~2 Stunden zuvor~

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Zweiundzwanzigster Juni, 17:14 Uhr



»Höher, Harry! Ich möchte bis zum Himmel fliegen!«, forderte der kleine blonde Racker auf der Schaukel und ließ sich von mir anschubsen. Ich befand mich im Augenblick mit Lux und den Jungs auf einem dem Krankenhaus nahe gelegenen Spielplatz und versuchte mich mit der sorglosen Art von Liams Nichte von der Tatsache abzulenken, dass Cat noch immer in Lebensgefahr schwebte. Sie wurde in diesem Augenblick wieder untersucht.

Während Lux' Kehle ein freudiges Lachen entglitt, als ich sie immer höher und höher schaukeln ließ, fragte ich mich, ob ich eigentlich ein egoistischer Mensch war. Immerhin hatte ich vor einer Stunde noch glücklich an meine Zukunft gedacht und freute mich unnormal darauf, in Herr Masons Firma anfangen zu dürfen, und Cat wusste noch nicht einmal, ob sie überhaupt neunzehn  Jahre alt werden würde. Ich wollte auf keinen Fall egoistisch sein und wusste, dass meine Freundin sich für mich freute, aber dennoch musste es für sie hart sein. Sie wollte leben. Unbedingt. Und ich wollte das genauso.

Ach man, das war doch alles nicht gerecht! Jetzt lief es in meinem Leben glatt und ich resignierte, weil ich Angst hatte, mich über meine Zukunft zu freuen. Das würde Cat niemals wollen. Genauso wenig wie ich wollte, dass sie traurig war.

Mittlerweile ließen die Jungs und ich nicht mehr zu, dass wir ständig mit unseren Gedanken an Cats Krankheit hängen blieben. Wir hatten selbst bemerkt, dass wir es ihr so nicht gerade leichter machten. Wir wollten an ihre ausgefallenen Ideen denken und an ihr Lächeln, an ihre Ausstrahlung und an ihre Besonderheiten und nicht an ihren Herzfehler. Das hatte sie nicht verdient. Sie war so ein wundervoller Mensch, warum also an das Negative denken, wenn es so viel Positives an ihr gab?

»Harry! Ich sagte ›bitte höher!‹«, unterbrach Lux meine Gedanken und sah mich mit Schmollmund und großen, blauen Augen an.

Ich lachte.

»Na wenn du schon ›bitte‹ sagst, kann ich dir diesen Wunsch ja nicht abschlagen.«

Ich stieß Lux noch etwas fester an, damit sie noch höher schaukeln konnte, achtete aber darauf, dass es nicht zu hoch war. Immerhin wollte ich nicht, dass sie einen Überschlag machte, auch wenn der Gedanke die Blonde sicher verzückte.

Emily und Niall saßen währenddessen auf einer Bank im Park unter einer großen Eiche, kuschelten miteinander und küssten sich. Louis und Liam, die beiden genervten Singles, rollten nur mit den Augen und widmeten sich wieder irgendeiner anderen Sache.

»Harry, wann dürfen wir denn wieder zu Cat?«

»Das weiß ich leider nicht, Engelchen. Aber ihr geht es gut, du musst dir keine Sorgen machen.«

»Das ist gemein von dir, Harry!«

Ich besah Lux etwas perplex.

»Was ist gemein?«, fragte ich nach. Die Angesprochene stoppte die Schaukel, auf der sie saß und besah mich von hinten beleidigt.

»Dass ihr mich wie ein Kind behandelt. Ich merke doch, dass es ihr nicht gut geht. Meine Mama sagt immer, dass nur sehr kranke Menschen lange im Krankenhaus bleiben. Ich bin schon sieben Jahre alt und alt genug dafür!«

Ich lächelte und musste mal wieder zugeben, was für ein gerissenes Kind Lux doch war. Man konnte ihr mittlerweile nichts mehr vormachen und sie fing an, Fragen zu stellen. Verständlich, ich würde das auch nicht auf mich sitzen lassen. Aber ich würde ihr ganz sicher nicht die gesamte Geschichte erklären. Da war ich dann doch lieber weiter gemein.


Später befanden wir uns wieder im Krankenhaus und gammelten vor Cats Zimmer auf den roten Sesseln in der Sitzecke herum. Lux spielte auf ihrem Nintendo DS ein paar alte Spiele und saß auf Liams Schoß. Wir anderen schwiegen, außer Louis, denn der war kurz zu sich nach Hause gegangen, um irgendetwas zu erledigen. Was genau, wollte er nicht sagen.

Die Vergänglichkeit des Unendlichen II Harry Styles Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt