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Als ich heute morgen aufwachte scheint mir die Sonne ins Gesicht. Ich blinzelte einige Male um richtig wach zu werden. Eigentlich würde ich mich freuen, wenn draußen die Sonne schien und ich so geweckt wurde, doch ich erinnerte mich an den Tag, der heute war.

Traurig stand ich auf und machte mich fertig. Ich frühstückte etwas und ging wieder hinauf in mein Zimmer. Dort holte ich mein schwarzes, knielanges Knie aus dem Schrank und zog es an. Meine Haare band ich nur zu einem Pferdeschwanz zusammen. Ich verließ das Haus und fuhr eine halbe Stunde, bis ich mein Ziel erreichte.

Die grüne Wiese schimmerte heute durch die strahlende Sonne besonders. Es hauchte diesem traurigen und emotionslosen Ort etwas Fröhlichkeit ein. Ich sah einige Personen, die langsam den Kieselweg entlang gingen. Ein Paar hielt sich an den Händen. In einer anderen Richtung sah ich eine alte Frau mit einem Gehstock.
Immer wenn ich hier fragte ich mich, was wohl die Geschichten hinter den Leuten sind. Warum waren sie hier? Wegen wem? Und wieso ist es so gekommen, wie es gekommen war?

Und schließlich kam auch ich da an, wo ich hinwollte. Ich blieb stumm davor stehen und starrte den hellen Stein vor mir an. Darauf ein Name und ein Datum. Darunter stand noch ein kleiner Spruch. Ich legte die Blumen, die ich mitgebracht hatte. Dann setzte ich mich im Schneidersitz hin und sagte leise: "Hey Grandpa, ich bin's.".

Heute war Grandpa's zweiter Todestag. Ich kam öfters hier auf den Friedhof um mit ihm zu reden. Ich erzählte ihm, was bei mir so los war. Auch wenn ich wusste, dass ich niemals eine Antwort bekäme, tat es gut. Hier konnte ich Sachen loswerden, die ich sonst vielleicht nicht laut aussprechen würde.

"Ich vermisse dich echt total. Aber das sage ich ja jedes Mal. Naja, ich hoffe dir geht es ziemlich gut, wo auch immer du gerade bist...", sagte ich leise. Ich spielte mit dem weichen Gras und ließ es durch meine Finger gleiten.

"Ich wünschte du könntest mir jetzt einen guten Rat geben, denn ich brauche einen.", begann ich und fing an ihm zu erzählen, was wieder so bei mir los war.
"Seit ich das letzte Mal mit Ashton geredet habe und Calum uns unterbrochen hat, hat sich Ashton nur wenig gemeldet. Ich weiß nicht warum, aber ich denke es hat etwas mit der Sache zu tun, die Calum gesagt hat. Er hat ja jetzt eine andere. Ein Model. Eine echt Schönheit...aber weißt du was? So viele Fans schreiben mir täglich, dass sie mich und Calum zurück wollen, also als Paar. Sie meinen, er sehe nicht so glücklich aus wie in der Zeit, als er mit mir zusammen war. Doch das ist doch total verrückt! Wenn er nicht glücklich wäre, dann hätte er nicht dieses Modell...aber ich kann ihn nicht vergessen...so sehr wie ich mich auch anstrenge, es geht nicht. Ich wache mitten in der Nacht auf und denke, er wäre da. In der Uni sehe ich fremde Typen, die mich an ihn erinnern. Ich habe das Gefühl in einer riesigen Menschenmenge seine Stimme in meinem Ohr zu hören, wenn er in Wirklichkeit tausende Kilometer weit entfernt ist."

Dann schwieg ich eine Weile. Ich versuchte mich wieder etwas zu beruhigen. "Kannst du da nicht irgendwas machen? Mir vielleicht jemanden schicken, der mich Calum endlich vergessen lässt? Das ich endlich über ihn hinweg komme. Ich will endlich wieder glücklich sein Grandpa..."

Die nächsten Minuten verbrachte ich schweigend. Irgendwann beschloss ich mich von Grandpa zu verabschieden und den Friedhof wieder zu verlassen. Ich machte mich auf den Weg nach Hause und verbrachte den Tag auf der Couch. Da es Grandpa's Todestag war, war es natürlich klar, dass ich mehr als nur einmal einen emotionalen Zusammenbruch hatte. Ich vermisste ihn einfach so sehr und es war selbst nach 2 Jahren immer noch unrealistisch für mich, dass er nicht mehr da war.

Irgendwann am Abend saß ich draußen im Garten unter unserer großen Eiche und genoss die letzten warmen Sommernächte. Mein Dad kam zu mir und setzte sich neben mich. Ich sah ihn an. "Geht's dir gut?", fragte er. Ich dachte kurz über seine Frage nach. Dann schüttelte ich stumm den Kopf. "Nein.", sagte ich leise. Dad nahm mich in den Arm und umarmte mich fest. "Es tut mir leid Bella.", sagte er. "Mir auch.", gab ich zurück.

"Ich...ich habe gerade einen Anruf erhalten. Ich muss bald wieder auf Geschäftsreise.", fing er leise an. Ich sah ihn traurig an. "Wohin?". "New York.", sagte er. Ich nickte. Wow, New York. Das war ja anscheinend etwas Großes! Und ich gönnte es meinem Dad auch, aber es bedeutete das er eine ganze Weile nicht da sein würde. Ich würde hier alleine in diesem großen Haus zurückbleiben. Es war einfach nicht mehr dasselbe, seit Jay ausgezogen ist. "Wie lange?", ich biss mir nervös auf der Unterlippe herum. "Nur 10 Tage.", er lächelte mich aufmunternd an, aber das half mir gerade auch nicht. Doch dann fügte er hinzu: "Aber ich mache erst in einer Woche los.". Ich nickte.

Dann lehnte ich mich wieder zurück an den Baumstamm und schaute wieder hinauf in den Himmel und sah die Sterne an. Ich wollte jetzt einfach etwas alleine sein. Dad schien meine Gedanken zu lesen, denn er stand auf und ging. Doch an der Terassentür blieb er stehen. "Hey Bella...", sagte er. Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und wartete darauf, was er sagen wollte. Er kam wieder auf mich zu.
"Ich weiß, wie schlecht es dir gerade wegen der Sache mit Calum geht...aber...hier.", dann holte er einen Briefumschlag aus seiner Hosentasche. "Was ist das?", fragte ich als ich ihn entgegennahm. "Das war heute im Briefkasten. Ich wollte ihn dir erst nicht geben, aber das wäre nicht fair dir gegenüber.", sagte er.

Erst jetzt betrachtete ich den Brief etwas genauer. Er war an mich adressiert. Auf der Rückseite stand "vom größten Blödmann aller Zeiten".
Es zog mir den Magen zusammen, als ich die Handschrift erkannte.

Ich schaute zu Dad und sah ihn hilfesuchend an. Ich wusste nicht, ob ich dafür bereit war. "Soll ich hier bleiben?", fragte er vorsichtig nach. Ich sah den Brief wieder an. "...nein. Das muss ich jetzt alleine durchstehen. Aber danke.", gab ich zurück. "Ich bin drin, wenn du mich brauchst.", ich nickte. Dann ging er ins Haus und ließ mich allein.

Allein mit einem Brief von niemand anderem als Calum...

» English Love Affair « {C.H.} Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt