Rosies Sicht
Schon mindestens 3 Tage musste ich hier festsitzen. Zumindest schätzte ich es so, denn ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren hier unten, wo es immer finster war und ich gerade so die Hand vor Augen erkennen konnte. Ich freute mich schon regelrecht darauf, wenn Nick mir etwas zu Essen und ein bisschen Wasser brachte. Nicht weil ich mich freute ihn zu sehen- nein weiß Gott nicht! -sondern weil es bei diesen seltenen Besuchen war, dass meine Augen endlich etwas Licht zu sehen bekamen. Er sprach nicht mehr viel mit mir. Nur das Nötigste. Meine Fesseln löste er mir nur, wenn ich auf die Toilette musste und lies mich auf dem Weg dorthin keine Sekunde aus den Augen. Die Haut an meinen Knöcheln und an den Handgelenken war aufgeschürft und es hatte sich ein bläulicher Abdruck gebildet, überall da wo die Seile mir ins Fleisch schnitten. Von Stunde zu Stunde wurde es schmerzhafter und das ziehen und reißen hatte ich inzwischen aufgegeben. Es brachte ja doch nichts. Und selbst wenn ich mich von den Fesseln befreien könnte, ich wäre dennoch hier unten in diesem feuchten Keller voller Moder und stickiger Luft eingesperrt gewesen.
Die einzige Freude und Ablenkung waren die kleinen Mäuse, deren Schatten ich manchmal vorbeihuschen sah. Sie teilten mein Schicksal hier unten, auch wenn es sie nicht sonderlich zu stören schien...
Ich zerbrach mir immer noch den Kopf. Ich hatte so viele Fragen und auf keine Einzige kannte ich die Antwort. Wieso machte sich Nick so eine Mühe mich zu entführen und was zum Teufel war mit ihm geschehen, dass er so aussah? Wieso hatte er das überhaupt getan? Und was hatte er gemeint mit seinem "bis es soweit ist"? Und, und, und...
Doch was die meiste Zeit in meinem Kopf herumspukte war die Sehnsucht nach Loki. Ich wollte seine Stimme wieder hören, die mir sagt, dass alles gut wird, wenn ich selbst nicht mehr daran glaube. Ich fragte mich ob er mich gerade suchte oder was er tun könnte um mir zu helfen. Nicht viel. Er wusste nicht wo ich war. Wie auch? Ich wusste es ja nichteinmal selber. Verzweifelt seufzte ich und versuchte meine schmerzenden Beine in eine halbwegs bequeme Position zu bringen.Lokis Sicht
Vier Tage waren vergangen, seit Rosie verschwunden war und ich war am Verzweifeln. Ich wusste nicht mehr wo ich suchen sollte oder wen ich noch fragen könnte. Ich war kurz davor die Hoffnung aufzugeben, da bemerkte ich einen kleinen Jungen, der im Schatten eines heruntergekommenen Hauses saß und missmutig auf die gegenüberliegende Straßenseite starrte. Seine Kleider waren löchrig und er war barfuß. Es war mir inzwischen egal, ob es Sinn machte, ich fragte einfach jeden, der mir begegnete. Also lief ich auf den Jungen zu und setzte mich kurzerhand neben ihn. Kinder waren mir sowieso lieber als Erwachsene. Der Kleine schaute nichteinmal auf, als ich neben ihm auf der gepflasterten Straße platznahm. Also fing ich einfach an zu reden. Es war mir auch egal ob er verstand, was ich sagte. Ich wollte nichts unversucht lassen. ,,Ich suche jemanden und vielleicht kannst du mir helfen. Vor ein paar Tagen ist meine Freundin verschwunden. Braune Haare, blaue Augen, ungefähr so groß..." ich zeigte mit meiner Hand wie groß sie war und erreichte die Stelle mit meiner Hand sogar im Sitzen. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht aber es wich sogleich wieder der alten ausdruckslosen Miene, die seit den letzten Tagen auf meinem Gesicht lag. Jetzt drehte der Junge seinen Kopf zu mir und schaute mich zweifelnd an. In gebrochenem Deutsch fing er stockend an zu sprechen:,,Wer bist du?" fragte er und ich war überrascht, dass er mich verstanden hatte. Ein winziger Funke Hoffnung entzündet sich und ich richtete mich gespannt auf. ,,Hast du sie gesehen?" fragte ich mit löcherndem Blick, ohne seine letzte Frage zu beantworten. Er schien kurz zu überlegen und musterte mich eindringlich mit seinen grauen Augen, bevor er etwas erwiederte: ,,Sind die Haare so?" fragte er und legte seine Hand an die Schulter. Aufgeregt nickte ich. ,,Und ist sie schön?" wollte er mit ernster Miene wissen. ,,Ja" flüsterte ich und schloss die Augen, um ihr Gesicht deutlich vor meinem inneren Auge zu sehen. ,,Oh ja, sie ist sehr schön" wiederholte ich nochmal als ich die Augen wieder öffnete und lächelte ein wenig, doch meine Augen blieben leer. Als ich tief durchgeatmet hatte kam ich mir albern vor und räusperte mich verlegen. ,,Also was ist nun?" fragte ich mit fester Stimme und er musste merken, dass ich es ernst meinte, denn er zuckte etwas zusammen und zog den Kopf ein. Zaghaft antwortete er mir endlich:,,Ja. Vor 4 Tagen." Ich konnte es kaum glauben und sprang auf. Endlich kam ich weiter! ,,Und wo?" drängte ich den kleinen Jungen zum Sprechen. ,,Kannst du mich hinbringen?" Er nickte nur, stand auf und marschierte zielstrebig auf die nächste abzweigende Gasse zu. Ich folgte ihm und konnte mich nur mit Mühe beruhigen. Es war ein ziemlich langer Weg, den wir im Eiltempo zurücklegten und ich wurde fast verrückt. Gasse für Gasse, Platz für Platz durch- und überquerten wir und das Gewirr aus Mauern schien einfach kein Ende zu nehmen. Schließlich blieb der Kleine vor einem grauen Haus stehen und ich wäre fast in ihn hineingelaufen. ,,Da." sagte er entschlossen und deutete mit seinem kurzen Arm auf das alte Gemäuer. Angespannt sog ich die Luft ein und verdunkelte meine Miene. Wenn dieser Junge die Wahrheit sagte, hatte ich sie vielleicht endlich gefunden. Doch selbst wenn er falsch lag, es war mir egal. Ich musste etwas tun und das hier war meine einzige Spur. Ich musste ihr folgen. Doch bevor ich mich in die Höhle des Löwen bagab, versuchte ich, noch etwas aus dem Kleinen herauszubekommen. ,,Erzähl mir was du gesehen hast. Alles!" forderte ich ihn auf und er nickte. ,,Da war auch ein... ein Mann. Er hatte lange Haare und einen Bart. Er hat das Mädchen getragen. Sie hat geschlafen. Sie sind dort rein." erzählte er stockend. ,,Wer könnte das sein?" Überlegte ich laut und fuhr mir durch die Haare. Dann wendete ich mich noch einmal dem Jungen zu, drückte ihm einen Schein in die Hand, und bedankte mich. ,,Kauf dir was zu essen davon." Mit leuchtenden Augen lächelte er mich an und rannte davon. Mit einem Lächeln auf den Lippen sah ich ihm nach, bis er um die nächste Ecke bog, dann kehrte ich ihm den Rücken und konzentrierte mich auf das Haus. Es machte in der Tat keinen einladenden Eindruck. Von der dreckigen Fassade blätterte der Putz ab und der Türrahmen war von Mäusen zerfressen und schon lange nicht mehr gestrichen worden. Ich hielt vor Anspannung die Luft an, dann legte ich meine Hand auf den rostigen Türknauf und drehte ihn vorsichtig nach rechts. Es machte Klick und zu meiner Überraschung schwang die Türe mit einem hässlichen Quitschen nach innen. Verdutzt blieb ich stehen und startte in die dunkle Öffnung. Dann setzte ich einen Fuß über die Schwelle.Rosies Sicht
Unsanft wurde ich aus meinem unruhigen Schlaf gerissen. Ich vernahm Schritte an der Tür und hörte leise Stimmen. Irgendwer war bei Nick... Das sollte vermutlich für mich nichts Gutes bedeuten... Doch ich war zu müde um mich noch großartig zu wehren. Mit halbgeöffneten Augen wartete ich darauf, dass sich die Tür öffnete. Ich zitterte. Vor Kälte oder Angst- ich konnte es nicht sagen. Ich hörte das altbekannte Kratzen des Schlüssels im Schloss und dann öffnete sich quitschend die Tür. Ich schloss schnell die Augen. Ich wusste nichtmal wieso. Vermutlich sagte mein Unterbewusstsein mir, dass man mich eher in Ruhe lassen würde wenn ich schlief, aber mein Verstand machte mir klar, dass das in meiner Lage lächerlich war. Doch es kostete mich sowieso große Kraft die Augen zu öffnen, also stellte ich mich einfach weiterhin schlafend und zwang meinen Atem trotz der Anspannung gleichmäßig zu gehen. Die Stimmen wurden lauter und die Schritte kamen näher. Das Licht blendete mich selbst durch geschlossene Augen und ich musste gegen den Reflex ankämpfen, die Augen zusammenzukneifen. Die Stimmen, die sich übrigens in einer mir unbekannten Sprache unterhalten hatten, verstummten. Sie musdten jetzt direkt vor mir stehen. Es war eine Folter, nichts sehen zu können, doch ich wagte es nicht meine Augen zu öffnen, geschweige denn mich zu bewegen. Ich wartete auf irgendetwas. Eine Ohrfeige, einen lauten Befehl, irgendwas. Mein Herz schlug mit doppelter Geschwindigkeit und wegen des Adrenalins in meinem Blut spürte ich nichteinmal mehr die Schmerzen an meinen Handgelenken. Ohne Vorwarnung packte mich eine starke Hand an der Schulter und rüttelte mich unsanft. ,,Aufwachen!" zischte eine Stimme mit seltsamem Akzent. Es war nicht Nicks Stimme. Ich hatte schreckliche Angst, vor dem was ich jetzt sehen würde und demnach langsam öffnete ich auch meine Augen. Vor mir standen zwei riesige Männer und schauten abschätzend auf mich herab. Der eine hatte eine Glatze und einen schwarzen Bart, der andere hatte seine langen Haare in einem Knoten am Hinterkopf befestigt. ,,Seid ihr euch sicher, dass dies das Mädchen ist, das unser meister haben will?" wandte sich der Eine zweifelnd an Nick, der mit gesenktem Blick in der Tür stehen geblieben war. Jetzt nickte er nur stumm, ohne seine Augen vom Boden abzuwenden. Was war denn auf einmal mit dem los?! Wahrscheinlich hatte er selber Respekt vor diesen Schränken... Ich lies meinen Blick vom einen zum anderen schweifen und fragte mich, welchem japanischen Geheimorden die beiden wohl angehörten, dass sie von ihrem Meister sprachen... Obwohl, sie hatten keine asiatischen Züge und so weit ich es beurteilen konnte auch keine Samureischwerter auf dem Rücken. -Wenigstens mein Sarkasmus funktionierte also noch. Super. Die beiden musterten mich noch einmal, dann zog mich der Rechte, der auch gesprochen hatte, grob an meinem Arm hoch, sodass ich wackelig vor ihnen stand. Verdammt kam ich mir winzig vor. Ich ging dem Mann nicht einmal bis zur Brust. Der Zweite pfiff und winkte Nick herbei. Dieser kam zu meinem Verwundern wie ein Hund angetrottet, kniete sich hin und machte mir meine Fußfesseln ab. ,,Oh vielen Dank! Wie aufmerksam von dir." sagte ich übertrieben freundlich und mit dem künstlichsten Lächeln, dass ich aufbringen konnte. Nick schaute mich nur mit leerem Blick an und zog sich dann wieder in die Türe zurück. Verachtend pustete ich die Luft aus und rieb mir meine Knöchel. Der Glatzkopf flüsterte dem Andern etwas ins Ohr und deutete dabei auf mich. Ich verdrehte die Augen. ,,Also wenn ich euch nicht gut genug bin, dann entschuldigt mich, ich brauche meinen Schönheitsschlaf." zischte ich und machte Anstalten, mich wieder hinzulegen. Natürlich war mir klar, dass ich diesen zwei Muskelpaketen lieber die Füße küssen und um Gnade flehen sollte, anstatt dumme Sprüche auszuspucken, aber das fiel mir nicht ein. Viel schlimmer konnte es sowieso nicht mehr werden. Ohne ein einziges Wort packte mich der Rapunzel-Typ und warf mich über seine Schulter. Ich stöhnte, doch machte keine Anstalten mich zu wehren. Ich hätte nicht den Hauch einer Chance gehabt. Meine Haare fielen mir ins Gesicht und ich konnte nur den Rücken dieses Riesen sehen. Das Blut schoss mir in den Kopf und es wurde mir augenblicklich schwindelig. Stöhnend kniff ich die Augen zusammen. Plötzlich hörte ich ein lautes, unschönes Krachen. Ich hob mit großer Anstrengung meinen Kopf und blinzelte, um das verschwommene Bild etwas schärfer zu bekommen. Es gelang mir nicht, aber ich erriet, dass die schwere Tür aus ihren Angeln gerrisen worden war und nun in großen Holzsplittern verteilt auf dem Steinboden lag. Schemenartig konnte ich gegen das Licht, das durch die Öffnung, wo vorhin noch die Tür gewesen war, schien, eine Silhouette erkennen, doch im nächsten Moment wurde ich einfach auf den Boden geworfen und landete unglücklich mit dem Hinterkopf auf dem harten Stein. Meine Sicht wurde schwarz und ich verlor augenblicklich das Bewusstsein.
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BEHIND BLUE EYES (loki ff)
FanfictionRosie führt ein ganz normales Leben. Zumindest war es das, bis in einer regnerischen Nacht ein Mann in ihrem Pool landet.