Kapitel 16-Und am Ende liegt...

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A/N: nur eine kleine Empfehlung meinerseits, aber die Stimmung das Kapitels kommt besser rüber, wenn man sich die Musikbox Version von ''Love Me, Love Me, Love Me'' dabei anhört. (Also so ging es mir auf jedenfall) Link: https://www.youtube.com/watch?v=QAYLVgI77vg

\\text\\ = Yuuris innere Stimme

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Diese Situation kam mir so bekannt vor. Noch vor ein paar Wochen war mir das Gleiche mit Viktor passiert. Noch vor ein paar Wochen war ich aus der Schule geflohen und hätte mich am Liebsten unter der Erdoberfläche versteckt, bis alle mich vergessen hätten. Noch vor ein paar Wochen war ich vor allen Leuten geflohen, die ihre Augen und Worte auf mich gerichtet hatten.

Aber es war seltsam. Das letzte Mal war ich gerannt, also warum tat ich es jetzt nicht? Ich war nachhause gerannt, als wäre der Tod hinter mir her gewesen. Aber jetzt... lief ich. Und zwar ganz entspannt. Der Horror fühlte sich mir näher an als je zuvor in den vergangenen Jahren. Also warum? War ich nicht auf der Flucht? Oder versuchte ich vor etwas wegzulaufen, das ich nicht loswerden konnte? War es das gewesen? Ich wusste es nicht, ich wusste es einfach nicht.

Ich setzte meinen Weg, ein Fuß nach dem anderen, fort. Nur war die Frage, wohin eigentlich? Mein leerer Blick stierte weit in die Ferne. So, als ob vor mir nichts weiter als ein langer, langer Weg liegen würde. Jedenfalls nahm ich an, dass er leer aussah. Ob er nun in Wirklichkeit Wut, Trauer, oder vielleicht auch Glück ausdrückte, wusste ich nicht und ich wollte es auch nicht wirklich wissen. Denn so fühlte ich mich: leer. In meinem Inneren tobte währenddessen erneut ein Gemetzel der Gefühle. Jedoch viel intensiver und schmerzhafter als zuvor. Es fühlte sich an wie... ja, ungefähr wie eine Schale. Eine in der ich mittendrin stand. Ob sie nun riesig war, oder ich klitzeklein, wusste ich nicht, aber von oben prasselten mit einem Schlag alle meine Emotionen verbunden mit den Erinnerungen, von denen sie ausgelöst wurden, auf mich ein. In jeder schmerzhaften, unangenehmen, oder auch erniedrigenden Erinnerung sah ich mich im Mittelpunkt. Ich, wie ich bei etwas versagte. Ich, wie ich fiel. Ich, wie ich von anderen niedergemacht wurde. Immer und immer wieder. Doch genauso sah ich auch in jeder angenehmen, wohlfühlenden und warmen Erinnerung lange, silberne Haare, eine samtige Haut, strahlende Augen und eine sanfte Stimme, die mich in den letzten paar Wochen begleitet hatte. Ich sah diese Person, wie sie zu mir sagte, dass sie mit mir befreundet sein wolle. Ich sah diese Person, wie sie mir an einem tiefen Tisch in einem kleinen Zimmer half, mein Englisch zu verbessern. Ich sah diese Person, wie sie mir immer und immer wieder ihre Nähe und Wärme schenkte. Ich sah diese eine und einzige Person, in der Gestalt von Viktor Nikiforov.

Und wieder wurde mir ein Stich versetzt. So, als ob jemand mich in eiskaltes Wasser geschubst hätte. Genauso stach der Schmerz in meiner Brust, während ein unangenehmes Bild in meinen Kopf kroch. Mein Geburtstag, der dunkelblaue Schal und Viktors Gefühle und Gedanken, die er in dieses an mich gerichtete Geschenk gesteckt hatte. Al das wurde wortwörtlich die Toilette herunter gespült. Schon wieder hatte ich jemandes Gefühle verletzt. Weil ich nicht drauf Acht gegeben hatte. Weil ich sie nicht zu schätzen wusste. Weil... \\Weil du dich auf jemanden eingelassen hast.\\ Meldete sich die Stimme in meinem Kopf. Die Stimme, die zu meinem schwachen ich gehörte und mich abermals vor dem, was jetzt gerade passierte gewarnt hatte. Dieses Mal versuchte ich jedoch nicht ihr zu widersprechen, denn ich wusste, dass sie recht hatte.

Der Boden unter mir änderte seine Textur. Aus festem Stein wurde plötzlich etwas pulvriges, etwas, was mich in ihm und meine Füße in Kälte versinken ließ. Meine Schritte wurden schleppender. Ein sanftes und gleichzeitig quälendes Rauschen stieg in meine Ohren. Es war für mich praktisch mein Leben lang wie ein Wiegenlied gewesen. Damals hätte es das letzte Mal seien sollen, dass ich es gehört hatte. Doch dem war nicht so gewesen und jetzt war ich schlussendlich erneut hier gelandet. \\Ist es wirklich das, was du willst?\\ schallte es durch meinen Kopf. Wieder wurden meine Schritte schwerer. Meine Schuhe füllten sich mit eiskaltem Wasser und mit jedem Schritt musste ich sie aus dem Schlamm ziehen. Mit jedem Schritt versank ich weiter im Wasser. \\Und was ist mit Viktor?\\ Ich hielt inne. ,,Viktor...'' lief es mir über die Lippen.

Die ganze Zeit lang hatte ich meine Distanz zu anderen bewahrt, vorgegeben, dass sie mich nicht interessierten. Doch das war nicht wirklich wahr gewesen. Das hatte ich erkannt, sobald Viktor sich mit mir angefreundet hatte. Die Geister der Vergangenheit schienen mich immer noch zu verfolgen. Und diese Geister waren nicht J.J., sondern meine eigenen Schwächen und Ängste, die mich seit jenem Tag verfolgten. Anstatt, das ich an niemandem interessiert war, war es nicht eher so gewesen, dass ich Angst hatte nochmal verletzt zu werden? War ich nicht aus diesem Grund so passiv gegenüber anderen? Weil ich ein Egoist war? Trotz dessen hatte ich mich auf Viktor eingelassen und... es nicht bereut.

Zwar konnte ich nicht sagen warum, aber er strahlte eine gewisse Sicherheit aus. Bei ihm fühlte ich mich geborgen und seine Nähe beruhigte mich. Er war einfach besonders. Und da war es wieder, das warme Gefühl in meiner Brust, immer wenn ich an ihn dachte. \\Willst du wirklich aufgeben?\\ Aufgeben? Wollte ich das? Mein damaliges ich bestimmt. Aber was war mit meinem jetzigen ich? Wollte ich wirklich alles wegwerfen was ich hatte? Nein, ich glaube...eher nicht. Das, was ich wirklich wollte, war-

,,Yuuri, tu es nicht!" Noch bevor ich reagieren konnte, holte mich etwas von den Beinen und mein gesamter Körper tauchte für ein paar Sekunden Unterwasser. Die plötzliche Kälte riss mich aus meinem innerem Konflikt und ich fühlte mich wacher als je zuvor. Mit einem Ruck wurde ich wieder an die Oberfläche gezogen und spürte, wie sich etwas zitterndes an mich presste. Fest umschlungen hielt mich die Person, von der ich wusste wer es war, ohne überhaupt hingucken zu müssen, im Arm und schluchzte wie ein Kind vor sich hin. ,,Du Idiot! Wie kannst du mir das nur antun?! Ich... ich dachte ich würde dich dieses mal wirklich verlieren!'' Ein paar einzelne Tränen fing jetzt auch bei mir an über die Wangen zu laufen, während ich meine Arme tröstend um die andere Person schlang. ,,Es tut mir leid. Es tut mir wirklich, wirklich leid.''

Nach ein bis zwei Minuten begaben wir uns aus dem Wasser und saßen uns auf eine nah gelegene Bank am Strand.

Während ich von oben bis unten nass war, hatte Viktor nur knietief im Wasser gehockt. Als er mir seinen Kapuzenpulli reichte, drunter trug er noch einen anderen Pulli, nahm ich ihn dankend an und wechselte ihn gegen meinen komplett nassen Pulli aus, damit ich mich nicht erkältete. Wir saßen für eine ganze Weile schweigend da, mit nichts zwischen uns außer dem Wissen meinerseits, dass ich ihm erzählen musste, warum ich so war, wie ich.. nun ja, eben war. Aber das war leichter gesagt als getan, denn ich hatte keine Idee, wie ich in solch einer Situation ein Gespräch anfangen sollte. Doch irgendwie musste ich ja anfangen, also holte ich einmal tief Luft und: ,,Viktor,'', fing ich an. ,, es gibt da etwas, was ich dir erzählen muss.'' Ich wartete auf eine Antwort von ihm, aber wieder herrschte Stille. ,,Wenn dir..'' Kam es nach ein paar Momenten aus seinem Mund. Ich drehte meinen Kopf zu ihm hin. Seine Augen waren rot geschwollen und er sah ziemlich erschöpft aus. War das etwa meinetwegen gewesen? ,,Wenn es dir unangenehm ist, zwing dich nicht dazu.'' Doch ich schüttelte nur meinen Kopf. ,,Nein, ich denke wirklich, dass ich dir davon erzählen muss. Zur Hälfte, weil ich denke, dass ich dir eine Erklärung schuldig bin, und auch, weil ich will, dass du davon erfährst.'' Er nickte still und bevor ich anfing zu erzählen, machte ich meinen Hals zum Erzählen frei.

,,Und zwar geht es um etwas, was in meiner Grundschulzeit passiert ist.''

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A/N: Ahh, endlich das Kapitel, auf das ich solange drauf hin gefiebert habe es zu schreiben. Ich hoffe echt, dass es mir gut gelungen ist, Yuuris Gefühle und Aktionen so zu übermitteln, wie ich sie mir vorgestellt habe. Und dann, UND DANN! kommt im nächsten Kapitel endlich Yuuris kleine aber traurige Geschichte raus. Edit: Ups, eigentlich wäre das Kapitel schon gestern draußen gewesen, aber gerade habe ich gesehen das da irwas nicht geklappt hat. Also nochmal xD Jup jup. Bis zum nächsten Mal, eure FujoshiTrash🗑💕

Yūri! in SchoolWo Geschichten leben. Entdecke jetzt