~31. Schritt vorwärts~

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Zweiter Juni, 03:45 Uhr


Genervt brummte ich, als ich im Halbschlaf das dumpfe Knallen eines Steines an meiner Fensterscheibe vernahm und öffnete eines meiner Augen. Mit müdem Blick schaute ich auf die Digital-Uhr, die auf Cats Nachttisch stand und mir in intensiv roten Ziffern die Uhrzeit entgegenstrahlte: Dreiviertel vier am Morgen.

Ich seufzte und setzte mich leicht auf.

Wenn das so weitergehen würde, mutierte ich sicher irgendwann zu einem Nachtmenschen. Der gestrige Ausflug mit Cat hatte mir für die nächsten Wochen als Spätaktivität eigentlich gereicht, jedoch hatte der für mich noch unbekannte Störenfried scheinbar andere Pläne.

Gähnend stand ich von Cats Couch auf und trat auf das Fenster zu. Selbstverständlich könnte ich auch in ihrem Bett schlafen, aber das kam mir etwas ungehobelt vor. Außerdem war die Couch viel gemütlicher, als man vielleicht vermutete und ich hatte mich mittlerweile an sie gewöhnt.

Noch komplett verschlafen öffnete ich das Fenster, schaute aus diesem und betrachtete erschrocken das blonde Mädchen, welches komplett verweint unten auf dem Gehweg stand, und ihre Arme um ihren Körper gelegt hatte. Sie trug nur ein leichtes Kleid.

»Emily?«, fragte ich verwundert und hoffte gleichzeitig, dass ich mit meiner Frage nicht die komplette Nachbarschaft aufgeweckt hatte. Der Schock hatte meine Stimme lauter gemacht, als ich es eigentlich beabsichtigt hatte.

»H-Harry ...«

Sie schluchzte und wischte sich über das Gesicht. Sofort läuteten alle Alarmglocken bei mir und ich stellte mir unmittelbar vor, welch schreckliche Sachen passiert sein könnten. Hoffentlich hatte sich keiner verletzt! Oder noch Schlimmeres!

»Warte, ich komme runter. Geh nicht weg!«, bat ich sie, zog mir über meine Boxershorts schnell eine Jeanshose an und richtete meine Haare ein wenig.

Innerhalb von fünf Sekunden war ich schon die Treppe heruntergesprintet und hatte die Tür geöffnet. Natürlich darauf bedacht, Herr Mason nicht zu wecken.

»Emily, was hast du denn? Ist irgendetwas Schlimmes vorgefallen?«, fragte ich sie besorgt und trat leicht überrumpelt einen Schritt zurück, als sie mir um den Hals fiel und an meiner Brust leise weinte.

Etwas unbeholfen drückte ich sie an mich und strich ihr beruhigend über den Rücken. Ich kannte Emily jetzt noch nicht besonders gut, aber ich glaubte nicht, dass sie zu den Personen gehörte, die nah am Wasser gebaut waren und bei jeder Kleinigkeit sofort in Tränen ausbrachen. Schon bei unserer ersten Begegnung schien ihr etwas auf dem Herzen gelegen zu haben. Etwas Schweres. Etwas womit sie nicht umgehen konnte und welches sie noch immer bedrückte. Und mein Bauchgefühl verriet mir genau, dass es mit Niall und ihrem seltsamen Verhalten im Park zutun hatte.

»Hey, jetzt beruhige dich bitte. Sch, alles gut.«

Emily schüttelte den Kopf, als sie ihn wieder von meiner Brust gehoben hatte. Auf meinem weißen T-Shirt hatte sich nun ein schwarzer Fleck aufgrund ihres Makeups gebildet, aber das störte mich nicht weiter. Ich wollte nur, dass sie aufhörte zu weinen, denn es brach mir das Herz, wenn eine Person weinte. Vor allem, wenn es sich bei dieser Person um ein Mädchen handelte. Es erinnerte mich zu sehr an meine Mutter und an die Augenblicke, in denen sie wegen meines Vaters geweint hatte.

Ohne es selbst zu wollen kam der Hass auf diesen Mann in mir erneut zum Vorschein, und ich erinnerte mich an seine gestrigen Worte. Mir kam fast das Abendessen wieder hoch, als ich daran dachte, wie er versucht hatte seine Taten zu erklären. Mit diesen billigen Ausreden. Ich spannte meinen Körper an und ballte die Hände zur Faust, doch entspannte ich ihn schnell wieder, als ich mich daran erinnerte, dass ich mich erstmal um Emily kümmern müsste. Meinen Vater konnte ich auch danach noch innerlich verdammen.

Die Vergänglichkeit des Unendlichen II Harry Styles Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt