~5 Stunden zuvor (40. Schritt vorwärts)~

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Zweiundzwanzigster Juni, 14:05 Uhr



Irgendwie macht es mich traurig zu bemerken, dass sich dieses Buch langsam dem Ende zuneigt. Jedenfalls glaube ich das.

Ob ein Autor eigentlich immer weiß, wie viele Kapitel sein Buch haben wird? Plant man das normalerweise, oder überlässt man das einfach seinem Gefühl? Fertigt man sich, bevor man mit dem Schreiben beginnt, eine Zusammenfassung an, oder schreibt man einfach drauf los und lässt die Spontanität Schicksal der Geschichte spielen?

Ich meine, ich habe ja keine besonders große Wahl, ich schreibe einfach das auf, was mir passiert und hoffe, dass noch viele weitere Kapitel folgen werden, damit meine und Cats Geschichte nicht endet, bevor sie überhaupt begonnen hat. Jedoch weiß ich, dass dies ein utopischer Gedanke ist. Jedes Buch braucht ein Ende, auch wenn man sich manchmal wünschen würde, dass es nicht so ist.

Ich glaube andere Autoren haben da mehr Auswahl bezüglich ihres Vorgehens. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es Menschen gibt, die alles bis ins kleinste Detail planen und nichts mehr an ihren Entscheidungen ändern und auch, dass es welche ganz anders angehen und beim Schreiben jedes neuen Kapitels ihre Pläne über Bord werfen und Dinge miteinbringen, an die sie vorher nicht mal im Traum gedacht hätten.

Na ja, und ich sitze hier auf dem Krankenhausfußboden vor dem Zimmer meiner Freundin und mache mir Gedanken darüber, wie lange das alles hier noch so weitergehen würde. Ich meine, ich liebe das Schreiben, es hilft mir beim Bewältigen von schlimmen Situationen und ich fühle mich freier und ausgelassener, wenn ich die Worte endlich auf Papier gebracht habe. Aber die Zeit bleibt nicht stehen.

Cats Operation wurde vorverlegt und würde bereits morgen stattfinden. Das wusste ich bereits und Cat und ihr Vater wussten es auch, aber für die Jungs war das nochmal ein kleiner Schlag ins Gesicht. So wurde die gesamte Planung für Cats Geburtstag über den Haufen geworfen, da wir nicht wussten, wie ihr Zustand in ein paar Tagen sein würde, und ob sie an diesem Tag überhaupt bei Bewusstsein sein würde. Oder am Leben...

Kaum hatte ich diese Worte aufgeschrieben, wollte ich sie wieder streichen, entschied mich jedoch, sie stehen zu lassen. Was brachte es mir, mich selbst zu betrügen und zu glauben, dass die nächsten Kapitel wieder so freudig sein würden, wie jene zuvor. Immerhin war ich jetzt wieder in diesem weißen Käfig gefangen, hatte zwar die Möglichkeit jederzeit zu gehen, aber war der letzte Mensch, der dies tun würde. Immerhin wollte ich bei ihr bleiben. Und was würde ich draußen anderes machen, als an meine Cat zu denken? Das konnte ich auch hier, und in diesem Gebäude war ich ihr zusätzlich noch nah.

Niall, Louis, Liam, Zayn und Lux waren gerade in der Cafeteria und ich war alleine, als ein unerwarteter Besucher vor meinen ausgestreckten Beinen auftauchte.

Da ich nach unten auf mein Blatt Papier starrte, konnte ich zwar nur seine Schuhe erkennen, aber allein das reichte aus, um den Besitzer dieser vor meinem inneren Auge entstehen zu lassen. Weiße Adidas Superstar. Damian.

»Hey Harry«, sprach er, als ich meinen Kopf leicht entsetzt nach oben gehoben hatte und dem Blonden geradewegs in die blauen Augen sah. Anders als sonst stand er mit gesenktem Kopf vor mir, traute sich nicht, in mein Gesicht zu schauen und behielt den Blick stur bei seinen Füßen. Seine Körperhaltung verriet, wie unwohl er sich fühlte.

»Hallo Damian.« Die Überraschung in meinem Gesicht war nicht zu übersehen. Was wollte er hier?

»Ich war bei dir Zuhause, weil ich mit dir reden wollte, aber es war nur dein Vater da gewesen und meinte, dass du nicht mehr dort lebst«, fing er zu erzählen an, überwand sich jedoch immer noch nicht, mir in das Gesicht zu schauen.

Die Vergänglichkeit des Unendlichen II Harry Styles Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt