Venedig

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Rosies Sicht

Es war bereits wieder dunkel geworden, als ich das nächste Mal aufwachte. Ich gähnte einmal und drehte mich auf die andere Seite. Zu meiner Überraschung sah ich Loki auf der Bettkante sitzen, das Gesicht in den Händen vergraben. Besorgt setzte ich mich auf und legte meine Hand auf seine muskulösen Schultern. Erschrocken zuckte er zusammen und drehte den Kopf halb zur Seite. ,,Was ist los?" flüsterte ich verschlafen und pustete mir eine zerzauste Haarsträhne aus dem Gesicht. ,,Schlaf weiter." zischte er knapp und ich erschrak über die Härte in seiner Stimme. Reflexartig nahm ich meine Hand weg und legte mich zögernd wieder auf mein Kissen.  Ich zog die Decke etwas enger um meine Schultern und betrachtete noch eine Weile grübelnd Lokis Silhouette, um dann schließlich in einen unruhigen Schlaf zu fallen. Ich war völlig am Ende.

Lokis Sicht

Das nächste Mal als ich meine Augen aufschlug, schien die Sonne durch den dünnen Spalt zwischen den Vorhängen und die warmen Strahlen ließen Rosies Haar in einem hellen Braun glänzen. Ich konnte nicht widerstehen ihr einmal über den Kopf zu streicheln. Sie seufzte nur leise, wachte aber nicht auf. Nachdenklich betrachtete ich ihr hübsches Gesicht und strich ihr ein paar verirrte Strähnen aus dem Gesicht, während meine Gedanken immer weiter abschweiften. Dieser Traum heute Nacht machte mir mehr zu schaffen, als ich es mir eingestehen wollte...

Es war um Asgard gegangen. Und um meine Familie. Ich hatte schon gedacht ich hätte es geschafft, das alles hinter mir zu lassen und zu vergessen aber die Vergangenheit holt einen immer irgendwann ein. Das war mir klar. Jedoch kam es mir jetzt, hier neben Rosie so weit weg und unwirklich vor.  Eben wie ein böser Traum. Ich wünschte es wäre nur das. Nur ein Traum aus dem man aufwacht und den man am Morgen wieder vergessen hat. Aber das war es nun mal nicht. Was mich wirklich zum grübeln brachte, war allerdings der Teil, in dem es um Rosie gegangen war...

Entschlossen atmete ich einmal tief durch, schüttelte meinen Kopf um diesen Gedanken loszuwerden und konzentrierte mich auf das Hier und Jetzt. Ich machte mir bewusst, was ich jetzt hatte. Ich hatte Rosie. Dank ihr  fand ich zum ersten Mal in meinem Leben, dass meine Zukunft lebenswert erschien. Sie war kein dunkler Tunnel mehr mit einem verschwommenen Ausgang in unendlich weiter Ferne. Jetzt sah ich stattdessen ein warmes,  helles Licht, immer wenn ich in Rosies Augen schaute. Wie so oft musste ich über meine Gedanken schmunzeln. Früher hätte ich sofort einen doofen Spruch auf der Zunge gehabt, wenn jemand so schnulziges Zeug von sich gegeben hätte, aber jetzt konnte ich es verstehen. Oh ja und wie ich das konnte. Verträumt wanderten meine Augen von ihre langen, dunklen Wimpern über ihre kleine Stupsnase und blieben schließlich an ihren geschwungenen Lippen hängen. Sie erinnerten mich ein wenig an die Form eines Herzens. Verdammt! Ich konnte dieses Rumgesülze einfach nicht lassen, oder?! Gott sei Dank konnte niemand meine Gedanken hören...Um dem Ganzen ein Ende zu bereiten schloss ich einfach die Augen und hauchte einen Kuss auf die weichen Lippen, die mir so viel Kopfzerbrechen bereiteten.

Halb im Schlaf erwiderte sie ihn schließlich und zog mich etwas weiter zu sich herunter. ,,Guten Morgen." murmelte sie in den Kuss hinein und lies von mir ab. ,,Morgen." grinste ich. ,, Gut geschlafen?" fragte sie und musterte mich besorgt. ,,Bestens, und du?" antwortete ich nur kurz und lenkte mit einer Gegenfrage ab. ,,Naja, geht so, hatte dann doch etwas viel zu verarbeiten." Sie lächelte etwas gequält. ,,Und wie geht's deinem Kopf?" wollte sie wissen und strich meine Haare aus der Stirn um sich meine Wunde anzuschauen. Sie stutze und runzelte die Stirn. ,,Das ist so gut wie verheilt!" murmelte sie und schüttelte den Kopf. ,,Das kann nicht sein. Wie lange haben wir geschlafen?!" überlegte sie und ich musste lachen. ,,Nur einen Tag und eine Nacht. Ich hab's dir doch gesagt: So schnell sterbe ich nicht!" entgegnete ich mit einem breiten Grinsen, wofür ich ein Kissen ins Gesicht bekam. Ich nahm es diesmal einfach hin und sie bekam Keines zurück. ,,Wow, wann bist du erwachsen geworden?" fragte Rosie frech und funkelte mich herausfordernd an. Ich zuckte nur mit den Schultern, reagierte nicht auf ihre Sticheleien aber ich konnte ein kleines Lächeln nicht unterdrücken. ,,Schön, schön, verstehe. Der große Loki gibt sich nicht mit kleinen nervigen Mädchen ab. Na das wollen wir doch mal sehen." bemerkte sie mit einem bösen Grinsen und stand auf dem Bett auf. Doch bevor sie irgendetwas machen konnte, zog ich ihr die Füße weg, setzte mich blitzschnell auf ihre Beine, sodass sie sich nicht mehr bewegen konnte und kitzelte sie ordentlich durch. ,,Das hast du davon." murmelte ich zufrieden, während sie vor Lachen kaum mehr Luft bekam. ,,Bitte! Bitte hör auf! Ich kann nicht mehr!" keuchte sie aber davon lies ich mich nicht beeindrucken. Erst nach einer weiteren Minute lies ich sie frei und stand wortlos aus dem Bett auf. Erschöpft und immer noch lachend blieb Rosie auf dem Bett liegen und hielt sich den Bauch. ,,Ich hasse dich." stöhnte sie und versuchte einen beleidigten Gesichtsausdruck aufzusetzen, was ihr so gar nicht gelang. Das brachte mich wiederum zum Lachen, grinsend erwiderte ich: ,,Selbst Schuld, du hast angefangen." und verschwand im Badezimmer. Ich beschloss, mich erstmal unter die Dusche zu stellen und mir das inzwischen getrocknete Blut endlich aus den Haaren zu waschen. Diese Duschen waren wirklich klasse. Das musste man den Menschen lassen. Falls ich je wieder nach Asgard kommen sollte, würde ich das dort auch einführen.

BEHIND BLUE EYES (loki ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt