55. Schmerzende Knöchel tun weh

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Am nächsten Morgen wachte ich, an Vito gekuschelt, auf. Wie immer, nach der Pferdenacht, war ich nackt und mein Haar glänzte silbern. Als ich mich ein wenig bewegte, fuhr ein stechender Schmerz in meinen rechten Knöchel und ich warf einen Blick an meinem Bein hinunter. Hoppla, dachte ich, als ich den riesigen blau-lila Fleck auf besagter Stelle entdeckte. Zudem war das ganze ziemlich dick angeschwollen und belasten konnte ich es auch kaum. Umständlich richtete ich mich ein wenig auf und zog mich an den Gitterstäben hoch. Anschließend humpelte ich in die Umkleidekabine, um mir meine Kleidung wieder anzuziehen.

Dann setzte ich mich wieder zu Vito und beobachtete ihn, wie er langsam aufwachte. Müde blinzelte er und schlug dann die Augen auf. Sein Blick fiel auf mich und ich lächelte. "Guten Morgen, Hanna.", meinte er und rappelte sich auf. "Hast du silberne Haare?", fragte er plötzlich und sah mich merkwürdig an. "Ja, die sind noch von heute Nacht übrig geblieben.", erklärte ich und seine Augen wurden größer. "Dann bist du ja wirklich ein Pferd. Es war gar kein Traum!", sagte er verwundert. Lachend strich ich ihm über die Stirn. "Was meinst du, warum ich mit euch reden kann?". "Ich hatte es noch nicht so richtig geglaubt, ich wollte es erst mit eigenen Augen sehen.", gab er nachdenklich zurück. "Jetzt hast du es ja gesehen.", lächelte ich, aber Vito wurde schlagartig ernst. "Dann ist das mit dem Sturz ja auch passiert!", rief er entsetzt. "Sieht so aus.", murmelte ich und zeigte ihm mein Fuß. "Oh.", machte Vito nur.

Da kam Marion, sie warf einen Blick in die Box und schüttelte lachend ihre langen Haare. "Wusste ich doch, dass ich dich hier finde! Wie geht's deinem Fuß?", fragte sie sofort. "Ich würde sagen er ist blau, angeschwollen und tut weh. Also allen im allen eigentlich ganz gut.", meinte ich sarkastisch und Marion grinste. "Komm, wir gehen zum Arzt.", schlug sie vor, wobei es mehr wie ein Befehl klang. Seufzend zog ich mich an den Gitterstäben der Box hoch und verabschiedete mich von Vito mit einem kurzen Kuss auf die samtweiche Nase.

Kurz darauf saßen wir beim Arzt, der meinte, mein Knöchel wäre angerissen. Aber gebrochen nicht ganz. Zum Glück fragte er nicht, wie es passiert war. Er verschrieb mir eine Schiene und ich sollte mein Bein auf jeden Fall schonen. Als ich erwähnte, das ich sehr viel mit reiten zu tun hatte, verschrieb er mir auch noch eine Woche Reitverbot. Na super. Aber ich kannte mich zu gut. Drei Tage, das wusste ich, würde ich maximal aushalten ohne auf dem Rücken von irgendeinem Pferd zu sitzen. Ich konnte ja ohne Sattel reiten, da wurde mein Knöchel auch nicht so sehr belastet.

Etwas später waren wir dann wieder in der Arena. Als ich Vito erzählte, dass ich nicht reiten durfte, stimmte ihn das ebenfalls ein wenig traurig, was mich überraschte. Normalerweise freuten sich die Pferde ja, wenn sie frei hatten und nicht noch jemanden durch die Gegend tragen mussten.

Da ich nichts Besseres zu tun hatte, beschäftigte ich mich mit dem Flechten der langen Mähnen einiger Pferde. Dabei saß ich auf den Boxentüren, um meinen Knöchel nicht zu belasten. Fast alle Pferde hier trugen ihre Mähne mindestens bis zum Halsende. Es waren ja alles Hengste und Ludo meinte so schön: "Man solle den Pferden ihre Haarpracht ja nicht nehmen!". Auch wenn ich der Ansicht war, für Stuntpferde seien lange Mähnen ziemlich unpraktisch. Immerhin könnten sie sich damit irgendwo verhaken, hängen bleiben oder bei Feuerstunts könnte sogar die ganze Mähne anbrennen! Aber genau um so etwas zu verhindern, flocht ich mit viel Liebe, zumindest versuchte ich einigermaßen sanft zu sein, nun die Mähne von Talo. Allerdings war ich kein großer Künstler und die Zöpfe sahen nachher mehr schlecht als recht aus.

Audrey, die das eigentlich am liebsten machte, stand zufälligerweise in meiner Nähe und kicherte. "Ich glaube, das musst du noch üben!", grinste sie und kam zu mir. Dann machte sie einige Zöpfe nochmal auf und versuchte zu retten, was noch zu retten war. Sie machte das außerdem in der dreifachen Geschwindigkeit wie ich. Neidisch sah ich ihr dabei zu. Warum konnte sie das nur so gut?

Moondancer - PferdemädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt