Kapitel 19- Auf dem Eis

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Den ganzen Weg lang zu mir nachhause, fühlte ich mich wie bei einer Höllenfahrt. Nicht ein einziges Mal hatte ich es geschafft, Viktor anzusehen. Mein Blick war die ganze Zeit richtig Boden gerichtet gewesen und wenn Viktor mich mal irgendwo berührt hatte, wurde mein Herz noch unruhiger. Vielleicht reagierte ich aufgrund meines selbst diagnostiziertem Fiebers selbst auf einfache Berührungen sensibel. Das Einzige, was an dieser Situation an Vorteil war, war, dass Viktor ununterbrochen am Erzählen war und mein merkwürdiges Verhalten so nicht mitbekam. Aber bildete ich mir das etwa nur ein, oder war er heute ungewöhnlich fröhlich? Nicht, dass es mich störte, denn wenn Viktor glücklich war, machte es mich auch glücklich, aber er wirkte ein bisschen aufgedrehter als sonst. Was auch immer es war, im Moment half es mir sehr. Zuhause angekommen, bat ich Viktor für einen kurzen Moment in der Halle auf mich zu warten, während ich meine Schlittschuhe holte. Um ihn nicht zulange warten zu lassen, legte ich schnell meine Schultasche auf meinen Schreibtisch, schnappte mir meine Sportasche, in der sich bereits meine Ausrüstung befand und wusch mir im Badezimmer noch einmal schnell das Gesicht, bevor ich mich dann schließlich mit Viktor auf den Weg begab. Tatsächlich fühlte ich mich jetzt schon ein bisschen ruhiger. Zwar immer noch nicht ruhig genug, um ihn anzusehen, aber wenigstens war meine Aufmerksamkeit jetzt bei Viktor, anstatt bei meinen Gedanken. ,,Also Yuuri, seit wann machst du denn überhaupt Eiskunstlauf?'' fragte er mich mit einem beschwingten Unterton in der Stimme. ,,Ähm, wenn ich so nachdenke, vielleicht seit ungefähr ein eineinhalb Jahren?'' Antwortete ich ihm, immer noch nicht in der Lage, ihn anzuschauen. Er stieß ein langes 'hmm' aus, dass einigermaßen nach einem 'Ach, so ist das also.' klang. ,,Und warum hast du erst so spät damit angefangen?'' Ich warf ihm instinktiv einen fragenden Blick zu, aber sobald sich unsere Blicke kreuzten, schoss mir wieder das Blut in die Wangen, weswegen ich ihn schnell wieder abwendete und ihn stattdessen fragte, was er damit meinte. ,,Naja, du meintest ja, dass du wegen diesem Jungen angefangen hast, Eiskunst zu laufen, aber trotzdem hast du drei Jahre lang gewartet, um damit angefangen.'' ,,Sch-schon, stimmt. Wenn du das jetzt so sagst, fällt mir auf, dass ich noch nie so wirklich darüber nachgedacht habe. Naja, ich denke ich habe einfach meine Zeit gebraucht.'' Nach dieser Unterhaltung fragte mich Viktor den ganzen Weg über nichts mehr, was aber nicht weiter schlimm war, denn zeitnah erreichten wir das Eis Castle.

Da Viktor ein Freund war und mir beim Training zusehen wollte, musste er keinen Eintritt bezahlen. Die Dame an der Rezeption bot ihm trotzdem Schlittschuhe an, falls er doch aufs Eis wolle, doch er lehnte mit einem Lächeln ab. Wir begaben uns schnell in die Umkleide, wo ich mich umzog, meine Schlittschuhe richtig fest zog und meine Sachen in den Spind legte. Viktor war die ganze Zeit über still, folgte mir jedoch, als wir uns an den Ring begaben. ,,Wenn du willst, kannst du dich auf einen der Sitzplätze setzten oder dich auch direkt an den Ring stellen.'' Bot ich ihm an, aber trotzdem überkam mich ein mulmiges Gefühl. ,,Viktor, tut mir leid, dass du extra mit kommst und ich dich jetzt so hier alleine lasse.'' Obwohl es von ihm aus kam, mich zu begleiten, ja, er sich mir wortwörtlich aufgedrängt hatte, hatte ich ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber. ,,Ah, Yuuri, jetzt zieh doch nicht so ein Gesicht. Es war doch schließlich ich, der mitkommen wollte und außerdem werde ich mich nicht langweilen.'', er verwuschelte wieder meine Haare. ,,Immerhin kann ich dir die ganze Zeit zugucken. Ich freue mich schon darauf, dich laufen zu sehen.'' Meine Wangen wurden wieder einmal ohne Vorwarnung rot. Zum Glück schaute ich Viktor nicht ins Gesicht, so konnte er es auch nicht bemerken. ,,Hey, Katsudon, du stehst mir im Weg.'' Meldete sich eine mir bekannte Stimme von hinten. Mit einer Ahnung zu wem sie gehörte, drehte ich mich um und es stand tatsächlich Yurio hinter mir. ,,A-Ah, sorry.'' Ich trat einen Schritt zur Seite um ihm Platz zu machen. ,,Yuri, jetzt sei doch nicht immer so ruppig.'' Otabek schloss sich ihm an und ermahnte ihn mit seiner, wie immer, ruhigen Stimme. ,,Ts, wie auch immer.'' Yurios stechender Blick wanderte plötzlich von mir auf Viktor. ,,Und wer ist das da? Den habe ich hier noch nie gesehen.'' ,,Ah, d-das ist Viktor. Er ist-'' Ich war gerade dabei Viktor vorzustellen, da unterbrach mich gerade dieser und griff nach Yurios und Otabeks Händen. Ich ahnte schon, was als nächstes kommen würde. ,,Hallo, nett euch kennenzulernen. Ich bin Viktor, ein Freund von Yuuri.'' Stellte er sich vor und schüttelte ihnen dabei, wie erwartet, wild die Hände. ,,W-Was ist das denn für ein Typ?'' ,,Haha, auch nett dich kennenzulernen.'' Und wie immer waren die Antworten der Beiden das genaue Gegenteil von einander.  Yurios Blick wanderte erneut, so, als ob er etwas vergleichen würde, zwischen Viktor und mir her, um blieb dann plötzlich nur an meinem Gesicht hängen, um mich intensiv anzustarren. Das war die eine Sache an Yurio, die mich immer total erschöpfte. ,,Hey, sag mal Katsudon.'', sprach er mich an. ,, Bist du gegen eine Tür geknallt oder warum ist dein Gesicht so rot wie ne Tomate?'' Bei diesen Worten wurde ich automatisch noch röter. ,,Yuri ist rot?'' Fragte Viktor nach. ,,W-Wie auch immer. I-i-ich gehe mich jetzt aufwärmen.'' Brachte ich, ein bisschen stotternd, heraus und glitt aufs Eis, bevor Viktor oder irgendjemand anders auf Yurios Bemerkung eingehen konnte.

Yūri! in SchoolWo Geschichten leben. Entdecke jetzt