Lachen ist die beste Medizin

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Lokis Sicht
Benommen veruchte ich aufzustehen.
Das Echo war verschwunden und jetzt im Sonnenlicht erschien mir alles wie ein unwirklicher Traum.
Auch wenn ich das nur allzu gerne glauben würde, wusste ich doch, dass es die Realität war. Das war wirklich passiert. Es war kein Traum.
Schließlich hatte ich mich aufgerappelt und stützte mich an der Hauswand ab, an der ich eben noch gekauert hatte. Ok ich musste mich erstmal wieder beruhigen. Tief atmete ich ein und aus, bis sich mein Puls wieder normalisiert hatte. Perblex wischte ich mir über die Augen und blinzelte einige Male, als ich realisierte, dass ich wohl geweint hatte.
Ich biss meine Zähne zusammen und setzte mich wieder an den Tisch. Mit zittrigen Händen machte ich die Bewegung, die meine Illusion aufhob. Sie konnte mich wieder sehen.
Ich legte mein selbstsicheres, gleichgültiges Gesicht auf und zwang meinen Mund dazu, ein kleines Lächeln zu formen. Sie schien nichts zu bemerken.
Immerhin hatte ich ein Leben Lang Zeit und Grund gehabt, dieses Talent zu perfektionieren.
Die eine Hand, die ich nicht zum Essen brauchte, ballte ich jedoch unter dem Tisch zu einer Faust und drückte so fest zu, wie ich konnte. Das half irgendwie.
Der Rest des Frühstücks verlief relativ ruhig, wofür ich wirklich dankbar war.

Rosies Sicht
,,ist dir denn gar nicht kalt?"
fragte ich. Ich wunderte mich wie er bei diesen Temperaturen im T-shirt rumlaufen konnte...
Ich selbst trug über meiner Bluse einen Strickpulli, den alten Bundeswehrparka meines Vaters (der mir eigentlich viel zu groß war) und hatte mich zusätzlich in eine Decke eingewickelt... und das obwohl ich nicht so der Typ war, der immer gleich fror. Eher das Gegenteil: eigentlich war mir immer zu warm.

Erwartungsvoll schaute ich ihn an.
Sein Gesicht veränderte sich und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich Trauer, Schmerz und Wut in seinen Augen zu sehen.
Als er antwortete waren seine Augen wieder normal. Vielleicht hatte ich mich getäuscht.
Nach dieser Frage blieb er still und aß ruhig sein Frühstück. Ich tat es ihm gleich, irgentetwas sagte mir, dass es im Moment so besser war. Doch als ich ihn das nächste Mal anschaute, war irgendetwas anders, aber was das war konnte ich nicht sagen.
Er lächelte und sah genauso normal aus (wenn normal für diesen Mann die richtige Beschreibung war) wie vor 2 Minuten aber in meinem Unterbewusstsein leuteten sämtliche Alarmglocken. Ich entschied mich dafür, einfach weiter zu schweigen und so zu tun, als hätte ich nichts bemerkt.

Nach dem Frühstück half mir Loki noch in der Küche, als plötzlich das Telefon klingelte. Schnell eilte ich in den Flur um den Hörer abzunehmen. Ich hatte noch so ein altes Ding mit Kabel und Drehscheibe. Naja ich stand eben auf alte Sachen...

,,Hallo, Rosana Weiß, wer ist da?" Meldete ich mich mit meinem üblichen Spruch.
Auf der anderen Seite hörte ich die Stimme meiner besten Freundin. Naja das kommt wahrscheinlich darauf an, wie man beste Freundin definiert. Für mich war sie diejenige, die mir am wenigsten dumm vorkam. Das klingt jetzt vielleicht eingebildet, was ich wirklich überhaupt nicht war, aber wie gesagt war ich nicht so der Mensch, der mit vielen Freunden angeben musste. Ich kam mit mir selbst am Besten klar. Ich hatte überhaupt nichts gegen Menschen mit niedrigem IQ, die sich anstrengten. Ihnen half ich gern und nahm sie ernst, auch wenn sie noch so dumme Fragen stellten. Nur gegen solche die wirklich dumm waren und dachten sie wären Sokrates oder Albert Einstein. Solche, die ständig meinten etwas Besseres zu sein, dumme Kommentare abgaben und nichts besseres zu tun hatten, als über ,,Unterlegene" zu lästern. Bei sowas machte ich für gewöhnlich nicht mit. Für mich war das ein Zeichen von mangelndem Selbstwertgefühl. Man hatte einfach Angst davor, dass die anderen besser sein könnten als man selber und versuchte so, sie klein zu halten.
Lächerlich.
Das Erschreckende daran war, dass die meisten Menschen so dachten.
Deswegen und auch wegen vielen anderen Gründen, die ich hier niemals alle aufzählen könnte, kam ich nicht wirklich gut mit Menschen klar.
Erst jetzt bemerkte ich, dass ich mit meinen Gedanken ziemlich abgeschweift war.
Ich unterbrach Danny mitten in ihrem Redeschwall und bat sie, alles nochmal zu wiederholen.
Sie kannte das schon und säufzend fing sie nochmal von vorne an. Diesmal hörte ich zu.
,,Also ich rufe an, weil ein paar Mädels und ich nacher zum Bach wollten, zum Picknicken. Also natürlich erst gegen Mittag, wenns wieder schön warm ist. Ich wollt mal fragen, ob du da mitwillst."
Ich musste kurz überlegen.
Ich ging nicht so gern zu Mädelstreffen. Zu viel Rumgezicke...
Andererseits wollte ich heute unbedingt was unternehmen.
,,Kann ich jemanden mitbringen?"
fragte ich also.
,,Kommt Nick mit?"
fragte Danny nicht wirklich begeistert.
Oh man ich hatte ihr noch gar nichts davon erzählt...
,,Nein ähm wir haben uns getrennt." antwortete ich kaum hörbar.
Stille am anderen Ende der Leitung.
,,Und du hast schon wieder jemand neues?" fragte sie nach einer Weile entgeistert.
Genervt seufzte ich und versuchte mich zu erklären:,,Nein so ist das nicht. Er ist nur ein Freund." flüsterte ich, damit Loki es nicht hören konnte.
,,Warum flüsterst du? Ist er bei dir?"
-,,Ja, er wohnt bei mir, aber-"
Weiter kam ich nicht.
,,Der Typ wohnt bei dir und ihr seid nur Freunde?! Is klar Rosie!"
-,,Nein wirklich, ich ähm es ist kompliziert... ich erklärs dir wann anders ja? Und bitte behalte das erstmal für dich." Ich hatte nicht sehr viel Lust darauf, dass Loki und ich heute das Gesprächsthema Nummer 1 werden würden. ,,Kann ich ihn jetzt mitbringen oder nicht?" stöhnte ich genervt.
,,Ja klar. Wenn du schon nen neuen Freund hast, will ich ihn auch sehen!" neckte mich Danny.
,,Er ist nicht mein-"
-,,also wir treffen uns ungefähr um 3. Freu mich drauf. Tschüss." hörte ich noch, dann knackte es in der Leitung. Sie hatte aufgelegt. Seufzend legte ich den Hörer auf und ging wieder in die Küche. Zu meinem Erstaunen war schon alles fertig aufgeräumt. Ich warf Loki einen dankenden Blick zu, dann erzählte ich ihm von meinen Plänen für heute Nachmittag. Ich konnte ihm ansehen, dass er wohl genauso wenig Lust auf ein Gruppentreffen hatte wie ich, trotzdem sagte er zu, dann verschwand er nach oben. Erleichtert atmete ich aus. Wenn Loki dabei war, würde es sich für mich dort wesentlich besser aushalten lassen...(*zwinker zwinker*)

Ich wollte zum Picknicken natürlich auch irgendwas mitbringen und entschied mich dafür, etwas zu backen. Ich liebte Süßigkeiten und Kuchen, was man meinen Oberschenkeln leider ein bisschen ansah. Naja ich bezeichnete es als "weibliche Rundungen" und es störte mich nicht weiter. Das war immer noch besser als Drahtbeine, bei denen man Angst haben musste, sie würden jeden Augenblick brechen.
Nachdem ich eine Weile in meinem Rezeptbuch geblättert hatte, entschied ich mich für Schoko-Kirsch Cupcakes, die meine absolute Leibspeise waren.

Ich war gerade dabei Milch mit ein paar Eiern zusammen zu rühren, da kam Loki in die Küche gestürmt und ich erschreckte mich so sehr, dass ich beinahe die Schüssel umgeschmissen hätte.
,,Ist was passiert? Was ist das für ein Lärm?!"fragte er besorgt.

Verwirrt und verständnisslos schaute er mich an, als ich laut loslachte.
,,Nichts ist passiert. Alles in Ordnung, ich backe nur." beruhigte ich ihn. Er nickte mit gerunzelter Stirn und wollte sich wieder umdrehen.
,,Halt, wenn du schonmal hier bist kannst du mir auch gleich helfen...
...wenn du willst." fügte ich etwas leiser hinzu.
Zögernd kam er zu mir und stellte sich neben mich an die Arbeitsfläche.
Erwartungsvoll schaute er mich an. ,,Was soll ich machen?"
-,,Du kannst schonmal 150g Zucker abmessen. Das steht hier auf dem Messbecher."
Währenddessen bereitete ich die Förmchen vor und holte ein Glas Kirschen aus dem Kühlschrank.
Ich versuchte vergeblich das verdammte Ding aufzubekommen.
,,Man die sind immer so fest zu... ich bekomms grade nicht auf...
Kannst du mal versuchen?" fragte ich bittend.
Wortlos nahm er mir das Glas aus der Hand und mit einer kurzen Handbewegung war es offen.
,,Bisschen schwach heute morgen?" stichelte er mit hochgezogenen Augenbrauen und seinem typischen Grinsen, und überreichte mir triumphierend das Glas.
Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Ehe er sich's versah, hatte er eine Hand voll Mehl im Gesicht. Sprachlos und überrumpelt wischte er sich das Mehl aus dem Gesicht während ich vor Lachen auf dem Boden lag. ,,Du willst dich mit einem Halbgott anlegen?", fragte er herrausvordernd. ,,Also gut." Sein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen und er schnappte sich den kompletten Mehlbehälter und verteilte ihn schön gleichmäßig auf mir, was nicht so schwer war, weil ich immer noch am Boden lag. Das schien ihm wirlich Spaß zu machen, denn es folgte gleich noch der Zucker. Ich schüttelte mir das Mehl aus den Haaren (zumindest versuchte ich das) und rappelte mich auf. Ich leerte ihm kurzerhand das Glas Kirschen über den Kopf, wozu ich erst auf die Arbeitsfläche klettern musste, während er noch damit beschäftigt war, das Mehl aus seinen Augen zu bekommen.
,,Hey!!" rief er gespielt wütend. ,,Das gibt Rache!" Er schnappte mich einfach mit einem Arm von der Arbeitsfläche runter, was mich zum quitschen brachte. ,,Gnade, Gnade!!" bettelte ich zwischen zwei Lachkrämpfen. Doch er dachte nicht daran. Er legte mich wieder auf den Boden und hielt mich mit einem Fuß dort fest, während er sich die Teigschüssel angelte.
Oh nein. Mir kam ein schrecklicher Verdacht, der sich mir im nächsten Augenblick bestätigte, als ich die klebrige Masse in meinen Haaren und auf meinem Gesicht spürte.

Zufrieden lies er von mir ab und betrachtete sein Werk. ,,Sieht gut aus! Du solltest nacher so zum Picknick gehen." scherzte er mit gespielt ernstem Gesicht.
Ich musste lachen und ein positiver Nebeneffekt war dabei, dass auf diese Weise etwas Teig in meinen Mund gelangte. ,,Mhm, das wären super leckere Muffins geworden." grinste ich und leckte mir über die Lippen.

BEHIND BLUE EYES (loki ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt