Kapitel 27 - Ankunft

1K 28 0
                                    

In Dortmund angekommen, schlug ich mich bis zum Bahnhof durch und fand dort schließlich den richtigen Zug.
In Gelsenkirchen hatte ich mich erst einmal für eine Woche in einer Jugendherberge eingemietet. Jetzt würden all meine Ersparnisse drauf gehen, aber es gab keine andere Möglichkeit.
Ich war eine Stunde unterwegs, bis ich die Herberge endlich gefunden hatte und auf mein Zimmer konnte. Es war nichts besonderes, aber ich war froh, endlich angekommen zu sein.

Mein Arm schmerzte durch die Anstrengung schrecklich, aber ich musste heute noch weiter. Für heute hatte ich noch ein Ganztages-Busticket und deshalb machte ich mich gleich auf den Weg zu Bene.

Ich kannte seine genaue Adresse nicht und deshalb lief ich lange durch die Straßen, bis mir endlich ein paar Häuser bekannt vorkamen.
Jeder Schritt, den ich auf der Einfahrt macht, machte mich nervöser. Mein Herz pochte so schrecklich laut in meiner Brust und ich betete inständig, dass Julian nicht da war. Dafür war ich noch nicht bereit.

Mit zittrigen Fingern drückte ich auf den Klingelknopf und lauschte den Geräuschen im Inneren des Hauses. Erst war da nur die Klingel selbst, aber schon bald hörte ich etwas poltern, dann erklangen Schritte und schließlich wurde die Tür geöffnet.
Ein völlig überraschter Benedikt starrte mich an, bis er schließlich seine Arme nach mir ausstreckte und ich direkt in seine Arme rannte. Eine Weile standen wir einfach nur da und umarmten einander. Ich verbarg mein Gesicht an seiner Schulter und klammerte mich an diese Geborgenheit, die ich bei Bene immer spürte.

Schließlich ließ er mich los und hielt mich auf Armlänge.
"Du bist wirklich gekommen", konnte er es kaum fassen.
"Ja... du hattest mit jedem Wort Recht. Ich bin die Schuldige und ich werde es erklären."
"Komm erstmal mit ins Wohnzimmer. Hast du Hunger?" Ich nickte leicht und Bene verschwand sofort in der Küche.
Ich setzte mich aufs Sofa und sah mich um. Hier sah alles noch genauso aus wie letztes Mal. Doch die Jacke dort über dem Sessel hatte ich an Bene noch nie gesehen. Ich stand wieder auf und lief zu ihr hinüber.
Der Stoff unter meinen Fingern fühlte sich weich an und als ich sie schließlich hoch nahm, strömte bereits dieser Duft in meine Nase. Julian. Diese Jacke war seine und sie roch so unglaublich gut nach ihm.

Ich drückte sie fest an mich und ließ sie auch nicht los, als Bene zurück kam.
"Wo ist er gerade?", fragte ich leise und sah dabei nur die Jacke in meinen Händen an.
"Er renoviert... Er hat sich das Haus doch wieder zurück geholt. Aber er will es komplett neu machen, damit es trotzdem irgendwie neu ist."
"Also hat er sich doch von ihr getrennt?", fragte ich zittrig und sah zu Bene rüber.
"Ja, dass hat er endlich gemacht. Gleich als sie wieder da war. Obwohl er dann jetzt ganz alleine ist..."
Da war er wieder. Mein Schmerz. Ich war Schuld daran!
"Komm, setzt dich und erzähl's mir", forderte Bene mich auf.
Ich setzte mich mitsamt der Jacke neben ihn und erzählte ihm alles. Jede Kleinigkeit. Zwischendurch brachte er mir eine Pizza, die ich dankbar verschlang.
Am Ende meiner Erzählung saßen wir beide da und dachten über das nach, was ich gesagt hatte.
"Willst du zu ihm?", fragte Bene schließlich.
"Ich glaube, es ist keine gute Idee, ihn so zu überfallen", meinte ich.
"Du hast Recht... willst du anrufen?" Er lächelte aufmunternd.
"Könntest du ihn dann vielleicht vorher fragen, ob er das überhaupt will? Ich weiß, du hast so viel für mich getan und ich gebe dir gar nichts dafür zurück und..."
"Ich ruf an!", unterbrach er mich und nahm sein Handy in die Hand.

"Jule, hi! Wie läuft's?", begrüßte er ihn. "Du, hör zu... Sie ist bei mir. Hanna sitzt grad neben mir." Stille. Eine ganze Weile sagte Bene nichts. "Sie will mit dir reden... Nein... Du solltest es versuchen. Gib ihr noch eine Chance... Ja, ist gut... Nein, ich geh nicht weg und ich kann auch gerne zuhören, wenn du... Hey, beruhig dich, Kleiner! Das wird sie nicht, sie ist nicht gekommen, um dir das nochmal anzutun... Julian, versuch es, bitte! ... Okay, ich geb sie dir." Ich schluckte schwer, als Bene das Handy an mich weiterreichte. Was sollte ich denn bitte sagen? Ich hätte schreien können, aber da musste ich jetzt durch.
"Julian?", flüsterte ich mit brüchiger Stimme. Meine Hände zitterten, mein Herz raste.
"Hanna..." Er klang total fertig.
"Es tut mir so Leid", schluchzte ich auf und konnte meine Tränen nicht mehr stoppen.
"Bitte nicht weinen...", sagt er leise. Ich wischte mir mit den Handrücken durchs Gesicht und versuchte, mich zusammenzureißen. Für ihn.
"Ich wünschte, ich könnte dir das alles erklären."
"Da gibt es wohl nichts zu erklären. Du warst das letzte Mal ziemlich deutlich!"
"Aber es war gelogen! Es war nicht die Wahrheit, Julian!", sagte ich verzweifelt.
"Und was ist die Wahrheit?"
"Ich habe dir schrecklich weh getan und das ist unverzeihlich. Aber ich habe auch mir das Herz gebrochen. Das mit dir war das Schönste, was ich je gefühlt habe..." Kurze Zeit sagte er nichts und ich hatte schon Angst, dass er aufgelegt hatte.
"Ich hab dich wirklich geliebt, Hanna", flüsterte er schließlich.
"Nichts von dem, was ich vor dem letzten Tag getan oder gesagt habe, war eine Lüge. Es war echt. Alles." Langsam verzweifelte ich.
"Aber du bist trotzdem gegangen..."
"Und das war ein unglaublich großer Fehler!" Julian sagte gar nichts darauf.
"Kann ich dich sehen? Können wir uns irgendwo treffen, damit ich dir alles erklären kann?", fragte ich flehend.
"Morgen um 9 Uhr bei Starbucks?", schlug er schließlich vor.
"Danke! Danke, Julian!" Mir fiel ein Stein vom Herzen.
"Bis morgen, Hanna."
"Julian", seufzte ich und begann schon wieder zu weinen. Keiner von uns legte auf.
"Gib her", sagte Bene schließlich und drückte für mich auf rot.

wanted stranger (Julian Draxler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt