Kapitel 30 - Zeit

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Und das nächste knappe halbe Jahr flog dahin.

Erst einmal war ich damit beschäftigt, in Gelsenkirchen anzukommen. Ich suchte mir einen Job bei Starbucks (ein anderer als der, bei dem ich mit Julian war). Dort wurde zum Glück dringend jemand gebraucht und ich bekam den Job.
Außerdem zog ich bei Bene ein. Quasi als WG. Ich hatte es zuerst nicht gewollt, weil ich Bene nicht noch mehr Probleme machen wollte, als ohnehin schon. Aber mir ging bald das Geld aus und so hatte ich kaum eine andere Wahl. Weil ich keinen Vollzeitjob hatte, verdiente ich nämlich nicht besonders viel. Aber dennoch bestand ich darauf, jeden Monat eine kleine Mietsumme an Bene zu zahlen.

Er half mir außerdem mit dem ganzen Papierkram in den Behörden. Ich musst mich ummelden und und und. Er war mir wirkliche eine große Hilfe bei all dem!

Wann immer es möglich war, begleitete ich ihn zum Training, denn die Jungs und ihre Freundinnen waren inzwischen echt gute Freunde für mich geworden.
Nur zwischen Julian und mir war noch vieles unausgesprochen. Ich wollte noch immer zu ihm durchdringen, aber ich hatte Angst davor. Und deshalb waren wir sowas wie Gelegenheitsfreunde. Wir redeten mal miteinander, aber mehr auch nicht. Er traf sich - so viel ich mitbekam - aber auch nicht mit anderen Mädchen, was in mir immer noch die Hoffnung weckte, dass es eines Tages wieder besser werden würde.

Ein großer Schritt in die Richtung war sein Geburtstag im September:

Wie so oft parkte Benes Auto vor der Veltins-Arena. Aber heute waren wir früher dran, damit wir vorm Training noch ein bisschen Julians Geburtstag feiern konnten.
"Komm beeil dich, die anderen sind schon alle da!", drängt Bene mich lachend und zusammen joggten wir zur Kabine.
Kurz davor holte Bene seine aufblasbare Plastiktorte aus einem Stoffbeutel. Zudem hatte er noch drei Heliumluftballons in der Hand. Ich hatte einen echten Kuchen gebacken.

Und dann stürmten wir die Kabine. Alle saßen da und taten so, als wäre es ein ganz normaler Tag. Aber kaum waren wir da, sagen alle zusammen "Happy Birthday" für Julian, der sich unheimlich freute. Kaum war das Lied zu Ende gratulierten und umarmten ihn alle und Julian genoss es.
"Ich hab echt gedacht, ihr habt's vergessen", meinte er lachend, bevor er Bene um den Hals fiel.
"Ach, so ein Quatsch!", lachte Bene. Und dann ließ er ihn wieder los und ich quetschte mich dazwischen.
"Ich hab für dich einen Kuchen gebacken. Alles Gute", sagte ich und hielt ihm den Kuchen entgegen. Es war ein Marmorkuchen mit Schokoglasur und darauf hatte ich mühsam mit Streuseln die Worte "unsere Nummer 10" geschrieben. Julian strahlte den Kuchen an und nahm ihn mir ab.
"Der ist klasse! Hier halt mal!", er drückte ihn Bene in die Hand und zog mich dann in seine Arme. Sofort schlang ich meine Arme um seinen Körper und hielt ihn ganz fest. Für kurze Zeit blieb die Zeit stehen und es war, als lebte ich endlich wieder.
"Danke, Hanna!", flüsterte er in meine Haare und wir blieben eine Weile so stehen.
Ich hätte platzen können vor Glück! Ich lehnte mich an ihn und genoss diese Umarmung so sehr. Es war die erste seit Ewigkeiten.

Als die Tür aufging, ließen wir uns fast schon widerwillig los und der Trainer kam rein.
Er gratulierte Julian und bat dann die Spieler, aufs Feld zu kommen.
"Können wir nicht vorher noch Kuchen essen? Bitte!", schmollte Julian ihn an. "Du kriegst was ab!" Damit gab er sich geschlagen.
"Erst noch ein Foto mit dem Kuchen", grinste Bene und gab ihn an das Geburtstagskind weiter. Also grinste Julian in die Kamera und streckte dann seinen Arm nach mir aus. Er nahm mich seitlich in einen Arm und wir strahlten beide um die Wette.

Dann durfte Julian ihn anschneiden und alle Fußballer sündigen. Sie fielen so schnell über ihn her, dass ich nur mit Mühe und Not noch ein Stück abbekam. Das aber auch nur, weil Max für mich eins klaute.
"Der ist der Hammer!", schmatzte Leon zufrieden und Max stimmte sofort zu. Mein Blick traf auf Julians und in dem Moment war zwischen uns alles gut!

Ab da waren wir richtige Freunde. Wir redeten mehr und ungezwungener, er lud mich mit zu seinen Zockerabenden ein und auch sonst war ich bei vielem eingeladen.

Manchmal tat es weh, weil wir halt "nur" Freunde waren und ich noch immer starke Gefühle für ihn hatte, aber ich war froh darüber, dass wir die Krise überwunden hatten.

wanted stranger (Julian Draxler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt