen verändert ihre ganze Welt. Er geht ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf, dabei kennt sie nicht einmal seinen Namen. Ist ihre Suche nach ihm erfolgreich? Und viel wichtiger: Was ist bei ihrem allerersten Zusammentreffen...