Zuhause

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Lokis Sicht
Ich hatte die Hoffnung schon beinahe aufgegeben, da hüllte uns der altbekannte Lichtstrahl ein und ich wurde mit Rosie im Arm emporgezogen. Ich musste zugeben, dass ich dieses Gefühl vermisst hatte... Die Geschwindigkeit, die Schwerelosigkeit, die Magie. Einen Augenblick später landeten wir unsanft auf dem Boden der goldenen Kuppel, ich verlor das Gleichgewicht und fiel vornüber. Rosie lag neben mir und war immer noch bewusstlos. Genervt rappelte ich mich auf und klopfte mir den Dreck von den Schultern. ,,Herzlichen Dank!",zischte ich vorwurfsvoll.,,Für den freundlichen Empfang. War das denn nötig?!" Ich bekam keine Antwort. Heimdal fixierte mich nur mit seinen 'allsehenden' (Ich hatte ja schon einmal das Gegenteil bewiesen, woran ich mit einem hämischen Grinsen gerne zurückdachte), orangenen Augen, die ich schon immer gruselig gefunden hatte. Ich zog gleichgültig die Schultern hoch und bückte mich, um Rosie wieder hochzuheben. ,,Ich dachte du würdest dich freuen."grinste ich nebenbei.,,Wo wir doch so viel gemeinsam erlebt haben." Ich zwinkerte ihm zu und wandte mich kurzerhand zum gehen. Er konnte die Verwunderung nicht verstecken, die sich in seinem Blick spiegelte, als dieser auf das Mädchen in meinen Armen fiel. Schmunzelnd drehte ich ihm den Rücken zu.
,,Ihr seid tot." kam es endlich hinter mir und ich drehte mich mit einem breiten grinsen um. Gespielt verwundert schaute ich an mir  herunter. ,,Oh, wie schade, dann kann ich wohl gar nicht hier sein." bedauerte ich und mit einem Fingerschnipsen lies ich uns beide verschwinden.
Es war eine aufwendige Illussion, da sie zwei Personen deckte, doch ich war trotz der Zeit auf der Erde nicht aus der Übung gekommen...Ich blieb noch einen Moment stehen, um mich an Heimdals Gesichtsausdruck zu erfreuen, dann trat ich noch einmal an ihn heran und flüsterte ihm ins Ohr:,,Wenn du auch nur ein einziges Wort meinem Vater sagst, wirst du die Ehre haben, von mir höchstpersönlich ins Jenseits befördert zu werden."Er zuckte zusammen, dann stand er ganz still und zeigte keinerlei Regungen mehr. Bei dem Wort 'Vater' verzog ich angewiedert das Gesicht, doch das konnte der Wächter nicht sehen. Ich wusste, dass er mich früher oder später verpfeifen musste. Er hatte Odin Treue geschworen, nicht mir. Doch wieso sollte ich es ihm nicht ein bisschen schwerer machen... Ich konnte ihn noch nie leiden. Ich ließ ihn stehen und machte mich auf den Weg über die Regenbogenbrücke, was ohne Pferd ein äußerst langer Spaziergang werden sollte...

Ich wusste, dass es das Beste war, Rosie ersteinmal zur Heilkammer zu bringen. Zu meinem Bedauern lag diese allerdings im Palast. Ich musste mich also auf dem Weg dort hin an zahlreichen Asen vorbeizwengen, und durfte dabei auch niemanden berühren, da meine Illussion sonst augenblicklich erloschen wäre. Und ich hatte zugegeben wenig Lust auf ein verfrühtes Familienzusammentreffen... Auch wenn ich wusste, dass es mir sowieso bevorstand. Die Frage war nur, wie lange Heimdal noch wartete, Odin die Botschaft zu überbringen.
Als ich endlich vor der großen, dunklen Pforte stand, hielt ich einen Moment lang inne. Es war ein merkwürdiges Gefühl nach der Zeit auf der Erde wieder hier zu sein. Es fühlte sich so fremd an und doch war ich genau an dieser Stelle schon tausende Male vorbeigekommen. Ich seufzte tief, dann nahm ich Stufe für Stufe, bis ich durch das Tor trat und im innern des Palastes stand. Meinem Zuhause... Ich blickte mich um. Die vergoldeten Wände, die Säulen, der Wandschmuck, das alles kam mir auf einmal so überzogen vor. So unnötig und blendend. Ich richtete meinen Blick stur auf den Boden. Meine Beine wussten den Weg von alleine und führten mich durch die verzweigten, langen Korridore, bis ich schließlich an der Heilkammer angekommen war. Ich hob meine Augen wieder, vorsichtig, immer in der Angst ich würde irgendetwas sehen, dass mich an früher erinnern könnte. Dort war nur die Tür. Ich warf einen Blick über die Schulter und als niemand da war, änderte ich meine Illussion. Ich sah nun aus wie eine der zahlreichen Wachen, die überall im und um den Palast beschäftigt wurden. Rosie deckte keine Täuschung. Die Heilerin sollte sie schließlich begutachten. Etwas zögernd öffnete ich die Türe. Eine junge Asin mit dunklem Haar und rundem Gesicht, schaute von ihrer Arbeit auf und runzelte die Stirn, als ihr Blick auf Rosie fiel. Ich beeilte mich, die Situation zu erklären. ,,Sie wurde vorhin bei einem Kontrollgang entdeckt. Wir wissen nicht wer sie ist oder was sie hat, aber der König befahl, sie in die Heilkammer zu bringen." stellte ich knapp die Ereignisse so dar, wie ich sie haben wollte. Die Frau nickte nur und deutete auf die Liege in der Mitte des Raumes. Ich legte Rosie darauf ab und trat einige Schritte zurück, damit die Heilerin mehr Platz hatte. Sie schritt einmal um den regungslosen Körper herum, tastete einige Stellen ab und nickte immer wieder, als ob sie sich selbst zustimmte. Schließlich wandte sie sich mir zu und begann zu sprechen:,,Es ist nichts ernstes. Sie hat einen starken Schlag auf den Hinterkopf bekommen. Sie muss dadurch bewusstlos geworden sein. Sie hat einige kleinere Verletzungen, aber mit etwas Heilkunst ist sie schon bald wieder ganz gesund." Ihr freundliches Lächeln verschwand jedoch und sie machte eine ernstes Gesicht, als sie fortfuhr:,,Es gibt aber doch einige... naja...Auffälligkeiten. Erstens ist sie offensichtlich ein Mensch. Und zweitens kann sie ihren ausgeprägten Energieströmen nach, gar kein Mensch sein. Wie passt das zusammen?" fragte sie nachdenklich, erwartete von mir aber keine Antwort. ,,So oder so, tut euer Bestes, um sie zu heilen. Der König hat es befohlen."
Die Heilerin nickte und machte sich an die Arbeit. Ich sah ihr ungeduldig dabei zu, wie sie verschiedene Kräuter mischte, Flüssigkeiten anrührte und unzählige Blüten zerkleinerte. Nach einer halben Ewigkeit war sie endlich fertig und flößte Rosie eine grüne Flüssigkeit ein.
Gespannt fokussierte ich Rosie, doch im ersten Moment geschah überhauptnichts. Ich seufzte und wollte schon einen nicht allzu netten Kommentar loswerden, als Rosie ruckartig hochschreckte und gleich darauf in einen gewaltigen Hustanfall ausbrach. Ich wollte am liebsten direkt zu ihr stürmen und sie in den Arm nehmen. Ich hatte sie endlich wieder. Geradeso konnte ich mir diese Aktion verkneifen, ein breites Grinsen konnte ich jedoch nicht zurückhalten. Als sich Rosie einigermaßen beruhigt hatte, sah sie sich verwirrt um und rieb mit schmerzverzerrtem Gesicht ihre Handgelenke. Ich sah, dass die Heilerin kurz davor war in einen Redeschwall auszubrechen und unzählige Fragen zu stellen, was verherend gewesen wäre. Also schnappte ich mir kurzerhand Rosie, die sichtlich verwirrt war und verlies mit den Worten:,,Ich werde sie sofort zum König bringen." das Zimmer.
Die Heilerin blieb verdutzt und ratlos zurück.

BEHIND BLUE EYES (loki ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt