Im Stall fanden wir schnell eine leere Box, da wir zurzeit relativ wenige Pferde hatten. In letzter Zeit lief das Geschäft mit den Pferden gut und einige wurden diese Saison schon verkauft.
Innerhalb weniger Minuten, unter dem prüfenden Blick meines Vaters, versorgte ich Vito. Dieser war froh, endlich wieder Stroh unter den Füßen zu haben und ließ sich gleich mal zu einem ausgiebigen Wälzen nieder.
Anschließend folgte ich meinem Vater zu seinem Auto. "Wir gehen noch deine Mutter abholen und fahren dann nach Hause. Morgen wird ein langer Tag.", erklärte er. "Machst du deinen Auftritt eigentlich morgen?", fragte er dann. Ich nickte. "Ja, auf jeden Fall. Aber viel wird es nicht, dass kann ich dir gleich sagen. Soweit sind Vito und ich noch nicht.", gab ich zurück.
"Ok, das reicht ja. Fünf bis zehn Minuten reichen vollkommen.", meinte er beruhigend und trat auf das Gas. In Richtung Sundheim brausten wir also davon.
Mein Vater blieb auf dem Parkplatz des Reitgeländes im Auto sitzen, während ich mich auf die Suche nach meiner Mutter machte. Ich fand sie in der Reithalle, in der sie einige Kinder beim Spielen beaufsichtigte. "Salut, Maman.", redete ich sie auf Französisch an. Mehr unbewusst als bewusst. "Du kannst auch Deutsch mit mir reden.", erklärte sie mir daraufhin auf Deutsch lächelnd und umarmte mich zur Begrüßung.
"Na gut. Ich bin halt so extrem im Französischen drin.", meinte ich grinsend, "Aber dein Mann wartet draußen im Auto, wir wollen gerne nach Hause fahren.". Sie runzelte die Stirn. "Seit wann kommt er denn hier auf den Hof gefahren?" "Weil er nach Hause will und nicht allzu lange auf dich warten möchte.", schmunzelte ich. Wegen den zwei unterschiedlichen Höfen lagen sie sich schon lange in den Haaren. Dennoch liebten sich meine Eltern und das war auch gut so.
Schließlich folgte sie mir zurück zum Auto. Nach einer kurzen, schweigsamen Fahrt, kamen wir schließlich Zuhause an.
Dieser Abend war das erste Mal seit langem, dass die gesamte Familie gemeinsam zu Abend aß. Meine Mutter kochte einen leckeren Kartoffel-Schinken-Käseauflauf, den alle liebten. Sogar mein kleiner Bruder, der gerade mitten in der Pubertät steckte, meckerte mal nicht. Wenn ich ihn so betrachtete, war ich froh, aus dieser Phase raus zu sein.
Danach schwenkte das Gesprächsthema am Tisch zu dem bevorstehenden Fest auf der Rennbahn über.
"Wie viel Platz habe ich eigentlich?", fragte ich irgendwann. "Die gesamte Rennbahn. Reicht das?", gab mein Vater zurück. "Natürlich! Das ist mehr als genug! In der Arena habe ich ja auch nur 20 Meter Platz und das hat bisher immer gereicht.". "Dann ist ja alles gut.", lächelte mein Vater. "Und wie viele sollen kommen?", fragte ich weiter. "Oh, wir rechnen schon mit einer großen Menge."
Ich schluckte. Na super. Vito liebte große Mengen immer noch nicht und es war ihm ein Dorn im Auge, vor denen auch noch aufzutreten. Meine Mutter deutete meinen Gesichtsausdruck richtig. "Wieso? Ist dein Pferd noch nicht daran gewöhnt?", fragte sie auf Französisch, damit alle am Gespräch teilhaben konnten. Das Deutsch von meinem Vater war grauenvoll.
"Maman! Er ist erst vier und war vor zwei Monaten noch völlig verstört. Da kann ich sowas eigentlich gar nicht von ihm erwarten!", rechtfertigte ich mich. "Ok, ich habe es ja verstanden!", antwortete sie und begann, den Tisch abzuräumen. Ich stand auf und half ihr.
"Wir müssen nachher noch schnell die Blumen für die Pferde suchen.", erklärte meine Mutter etwas später. "Welche Blumen?", fragte ich verwundert. "Die Plastikblumen für die Pferdemähnen. Für die Quadrillen und das Ponyreiten. Willst du eigentlich auch welche?" "Ja, welche Farben hast du denn?" "Fast alles. Hauptsächlich weiß, aber auch rot, blau und grün und dann auch noch schwarz.", zählte sie auf und machte die Spülmaschine an. "Rot oder weiß kannst du mir geben. Das dürfte am besten zu einem Falben passen." "Alles klar. Komm, wir schauen mal nach." Ich folgte meiner Mutter zu unserem Abstellraum. Zumindest war es das mal früher. Mittlerweile war aus dem Abstellraum eine kleine Sattelkammer geworden, in der jede Menge Pferdesachen lagen.
"Halte Ausschau nach einem kleinen, blauen Karton.", wies meine Mutter mich an und ich begann zu suchen. Sie tat das gleiche und nur wenige Minuten später rief sie triumphierend: "Hab sie!" "Dann hätte ich dir ja gar nicht helfen müssen.", grinste ich und sah mir den Karton genauer an, den sie in der Hand hielt. Nachdem ich ihn geöffnet hatte, stachen mir viele kleine Plastikblüten ins Auge. Sie hatte nicht untertrieben. Es waren sehr viele in allen Farben. An jeder war ein Draht befestigt, sodass man sie gut in die Mähne flechten konnte. "Ok, die nehmen wir morgen mit.", meinte ich nur, nahm den Karton und stellte ihn auf den Flur, damit er morgen nicht hier vergessen wurde.
Anschließend ging meine Familie duschen. Einer nach dem anderen. Vor allem mein Bruder brauchte mal wieder Ewigkeiten. Ich holte unterdessen das Telefon und meldete mich mal wieder bei Marion.
"Hallo? Wer ist da?", meldete sie sich. Achso, sie kannte ja gar nicht meine Festnetznummer. "Ich bin's, Hanna.", grinste ich, obwohl sie es nicht sehen konnte. "Achso, hatte mich schon gewundert.", gab sie lachend zurück. "Ich wollte nur sagen, dass ich heil angekommen bin. Gibt es was Neues?", fing ich direkt an. "Ja, weißt du, Hidalgo hat plötzlich Asthma bekommen und liegt die ganze Zeit röchelnd im Stroh. Louisa ist von der Brücke in der Arena gestürzt und liegt jetzt im Koma und ich, nun ja... Das ist schwer zu erklären. Aber ich hänge irgendwo zwischen Tür und Angel fest und kann mich nicht mehr bewegen." Zuerst blieb ich verwirrt still. Doch dann hörte ich ihr schallendes Gelächter. "Du machst Scherze, oder?", fragte ich, immer noch verwirrt. "Mensch, Hanna! Hier ist alles wie immer! Kennst du Sarkasmus?", sie lachte immer noch. "Vorgestern warst du noch todunglücklich und jetzt bist du wieder lustig? Wie kommt denn dieser Sinneswandel?", fragte ich nachdenklich. "Naja, darf ich denn nicht lustig sein?", murmelte sie, jetzt schmollend. Was war heute nur mit ihr los?
Doch plötzlich kam mir der Gedanke. "Sag mal, Marion: Bist du etwa betrunken?" "Nein, wie kommst du denn darauf?", meinte sie, unschuldig. Ok, es ging. Ihr Lallen hielt sich in Grenzen. Aber sie hatte auf jeden Fall etwas mehr getrunken, als sie durfte. "Doch, du bist es. Aber ganz ehrlich, das hätte ich dir nicht zugetraut.", meinte ich belustigt. "Ok, vielleicht. Aber nur ein kleines bisschen.", rechtfertigte sie sich. "Du weißt genau, Alkohol ist auch keine Lösung.", tadelte ich. "Es war kein Alkohol. Das war Wein!", meinte sie ärgerlich.
"Geh schlafen, Marion. Darüber reden wir ein anderes Mal.", lachte ich. "Hey, ich will aber noch ein bisschen reden." "Nein, Marion. Geh jetzt schlafen und lege die Weinflasche weg, falls du sie noch nicht ausgetrunken hast!". "Die ist schon leer.", sagte sie traurig. "Welch ein Glück. Und jetzt geh schlafen. Gute Nacht.", lachte ich. "Nacht.", antwortete sie nur und ich legte auf. Dass ich das noch erleben durfte. Die vernünftige Marion hatte zu tief ins Glas geschaut.... Den Grund dafür wollte ich gar nicht wissen. Obwohl, ich konnte ihn mir denken. Die Sache mit Thorgal machte ihr mehr zu schaffen, als sie zugeben wollte. Naja, morgen werden wir es sehen. Denn morgen Abend wollten Ludo und Marion kommen, um uns mit dem Hänger abzuholen, damit Vito wieder in seinen gewohnten Stall zurückkonnte.
Doch jetzt musste ich dringend schlafen gehen, die letzten Tage waren anstrengend gewesen. Nachdem ich endlich duschen konnte, fiel ich auch schon in mein Bett und schlief kurz darauf auch schon. Der morgige Tag würde anstrengend werden.
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Moondancer - Pferdemädchen
FanficDie Rache der Milady, Arenashow 2013. Eine Geschichte über Pferde, Trickreiten, Mario Luraschis Cavalcade und einem Mädchen, das nicht ganz so normal ist. Ein unvergesslicher Sommer steht Hanna, 17, bevor. Ihr größter Traum beginnt wahr zu werden, a...