25. Dressurtraining

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Es war später Nachmittag, als wir wieder an der Arena ankamen. Eigentlich wollte Louisa mich gleich nach Hause fahren, aber ich hatte abgelehnt. So saß ich im Schatten von Bolero’s Box und spielte mit ein paar Strohalmen, die am Boden herumlagen. Hier fühlte ich mich am wohlsten. Bei den Pferden, bei der Arena-Crew und beim Europapark. Audrey fegte gerade den Hof. Eine Weile beobachtete ich sie dabei, dann stand ich auf, klopfte mir die klein gerupften Strohhalme von der Hose und machte mich daran, ihr zu helfen.

Doch sie schüttelte den Kopf und scheuchte mich zu Felicitas. Die Augen verdrehend verkrümelte ich mich schließlich zu der Stute, die am Boden ihrer Box lag. Als sie mich sah, rappelte sie sich auf und drohte mir, wie immer, zur Begrüßung. „Das solltest du dir dringend abgewöhnen. Mario findet das nicht lustig, wenn du die Ohren in seiner Anwesenheit anlegst.“, begrüßte ich sie, doch die Stute sah mich nur gleichgültig an. „Mir grad egal. Du solltest nur nie vergessen, was ich von all dem halte.“, konterte sie.

Grinsend halfterte ich sie auf und führte sie in die Arena, die sich gerade leerte. Ich wollte wissen, wie sie auf viele Menschen reagierte. „Hilfe. Hier sind ja noch mehr von euch Menschen!“, knurrte sie entgeistert, wagte aber nicht, sich in meiner Anwesenheit schlecht zu benehmen.

Brav trottete sie hinter mir her, als ich sie Schritt führte. Plötzlich rief jemand meinen Namen. „Hanna?“, fragte eine allzu bekannte Stimme. Ich versteifte mich. Seit wann sahen sich meine Lehrer die Arena Show an. „Komm, Felicitas. Wir müssen hier weg.“, murmelte ich, als die Stimme meiner Physiklehrerin an mein Ohr drang. Ich hatte etwas gegen sie. Und vor allem war sie eine Lehrerin. Die waren eine sehr neugierige Spezies. „Benimmst du dich?“, fragte ich leise und die Kratzbürste nickte widerwillig. Schnell verknotete ich den Strick, dass er als Zügel wirkte und schwang mich auf ihren bloßen Rücken.

„Hanna? Was machst du hier?“, fragte meine Lehrerin noch einmal. „Felicitas. Galopp!“, befahl ich meiner Stute und sie tat wie geheißen. Als ich an ihr vorbeiritt, rief ich grinsend „Reiten!“ und trabte aus der Arena. „So schnell wieder draußen?“, fragte Louisa neugierig, die gerade Rocios Trense reinigte. „Da war jemand, den ich nicht unbedingt sehen wollte.“, erwiderte ich ruhig und führte die braune Stute stattdessen auf dem Hof Schritt.

Danach jagte ich sie im Galopp durch die Arena. Mit der Peitsche in der Hand ließ ich sie das Tempo frei wählen und beobachtete sie grinsend vom Boden aus. Felicitas gefiel es, sich mal wieder richtig auszutoben und all die Energie abzulassen. 10 Minuten preschte sie im vollen Galopp durch den Sand, buckelte, stieg und machte Vollbremsungen. Lächelnd sah ich ihr zu.

Im Anschluss stand sie mit bebenden Flanken einige Meter von mir entfernt und blickte mich aufmerksam an. „Und was jetzt?“, fragte sie, sichtlich ruhiger und lieber als vorhin. „Ein bisschen Schritt und dann trainieren wir ein wenig die einseitige Belastung beim Trickreiten, ok?“ Felicitas nickte und war die restliche Trainingseinheit brav. Wir machten Fortschritte, stellte ich schmunzelnd fest. Ihr Benehmen wurde immer besser.

Anschließend ging ich mit Thorgal, Hidalgo und Rango ein bisschen ins Gelände. Aber ich ritt sie nicht, sondern ließ sie frei um mich herum toben, sodass sie ordentlich Bewegung hatten, ohne dass ich etwas machen musste. Ich wusste, dass sie nicht abhauen würden. Das würden sie sich niemals trauen und sie wussten auch gar nicht, warum sie abhauen sollten. Ihnen gefiel es bei uns. Immer wenn wir an verwunderten Spaziergängern vorbeiliefen, rief ich sie zu mir, weil manche Leute etwas Angst vor den prächtigen Andalusiern hatten.

Nach ungefähr einer und einer halben Stunde liefen wir zurück zur Arena. Mittlerweile dämmerte es schon und ich machte, dass ich nach Hause kam, denn morgen war ja wieder Schule.

Am Nachmittag, nach der Schule am nächsten Tag, besuchte ich Christophe. Dieser sah neugierig von seiner Lektüre auf, als ich zur Tür hineinkam. „Tag.“, begrüßte ich ihn kurz und er lächelte "Hi, Hanna.". „Wann darfst du wieder zu uns?“, fragte ich zuerst. „Morgen. Aber reiten soll ich vorerst nicht. Frühestens nächste Woche mit vielleicht 15 Minuten im Sattel am Tag und dann allmählich steigern. Aber ich kann dir dann wenigstens Rango wieder abnehmen.“, zählte er auf. Sofort schüttelte ich jedoch den Kopf.

Moondancer - PferdemädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt