Lokis Sicht
Kaum hatte ich die Tür zur Heilkammer hinter mir energisch mit meinem Fuß zugestoßen, fing Rosie an zu zappeln und ich musste sie loslassen. Zu stehen fiel ihr sichtlich schwer und sie wich taumelnd ein paar Schritte zurück, bis sie sich mit dem Rücken gegen die Wand stützte. ,,Wer sind sie und wo zur Hölle haben sie mich hingebracht?!"fauchte sie. Panik war in ihren Augen. Ich legte meinen Finger auf die Lippen um ihr zu sagen, sie sollte still sein. Ich wollte nicht noch mehr Wachen erklären, wieso ich hier mit einem Menschenmädchen durch die Gänge lief. Verstohlen sah ich mich um und als niemand zu sehen war, löste ich meine Illussion kurzerhand auf. Sie brauchte eine Weile um zu realisieren, was gerade geschehen war, dann flüsterte sie ungläubug: ,,Loki?"
Mit einem frechen Grinsen nickte ich. ,,Jetzt mach den Mund wieder zu. Ich bin's wirklich."
Sie fasste sich wieder und beeilte sich ihren Mund zu schließen, dann verschränkte sie die Arme und streckte mir die Zunge raus. Mit einem 'Ernsthaft?'-Blick sah ich sie an und sie musste grinsen. ,,Wo warst du denn so lange?" fragte sie gespielt vorwurfsvoll. ,,Naja in Venedig gibt es viel zu sehen...einige Gondelfahrten, Stadtführungen und oh ja, ich habe das leckerste Eis der Welt gegessen." erzählte ich stolz und völlig ernst. Sie runzelte ihre Stirn und schaute etwas verletzt auf den Boden.
Da brach ich entgültig in Gelächter aus und deutete mit meiner Hand auf Rosie. ,,Du solltest dein Gesicht sehen!" brachte ich schließlich heraus. Jetzt war ich es, der einen 'Ernsthaft?'-Blick erntete und Rosies war zugegeben noch besser als meiner. ,,Idiot." murmelte sie, dann drückte sie sich von der Wand ab und sprang mir buchstäblich in die Arme. Zum zweiten Mal heute verlor ich das Gleichgewicht und fiel nach hinten. ,,Autsch!" stöhnte ich, doch bevor ich mich beschweren konnte, lagen Rosies Lippen auf meinen und wir versanken in einen langen, leidenschaftlichen Kuss.Meine Gedanken schweiften ab. Durch die ganze Aufregung hatte ich das wichtigste verdrängt. Jetzt schossen mir die Worte fast schon schmerzhaft durch den Kopf... Sie ist... sie ist die verschollene Tochter.
Augenblicklich und etwas zu plötzlich löste ich mich von Rosie und setzte mich aufecht. Verwirrt tat Rosie dasselbe. Angestrengt starrte ich auf den Fußboden vor mir. ,,Was ist denn los?" wollte sie besorgt wissen. Ich durfte es ihr nicht sagen. Noch nicht. Mit einem aufgesetzten Lächeln in ihre Richtung machte ich eine abwinkende Handbewegung. ,,Ach nichts. Ich ähm.... " und schon wieder verwandelte Rosies Anblick meine Silberzunge in Blei und ich suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. Vergeblich. Kurzerhand bäugte ich mich vor und drückte meine Lippen auf ihre, um der Situation irgendwie zu entkommen. Ich vergrub meine Finger in ihrem Haar und sie lächelte in den Kuss hinein ,,Ich hab dich vermisst." murmelte sie, als wir schließlich wieder voneinander abließen.
,,Ich weiß." grinste ich und sie verdrehte nur die Augen. Ich richtete mich auf und bot ihr meine Hand an. Sie ließ sich von mir hochhelfen und ließ meine Hand nicht los, als wir uns in Bewegung setzen. ,,Wenn ich mich hier so umschaue, kommt mir die Vermutung in den Sinn, dass wir in Asgard sind. Ist es nicht so?" wollte sie überwältigt wissen. Ich grinste und nickte. ,,Und deshalb..." ich machte eine schnelle Handbewegung, ,,...darf uns niemand erkennen." Erstaunt schaute Rosie an sich herunter. Sie sah aus wie eine Heilerin, die hier im Palast zu hunderten beschäftigt wurden. Ich wiederrum schlüpfte erneut in die Rolle einer gewöhnlichen Palastwache.Rosies Sicht
,,Du hast mir nie viel über dein Zuhause erzählt. Geschweige denn über deine Familie." sprach ich den Gedanken aus, der mir durch den Kopf ging. Es war schon komisch. Ich hatte so viel Zeit mit ihm verbracht und dennoch wusste ich so gut wie nichts über sein eigentliches Leben. Das wurde mir erst jetzt richtig bewusst. Wenn ich ihm jemals eine Frage zu Asgard gestellt hatte, war er immer geschickt ausgewichen.
Mit zusammengekniffenen Augen schaute ich zu ihm hoch und versuchte irgendetwas aus seinem Gesichtsausdruck zu deuten, was mir aber natürlich nicht gelang...
Er zögerte mit einer Antwort. ,,Du brauchtest es nicht zu wissen." gab er schließlich von sich, was mir als Antwort bei weitem nicht genügte. Als ich ihn weiter erwartungsvoll anstarrte, wurde er etwas nervös und gab schließlich auf. ,,Naja, ich und meine Familie pflegen etwas, das man ein schwieriges Verhältnis nennen könnte." ,,Darf uns deshalb niemand erkennen?" Er nickte. ,,Willst du sie denn nicht wiedersehen?" fragte ich stirnrunzelnd. ,,Gott, nein! Ich verzichte." sein Gesicht verzog sich angewiedert und er schüttelte seinen Kopf, als ob er den Gedanken so loswerden könnte.
Ich merkte, dass er auf dieses Thema wirklich nicht gut zu sprechen war, also beließ ich es dabei und fragte stattdessen:,,Wieso hast du mich eigentlich hergebracht?"
,,Damit du in Sicherheit bist." erwiederte er knapp. ,,In Sicherheit vor was?" bohrte ich weiter.
,,Vor allem."
,,Du lässt dir auch wirklich alles aus der Nase ziehen!" stöhnte ich.
,,Und du bist viel zu neugierig." gab er zurück und grinste das Grinsen, dass ich so an ihm liebte. ,,Wo gehen wir hin?" stellte ich meine letzte Frage. Er verdrehte die Augen.,,Siehst du? Genau das meine ich. Viel zu neugierig."Ich lächelte und folgte Loki, ohne seine Hand loszulassen, durch die endlos erscheinenden, hohen Korridore. Einige Wachen waren an uns vorübergekommen, ohne uns auch nur eines Blickes zu würdigen. Trotzdem schlug mein Herz jedes Mal schneller, wenn sich vor uns Schritte näherten. Schließlich kamen wir jedoch zu einer Tür, ohne dass wir von jemandem entdeckt worden wären. Erleichtert atmete ich auf, als Loki abrupt stehen blieb und die Tür anstarrte. Als er nach einer halben Minute immer noch keine Anstalten machte, sich zu bewegen, fuchtelte ich mit meiner Hand vor seinem Gesicht herum. Er zuckte zusammen, als er aus seinen Gedanken aufschreckte, sah mich mit einem seltsamen Blick an und drehte dann den Türknauf. Die Tür schwang langsam auf und ich lukte neugierig in die Räume dahinter. Etwas benommen machte Loki einen Schritt in das Zimmer hinein. Er zögerte. Noch ein Schritt. Er schaute über die Schulter und zwang sich zu einem Lächeln. ,,Das hier waren... sind meine Gemächer." erklärte er und ließ seine Blicke über die Möbel und die Bücher schweifen, die er schon so lange nicht mehr gesehen hatte... Etwas unsicher blieb ich noch in der Tür stehen, bis er mir mit einer einladenden Handbewegung bedeutete, ebenfalls herein zu kommen. Ich schloss die Türe hinter uns und nach einer kaum bemerkbaren Geste von Loki lösten sich die Illussionen auf, die uns bis jetzt geschützt hatten.
Das war mir mehr als recht.Jetzt konnte ich Loki wieder sehen und er gab sich keine große Mühe seine Gefühle zu verstecken. Es war nicht zu übersehen, dass ihn die Rückkehr in sein altes Zuhause ziemlich beschäftigte. Langsam machte ich ein paar Schritte auf ihn zu und griff erneut nach seiner Hand. Er lächelte, drehte sich zu mir und strich mir vorsichtig eine Haarsträhne hinters Ohr. ,,Was würde ich ohne dich machen..."überlegte er laut, bäugte sich zu mir herunter und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Ich lächelte. ,,Vermutlich in irgendeiner Irrenanstalt auf der Erde Kinderbücher lesen und die Haare von Puppen flechten." grinste ich und schaute ihm frech in die Augen. Er schüttelte nur den Kopf und grinste zurück.
,,Weißt du was? Ich werd dir jetzt mal was anständiges zum Anziehen suchen. Dann kannst du hier auch herumlaufen ohne dass ich dich mit einer Illussion verbergen muss. Außerdem musste ich auf der Erde auch für deine modischen Experimente herhalten. Jetzt bist du dran." grinste er und bei dem Wort modisch machte er Gänsefüßchen mit seinen Fingern. Ja, ich hatte ihm einiges beigebracht, dachte ich stolz und grinste. ,,Wie du meinst." Ich zuckte mit den Schultern und trat auf den Balkon. Loki verschwand aus der Tür.
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BEHIND BLUE EYES (loki ff)
FanficRosie führt ein ganz normales Leben. Zumindest war es das, bis in einer regnerischen Nacht ein Mann in ihrem Pool landet.