,,Nein, ich bin der einst kleine Junge, der dich damals aus diesem echt kalten Wasser gezogen hat und dich seitdem einfach nicht vergessen wollte."
Ich konnte nicht einordnen, was von den Beiden Sachen mich gerade mehr durch den Wind brachte. Entweder, dass Viktor der kleine Junge war, oder der Fakt das er mich gerade geküsst hatte. Ich führte meine Hände zu meinen Lippen. Ehrlich, jetzt gerade brauchte ich nicht einmal einen Spiegel, um zu wissen, wie rot ich war. Ich versuchte irgendetwas zu sagen, irgendetwas! Aber all meine Versuche endeten damit, dass ich aussah wie ein Fisch, der nach Luft schnappte. Selbst von dem sonst so ruhigen Viktor konnte ich nicht behaupten, dass es ihm besser erginge. Seine Wangen glühten feurig rot.
,,Es tut mir leid Yuuri.'' Er griff nach meinen Händen.
,,Es tut mir wirklich leid, aber du bist manchmal so hoffnungslos, dass ich..." Er holte tief Luft, sah mich erneut an und lächelte.
,,Ich weiß, dass ist jetzt alles ein bisschen viel auf einmal, aber ich habe dir so viel zu sagen! So viel, und das schon so lange. Die letzten Tage habe ich wirklich bereut, weil ich dachte, dass ich wirklich nicht mehr mit dir reden kann. Weil ich dich so überrascht hatte. Deswegen wollte ich eigentlich nichts überstürzen, aber das habe ich jetzt schon wieder und-" Viktor zitterte. Noch nie hatte ich ihn so emotional erlebt. Und erst recht nicht so sehr, dass er zitterte.
,,Es ist in Ordnung, ich bleibe hier." Gab ich eher im Flüsterton als in Gesprächslautstärke von mir. Außerdem konnte ich eh nirgendwo anders hin, immerhin saßen wir immer noch in diesem kitschigen Wagon.
,,Danke. Ich, es ist nur." Er holte noch einmal tief Luft. ,,Ich wollte dir endlich alles erzählen, aber der Tag verlief nicht so wie von mir erhofft, weswegen ich gerade einfach glücklich bin, es dir zu erzählen. Ich meine, nur wenn es dich nicht stört?" Schon allein wegen des traurigen Untertons in seiner Stimme bewegte sich mein Kopf zu einem verständnisvollem Nicken.
,,Am besten fange ich mit dem Grund an, warum ich damals überhaupt in Japan war, obwohl ich ja eigentlich aus Russland komme. Als kleiner Junge war ich ziemlich kränklich, also haben meine Eltern mich eine Zeit lang zu meiner Oma, die in Japan lebte, geschickt, da die Luft in Hasetsu besser ist als die in St.Petersburg. An einem Tag habe ich dann dich getroffen. Ich hatte aufgrund meiner Kränklichkeit nicht viele Freunde, weil ich oft Zuhause bleiben musste, deswegen war ich auch ziemlich glücklich, als wir uns angefreundet haben. Man könnte sagen, dass du mein erster richtiger Freund warst und ich hatte echt Spaß, zusammen mit dir Zeit zu verbringen. Zum Beispiel Schlittschuh fahren. Das war die Sache, die mir am meisten Spaß gemacht hat. Natürlich nicht zuletzt, weil du mir gezeigt hast, wie es geht, aber auch weil es der erste Sport war, den ich ausgeübt habe, als es mir schon ein bisschen besser ging. Selbst als ich wieder Zuhause in St. Petersburg war, habe ich damit nicht aufgehört.'' Sein Blick wurde melancholisch traurig.
,,Ich hatte sogar schon angefangen einfache Sprünge zu üben. Aber irgendwann habe ich mich so sehr am Fuß verletzt, dass ich seitdem nicht mehr fahren darf. Deswegen bin ich auch damals, als du Training hattest, nicht mit aufs Eis gekommen." Ich erinnerte mich, eigentlich hatte ich ihn darauf ansprechen wollen, es im Anschluss aber vergessen gehabt. Ein Gefühl der Trauer überkam mich.
,,Was mich zu dem Punkt bringt, den ich dir schon immer erklären wollte. Der Grund warum ich damals plötzlich weg war. Eigentlich ist nichts dramatisches passiert. Der Arzt, der mich hier in Hasetsu behandelte, hatte gemeint, dass es mir wieder besser ginge und ich wieder zurück Nachhause könne. Meine Eltern konnte es kaum abwarten, weswegen sie mir für früh am nächsten Tag ein Ticket für den Rückflug kauften. Last-Minute sozusagen. Hätte ich das gewusst, hätte ich mich vorher von dir verabschiedet. Es hat mich wirklich die ganze Zeit gestört, dass du vielleicht denken könntest, dass ich dich einfach nicht mehr mag oder so. Schließlich kommt das bei Kindern ziemlich häufig vor." Eine kurze Pause.
,,Ich weiß das war jetzt ziemlich viel auf einmal, aber ich will es dir nur sagen, damit du es weißt und ich mich sonst so fühlen würde, als würde ich es vor dir verstecken. Seitdem ich wieder hier bin war ich ein zwei Mal bei meinem Arzt, da ich noch ein paar Symptome mit mir herumgetragen habe. Aber die kamen nur ziemlich selten vor und waren sehr unauffällig! So wie ein Husten ungefähr. Jetzt geht es mir aber zu hundert Prozent wieder gut." Seine Stimme hatte wieder in einen fröhlicheren Ton übergeschlagen, der mich alles Viktors Erzählung besser verdauen lassen konnte.
,,Viktor."
,,Ja?" Der Wagon hielt an und wir stiegen aus. Eine Sicherung die man hätte aufmachen müssen, gab es bei diesem Gerät nicht, und bei dem Tempo konnte ich auch verstehen warum. Wir bewegten uns in Richtung Ausgang.
,,Du hattest Recht, dass war gerade wirklich ein bisschen viel. Aber ich will damit nicht sagen, dass ich damit nicht umgehen kann. Ich brauche nur... ein bisschen Zeit um darüber nachzudenken. Immerhin habe ich auch ziemlich viele Fragen an dich die ich unbedingt loswerden muss."Die Gruppe hatte sich am Tor wider eingefunden und dann jeder für sich seinen Weg nach Hause angetreten. Phichit hatte schon gewartet und anscheinend ging es ihm doch besser als erwartet. Obwohl jetzt nun nicht wieder so naiv war, um nicht zu wissen, dass es ihm vorhin nicht wirklich schlecht ging. Alle zerstreuten sich, bis nur noch ein paar, die sich unterhielten da waren. Wir machte uns gerade zum Bus auf, doch ich drehte mich noch einmal zu Viktor, der noch immer beider Gruppe stand um und machte ein paar Schritte auf ihn zu. Ich blickte in seine Augen und erkannte in ihnen Unsicherheit, so, wie ich es erwartet hatte. Diesmal war es an mir seine Hände zu nehmen.
,,Keine Angst, diesmal werde ich nicht davon laufen, sondern dir sagen was ich denke. Versprochen."Sobald ich die Pausenklingel hörte, rannte ich nach oben zur Bibliothek. Den ganzen Sonntag lang hatte ich im Bett gelegen und nachgedacht und war jetzt endlich bereit, Viktor entgegenzutreten ohne weg zu schauen. Mutigen Schrittes betrat ich die Bibliothek, schlängelte mich wie so oft davor auch schon durch die Regale und steuerte auf unseren Stammplatz zu. Ohne dieses Mal zu zögern, bog ich um die Ecke und erblickte Viktor.
,,Hi, Yuuri." Und erstarrte. Irgendetwas an ihm hatte sich verändert. Und obwohl es eine schon ziemlich große Veränderung war, hatte ich ein paar Mal blinzeln und eine verschluckte Fruchtfliege gebraucht, um zu bemerken was es war. Viktor hatte...!
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Yūri! in School
FanfictionYūri ist ein ganz normaler Schüler der internationalen xSchule und lebt Tag für Tag ein und aus. Als aber eines Tages der neue und schon äußerst beliebte Schüler Viktor Nikiforov in seine Schule kommt, erwachen in Yuuri für ihn anfangs noch unbekann...