5. Danach

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Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf der Holzank, die im Schatten der Stallungen stand. Lange war ich wohl nicht weg, denn mein Körper schwitzte noch immer, obwohl ich nichts mehr tat. Vorsichtig krempelte ich das T-Shirt zur Seite, sodass ich die Schulterwunde sehen konnte, die Felicitas mir zugefügt hatte. Sie sah nicht gerade gut aus und tat heftig weh. Da ich weder in der Lage war mich zu bewegen, noch es wollte, blieb ich einfach ein Weilchen liegen und beobachtete die Wolken.

Dann bemerkte mich Ludo, der am anderen Ende der Bank saß und mich wütend, aber auch besorgt anblickte. „Du hast jetzt geschlagene zwei Stunden mit ihr gekämpft." „Zwei Stunden?", murmelte ich erschöpft. „Kam mir vor wie 'ne halbe Stunde."

Auf seinen folgenden Ausbruch war ich nicht wirklich vorbereitet, sodass ich kurz zusammenzuckte. „Bist du eigentlich noch ganz bei Sinnen?! Warum verletzt du das Pferd?", fragte er lauter als gewöhnlich. Bedrückt schlug ich die Augen nieder. "Wenn es nicht notwendig gewesen wäre, hätte ich es nicht gemacht.", seufzte ich ausweichend. "Das ist noch lange kein Grund, dem Pferd wehzutun! Das geht auch anders!", knurrte Ludo, immer noch sauer. "Sie hätte dich nie respektiert! Außerdem hat sie mich ja auch gebissen!", versuchte ich mich zu verteidigen und spürte, wie ich innerlich ebenfalls wütend wurde. Er wollte meine Methode sehen und sie hat funktioniert, wie ich mir dachte. Noch konnte ich mir nicht sicher sein. "Aber musstest du sie unbedingt verletzen und nahe an die Grenzen ihrer Kraft bringen? Das könnte schon nahezu Tierquälerei sein!". In einem Punkt verstand ich Ludo. Er liebte alle seine Tiere abgöttisch und hasste es, wenn man ihnen bewusst Schmerzen zufügte. Zudem hatte er noch keine Ahnung von meinen Fähigkeiten. "Tut mir Leid.", gab ich schließlich leise zu. Wenn ich etwas hasste, dann mich für etwas zu entschuldigen, was keine Entschuldigung brauchte. Na super, dachte ich noch, schon am zweiten Tag fängst du einen Streit mit deinem Chef an.

Ludo schüttelte schließlich, immer noch wütend, den Kopf. "Wenn das noch einmal vorkommt...", meinte er nur warnend. Dann wechselte er das Thema, was mich innerlich aufatmen ließ. "Ist wenigstens alles ok bei dir?", er drückte mir eine Flasche Wasser in die Hand, die ich auch in wenigen Zügen leer trank. Erst jetzt bemerkte ich, wie trocken meine Kehle war.

„Bei mir schon, aber bitte, mach dir keine Sorgen um mich. Geh lieber zu Felicitas und sieh nach, ob sie ok ist. Sie hat den schlimmeren Schock hinter sich." Erschöpft legte ich meinen Kopf wieder auf die Bank und schloss die Augen. "Es ist schon längst jemand bei ihr, aber ich werde selbst nochmal schauen.", antwortete der Hüne dann und stand auf. Ich wollte schlafen, wollte alle meine Schmerzen vergessen, doch ich konnte nicht. Noch immer hämmerte mein Herz in meiner Brust, als hätte ich soebenen einen Marathonlauf hinter mir. Nur wenige Minuten später spürte ich, wie sich jemand ebenfalls auf die Bank setzte.

Ich öffnete ein Auge, um es gleich wieder zu schließen. Es war Louisa, die auch manchmal die Milady spielte. Ihr blondes, schulterlanges Haar hatte sie zu einem Zopf zusammengebunden und wie immer trug sie die schwarze Reithose und ein blaues Top. Sie gab mir etwas Kühles in die Hand. Jetzt öffnete ich endgültig die Augen und nahm das gekühlte Wasser dankbar an und trank es zur Hälfte. Selbst nach dem halben Liter ungekühltem Wasser von Ludo, fühlte ich mich immer noch wie die Sahara in der Trockenzeit. „Wir haben dir alle mal zugeschaut, du, das sah aber wirklich lebensgefährlich aus.", versuchte sie ein Gespräch anzufangen. Ich setzte mich auf und blickte sie an.

„Das IST lebensgefährlich. In solchen Rangkämpfen sind auch schon Pferde gestorben. Zum Beispiel wenn zwei Hengste kämpfen: Nicht immer überleben es beide..." Ich machte eine kurze Pause. „Haben mir wirklich alle mal zugeschaut? Das habe ich gar nicht gemerkt.", fuhr ich schließlich fort. „Doch und die meisten waren schwer beeindruckt, aber auch gleichzeitig wütend, neben der Sorge um dich. Du hättest das Pferd nicht verletzten sollen. Wie geht es eigentlich deinem Arm?", fragte Louisa und ich zeigte ihr schweigend die Stelle an meinem Oberarm. „Oh, oh", meinte sie, „Hast du dir das mal angeschaut?" Stumm nickte ich.

Moondancer - PferdemädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt