Kapitel 28- Geschenk

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,,Morgen, Viktor." Ich tippte seine Schulter an, als ich ihn auf dem Weg zur Schule sah.
,,Morgen, Yuuri. Ist was Gutes passiert? Du siehst heute ungewöhnlich glücklich aus." Natürlich bemerkte Viktor es sofort.
,,Hmm," , ich spielte mit dem Gedanken, ihm wenigstens etwas zu Erzählen. ,,vielleicht ja, vielleicht aber auch nicht. Wer weiß." Aber entschied mich doch dazu, es ihm nicht zu erzählen. Immerhin ging es schließlich um ihn und mit der Zeit hatte ich bemerkt, dass Viktor, genauso wie ich, aber trotzdem nicht im gleichen Maße, dazu neigte, sich über etwas banales Gedanken zu machen.
,,Komm schon Yuuri, immerhin hast du damit angefangen." Wir diskutierten ein bisschen hin und her. Ehrlich gesagt mochte ich es, wenn auch nur ein bisschen, Viktor zu necken. Dass ließ ich ihn aber nicht wissen.
,,Wenn du es mir nicht sagen willst, dann sag ich dir eben, was ich dir sagen wollte." Noch ein Punkt, den ich beobachtet hatte. Er neigte dazu ziemlich schnell aufzugeben, was solche Sachen anging und schmollte danach immer ein wenig.
,,Ach komm, Viktor, jetzt schmoll doch nicht. Auch wenn es ziemlich niedlich aussieht." Ugh, das hätte ich mir lieber verkneifen sollen. Ihm an diesen Punkt zu sagen, dass ich ihn in irgendeiner Weise niedlich fand, war für mich nichts Großes. Aber Viktor auf der Anderen Seite schien es ziemlich zu verwirren. Ich wusste es, er nicht. Dass ich ihn liebte, war damit gemeint. Vorgebend, dass er noch beleidigt war, gab er ein ,,Wenn du meinst.~" Von sich und drehte seinen Kopf von mir weg. Aber auch wenn er versuchte, es zu verstecken, konnte ich sehen, dass er jetzt mindestens genauso breit grinste wie ich. Es war niedlich, schmerzte aber im gleichen Moment ein bisschen. Immerhin versuchte er es nur zu verstecken, um mich nicht zu verschrecken. Ich seufzte und versuchte, ein Anderes Thema aufzubringen.
,,Du wolltest mir was sagen?" Und er spring drauf an.
,,Achso, ja. Du hast heute nach der Schule kein Training, oder? Wenn nein, willst du dann zu mir rüber kommen? Ich wollte dir etwas geben." Ich schüttelte den Kopf.
,,Nein, ich hab nachher Zeit. Klar komme ich rüber." Viktors Arme schwangen in die Luft.
,,Gut, dann treffen wir uns wie immer vor dem Schultor. Ich warte auf dich, immerhin bist du ziemlich langsam, Yuuri." Er lachte und ich stoß ihn leicht mit der Schulter an. Erst kürzlich war mir klar geworden, wie sehr es zu meinem Alltag geworden war, Viktor lachen zu hören.

In Viktors Wohnung sah alles noch genauso gleich aus, wie beim ersten Mal, als ich ihn besucht hatte. Alles stand an Ort und Stelle. Damals war ich zum Lernen hergekommen. Viktor hatte mir in kürzester Zeit Englisch beigebracht, besser als die Schule in den vergangenen Jahren, und jetzt konnte ich sogar eine angenehme Unterhaltung führen. Wenn es darum ging mich vorzustellen. Und die Grenzen von "Hallo, wie geht es dir und wo kommst du her?" nicht überschritten wurden. Na gut, so gut war mein Englisch zwar immer noch nicht, aber wenigstens konnte ich mich dank Viktor jetzt fließend vorstellen. Und das würde überaus nützlich sein, wenn ich Japan irgendwann mal verlassen sollte.
Den Großteil seiner Zeit schien Viktor hier immer noch alleine zu leben. Er hatte mir mal erzählt, dass seine Oma viel im Land herumreiste und deswegen selten Zuhause war. Wahrscheinlich war das auch der Grund, warum ich sie nicht kannte, obwohl ich mein Leben lang in dem vergleichsweise kleinen Hasetsu gelebt hatte. Ich setzte mich unter den Kotatsu in Viktors Wohnzimmer und schälte mir eine Orange, während Viktor Tee machte. Eigentlich hatte ich gemeint, dass er sich nicht extra die Mühe machen musste, aber er wollte unbedingt "den japanischen Ritualen" folgen. Also wartete ich währenddessen und sah mich um. Vor mir stand ein kleiner Fernseher, nicht zu groß und nicht zu klein, nicht zu nah und nicht zu weit weg. Darüber hing ein Brett in der Wand, auf der sich Bilder von einem braunen, ziemlich süßen Hund und einer etwas älteren Dame mit einem kleinen Jungen befanden. Wahrscheinlich, sogar ziemlich wahrscheinlich, waren das Viktor und seine Oma, als er noch ein Kind war. Wie ironisch, dass mir dieses Bild erst jetzt auffiel. Hätte ich es früher, als ich zu Viktor zum Lernen kam, entdeckt, was wäre dann passiert? Wahrscheinlich wären die Dinge jetzt nicht so, wie sie es sind. Aber mal von der Frage abgesehen, ob ich ihn überhaupt als diesen kleinen Jungen erkannte hätte, war ich eh nie wirklich im Wohnzimmer gewesen, also hätte ich es auch nie sehen können.
,,Entschuldigung, dass du warten musstest." Viktor kam mit einem Tablett, auf dem zwei Teetassen und eine Teekanne aus Gusseisen standen, ins Zimmer. Er goss erst mir und dann sich Tee ein.
,,Danke." Nuschelte ich, während ich anfing, an meinem Tee zu nippen. Es war draußen mittlerweile schon ziemlich kalt geworden und der Tee wärmte mich von Innen heraus auf. Ich nahm noch ein paar Schlückchen.
,,Also Viktor, was wolltest du mir sagen?"
Er grinste und deutete mir, meine Augen zu schließen, was ich auch tat. Seine Schritte hallten im Raum und wurden leiser, bis sie dann nach ein paar Sekunden wieder präsenter wurden. Wahrscheinlich war er in einem anderen Raum gewesen. Ich spürte, wie er hinter mir stand und sich zu mir runter beugte. Und im selben Moment erschreckte ich mich ein wenig, als ich etwas warmes und flauschiges um meinen Hals herum spürte.
,,Tadaa, jetzt darfst du deinen Augen wieder öffnen."
Erst fielen meine Augen auf Viktor, der sich wieder gegenüber von mir hingesetzt hatte, und dann runter.
,,Das ist doch..." Nichts anderes, außer einen Schal, hatte mir mein Gegenüber um den Hals gewickelt. Er war grün und mit einem Schlitten samt Weihnachtsmann, Rentieren und vor allem Geschenken geschmückt.
,,Ich wollte ihn dir schon früher geben, zum Nikolaus. Aber, naja, da hatten wir ja eben verminderten Kontakt." Ein schwaches Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Das war gar nicht solange her gewesen, aber durch die ganze Euphorie in den letzten Tagen, hatte ich das ganz verdrängt. Ich war nur ein paar Tage ohne Viktor gewesen, aber es hatte sich schrecklich angefühlt.
,,Und er soll gleichzeitig ein Ausgleich für den anderen Schal sein. Den, der wegen Jean-Jacques..." Er schüttelte vehement seinen Kopf. Anscheinend dachten wir beide nicht gerne an dieses Vorfall. Bis heute hatte ich nicht herausfinden können, was er zu J.J. Gesagt hatte, damit dieser mich in Ruhe ließ.
,,Sorry, dass es nicht der gleiche ist. Sie hatten den nicht mehr auf Lager. Ich hoffe er gefällt dir trotzdem."
Ich kuschelte mich in den Schal hinein, er roch nach Viktor. Eine angenehme Mischung aus seinem Körpergeruch und den Geruch, der mir bei seinen Haaren, als sie noch lang waren, in die Nase gekrochen war.
,,Natürlich gefällt er mir, und vielen dank. Wenn ich ehrlich bin, habe ich auch eins für dich." Gab ich schüchtern zurück. Aus meiner Tasche kramte ich eine runde Schneekugel aus Glas. Im inneren befand sich eine Eisfläche, umringt von ein paar Häusern, auf der ein Schneemann Schlittschuh fuhr. Es war eine dieser Art, die man schütteln konnte und es dann schneite. Seitdem ich sie für Viktor gekauft hatte, hatte ich sie immer mit mir herumgetragen, in der Hoffnung, sie Viktor irgendwann geben zu können. Bis jetzt hatte ich nicht den richtigen Moment dafür gefunden, aber Viktor war mir erneut zuvor gekommen. Ich hielt sie ihm mit offenen Händen hin, er nahm sie behutsam zu sich und betrachtete sie.
,,Wow, Yuuri, sie ist wunderschön." Seine Augen glitzerten. Anscheinend gefiel sie ihm.
,,Ach ja, Viktor, bevor ich es vergesse. Ich wollte dich etwas Wichtiges fragen." Er linste von der Kugel hoch.

Endlich war es so weit. Ich hatte mich vorbereitet, aber ich war trotzdem aufgeregt. Noch ein letztes Mal stretchen und dann würde auch schon ich dran sein. Mein Herz schlug mir bis hinauf in den Hals. Phichit schlug mir freundschaftlich auf den Rücken und flüsterte mir zu, dass ich mich entspannen sollte. Wahrscheinlich hatte er Recht.
,,Und nun kommt unser nächster Auftritt. Seine Kür trägt den gleichen Namen wie die dazugehörige Musik. Nun läuft für uns Yuuri Katsuki mit seiner Kür Yuuri! in school." Es ging los, dass Eis gehörte mir.

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A/N: Das nächste Kapitel veröffentliche ich am 25.12 und es wird das letzte sein. Ich bedanke mich schonmal im Vorraus bei allen, die bis hierher mitgelesen habe und wünsche euch allen schöne Weihnachten.🎄 Eure FujoshiTrash🗑💕

Yūri! in SchoolWo Geschichten leben. Entdecke jetzt