Kapitel 29- Yūri! in school

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Ich schüttelte die Kugel und sah dabei zu, wie der Schnee langsam zum Boden schwebte.
,,Ach ja, Viktor, bevor ich es vergesse. Ich wollte dich etwas Wichtiges fragen." Ich ließ meine Blick zu Yuuri herüber schweifen, der etwas nervös mit seinen Händen rumspielte. ,,Also, nächste Woche Montag, da ist doch dein Geburtstag, nicht wahr? Ich wollte dich fragen, ob du zwischen 17:00 Uhr und 18:00 Uhr Zeit hast.'', seine Finger vergruben sich immer mehr in seiner Kleidung ,,Was ich sagen will, ist, dass mein Verein an diesem Tag eine Weihnachtsaufführung hat. Es klingt vielleicht etwas egoistisch von mir, dich zu bitten, an deinem Geburtstag dort hin zu kommen. Vor allem, wenn du vielleicht schon Pläne hast, aber es ist wirklich wichtig, dass du kommst.''
In Yuuris Augen spiegelte sich Unsicherheit sowie eine ungewohnte Entschlossenheit wieder, die ich so bei ihm noch nie so gesehen hatte. Natürlich hatte ich nicht vor, ihm abzusagen.
,,Wenn ich ehrlich bin, macht es mich schon mehr als froh, dass du dich an meinen Geburtstag erinnerst und auch, dass du mich einlädst. Ich hätte dich wahrscheinlich eh gefragt, ob du den Tag mit mir verbringst.'' Ich warf ihm ein Lächeln zu und die Unsicherheit in Yuuris Gesicht wich. Seine Gesichtszüge wurden weicher. Also war ich für meinen Geburtstag mit Yuuri verabredet, besser könnte es nicht kommen.

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Leo und Guang-Hong brachten gerade die letzte Figur ihrer Paarkür zu Ende und verbeugten sich anschließend, den Applaus der Zuschauer auf sich runterrieselnd.
Nun war ich dran. Endlich war es so weit. Ich hatte mich vorbereitet, aber ich war trotzdem aufgeregt. Noch ein letztes Mal stretchen und dann würde ich dran sein. Mein Herz schlug bis hinauf in meinen Hals. Hinter mir stand Phichit, der mir freundschaftlich auf den Rücken schlug und mir zuflüsterte, mich zu entspannen. Wahrscheinlich hatte er Recht.
,,Und nun kommt unser nächster Auftritt. Seine Kür trägt den gleichen Namen wie die Musik, zu der er läuft. Nun läuft für uns Yuuri Katsuki mit seiner Kür Yuuri! in school." Es war soweit, dass Eis gehörte mir.
Ich ließ mich von meinen Kufen auf das Eis gleiten und stellte mich auf meine Position in der Mitte der Eisfläche. Meine Augen wanderten in den unteren Reihen des Publikums herum und blieben an einem silberhaarigen Jungen hängen, der hysterisch mit den Armen in meine Richtung herumwedelte. Ich holte noch einmal tief Luft, um die Anspannung in meinem Körper zu lösen und stellte mich bereit anzufangen. Anstatt von Nervosität ließ ich lauter gute Gedanken meinen Körper füllen. Gedanken an Viktor. Gute, sowie auch schlechte Erinnerungen und Momente, die wir zusammen durchlebt hatten. Denn das war das Ziel meines Auftrittes, meiner Kür. Eine Nachricht an Viktor. Eine Nachricht ohne Worte. Yurio hatte recht gehabt. Anstatt mit meinem Mund sollte ich mich mit meinem gesamten Körper ausdrücken. In den letzten paar Wochen hatte ich mehr als je zuvor geübt und hatte dementsprechend auch mehr Blasen als je zuvor gehabt, aber das machte mir nichts aus, denn letztendlich war alles für diesen einen Moment gewesen. Das Licht wurde gedämmt, die Musik fing an zu spielen und mein Körper ließ sich von ihr leiten. Es war der Anfang einer Geschichte, der Anfang unserer Geschichte. Die, die nur ich und Viktor kannten. Ich hoffte, dass meine Nachricht zu ihm durchkommen würde. Denn wenn jemand es verstand, dann er. Die Musik fing in einem gemäßigtem Tempo mit  gelegentlichen Höhepunkten an. Das war der Tag, an dem ich Viktor zum ersten Mal getroffen hatte. Meine Bewegungen waren ruhig und manchmal etwas ruckartig. Ich erinnerte mich, wie ich ihn beim Einkaufen zum ersten Mal gesehen hatte, wie ich dann später mit ihm zusammen gestoßen war und dachte, dass ich ihn nie wieder sehen würde. Dann ging die Musik zum nächsten Part über. Meine Figuren wurden etwas lebendiger und die Musik schneller. Doch es dauerte nur ein paar Sekunden lang an, bis die Musik blitzartig düsterer und meine Bewegungen schleppender wurden. Das war der Moment, in dem ich erfahren hatte, dass Viktor auf meine Schule ging, doch gleich danach hatten es Christina und ihre Gang auf mich abgesehen. Aus Neugierde und Freude wurden Angst und Verzweiflung. Ich ging ein, wie eine Blume, die noch nicht einmal ganz aufgegangen war. Die Musik wurde schmächtiger und Stück für Stück sicherer. Ich konnte ich noch ganz genau daran erinnern, wie ich von Christina niedergemacht wurde, wie ich an meine Grenze gekommen war, doch Viktor hatte mich wieder aufgefangen. Er war für mich wie ein Wassertropfen für eine Blume inmitten der Sahara gewesen. Von da an wurde für mich alles heller. Auch wenn ich es damals noch nicht bemerkt hatte, Viktor war für mich etwas besonderes gewesen. Die Stunden, in denen wir zusammen in der Bibliothek saßen, in denen er mir bei sich zu Hause für Englisch half, die wir zusammen lachend verbracht hatten. Alles spiegelte sich in dieser Szene wieder. Und auch der Tag meines Geburtstages. Der Tag, an dem Viktor mir ein Geschenk, einen Schal, gekauft hatte. Die Musik wurde stetig leiser und wieder lauter. Für einen Moment war ich alleine, bis Viktor kam. Erneut. Er half mir. Er hörte mir zu. Er war für mich da. Und von da an war alles bis zum Ende praktisch eine permanente Steigung. Die Musik wurde immer lebendiger und fröhlicher und das vor allem ab dem Moment, in dem ich mit Phichit geredet hatte. In dem ich realisierte hatte, was ich für Viktor empfand. Liebe. Ab diesem Augenblick sah ich Viktor immer noch genau gleich an wie zuvor, aber auch komplett anders. Ich wurde immer rot, konnte ihm nicht mehr in die Augen sehen, musste lächeln, wenn er es tat. Gott, so viele Dinge waren gleich geblieben und hatten sich trotzdem verändert. Dann die Szene in dem Geräteraum, eine kurzzeitige Trennung. Schmerzhaft, aber trotzdem nötig. Denn wahrscheinlich wäre ich mir meiner Sache jetzt nicht so sicher, wenn dies nicht passiert wäre. Es wurde wieder ruhiger. Denn sonst hätte hätte Viktor mir wahrscheinlich erst viel später von sich erzählt, wahrscheinlich hätte er mich nicht geküsst, wahrscheinlich hätte er mir nicht seine Liebe gestanden. Und jetzt war es endlich an der Zeit, dass ich ihm antwortete. Ich war bei meiner letzten Figur angekommen und leitete die Schlussfigur ein. Mit einer doppelten Drehung um mich selbst, blieb ich, mit dem einem Arm gebeugt und auf meinem Brustkorb ruhen und dem anderen Arm ausgestreckt und mitten in das Publikum zeigend, stehen. Nicht irgendwo ins Publikum, aber auf Viktor, demjenigen, dem meine gesamte Kür gewidmet war. Unsere Augen trafen sich und der Blickkontakt brach keine Sekunde lang ab. Ich atmete vor Erschöpfung schwer ein und aus, Viktor vergrub plötzlich seine Hände in seinem Gesicht. Hatte er mich verstanden? Er stand auf und auch ich löste mich aus meiner Stare. Er rannte zum Ausgang des Eisrings und ich tat es ihm nach.

Yūri! in SchoolWo Geschichten leben. Entdecke jetzt