,,Hi, Yuuri." Ich erstarrte. Irgendwas an ihm hatte sich verändert. Und obwohl es eine schon ziemlich große Veränderung war, hatte ich ein paar Mal blinzeln und eine verschluckte Fruchtfliege gebraucht, um zu bemerken was es war.
Viktor hatte sich seine Haare geschnitten. Und damit waren nicht die Spitzen oder nur ein-zwei Zentimeter gemeint, nein, er hatte sich mehr als die Hälfte seiner Haare abgeschnitten und wenn nicht sogar noch mehr! Seine lange, glatte Mähne, die ihm seine engelhafte Ausstrahlung verliehen hatte, war nun weg. Einfach so. Stattdessen zierte nun eine lockere sowie frech wirkende Frisur sein Haupt. Während die eine Haarpartie ihm immer noch ins Gesicht fiel, war die andere nach hinten gekämmt. Aber nicht, dass ich fand, dass sie ihm nicht gut stand. Ganz im Gegenteil, es war nur irgendwie ungewohnt sowie... unerwartet.
,,Wa- Viktor, was?''
Er lachte. ,,Diese Reaktion habe ich schon von dir erwartet. Gefällt es dir etwa nicht?"
Energisch schüttelte ich den Kopf. ,,Nein, ganz und gar nicht. Also ich meine, das stimmt ganz und gar nicht. Was ich sagen will, ist", ich trat näher an ihn heran, nahm ein paar seiner jetzt kurzen Strähnen in die Hand und spielte damit herum. Ein leichter Duft wehte mir dabei in die Nase. Hatte er sein Shampoo gewechselt?, ,,dass ich deine neue Frisur mag. Nicht, dass ich die Alte nicht mochte, aber die hier ist auch gut. Außerdem steht dir so oder so alles. Ich muss mich einfach nur daran gewöhnen, weil ich dich die meiste Zeit lang nur mit langen Haaren kannte. Das ist alles." Ich ließ von seinen Haaren ab und kehrte auf meinen Platz ein. Ein sanftes Gefühl hinterblieb auf meiner Hand und meinen Fingern.
Viktor schien erleichtert. ,,Ich dachte, ich probiere einfach Mal was neues aus, so als Symbol oder so. Aber wenn es dir nicht gefallen hätte, hätte ich sie sofort wieder länger wachsen lassen." Meine Stirn legte sich leicht zusammen.
,,Du solltest deine Haare nicht anders wachsen lassen, nur weil jemand anderes sie nicht mag. Lass sie einfach so, wie du es willst." Mein kurzhaariger Nachbar legte seine Arme verschränkt auf den Tisch und ließ seinen Kopf mit der Seite drauf ruhen. ,,Ich frage aber nicht irgendjemanden, sondern dich, Yuuri. Bei jemand anderem wäre es egal, was er von meiner Frisur hält. Außerdem,", er drehte seinen Kopf nach vorne, stützte ihn mit seinem Kinn auf seinen Unterarmen ab, sah mir in die Augen und lächelte erneut breit, ,, außerdem ist es doch natürlich, dass man der Person, die man liebt, gefallen will."
Ich verspürte einen kleinen Stich. ,,Hä?"
,,Wie, hä?"
,,Viktor, wovon sprichst du, wen liebst du?"
Er stierte mich mit einem verdutzen Blick an. ,,Warte, Yuuri warte. So verpeilt kannst selbst du nicht sein, oder?"
,,Warum sagen mir eigentlich alle immer, ich sei verpeilt?" Gerechtfertigterweise wurde ich ein bisschen beleidigt.
,,Du erinnerst dich aber schon noch an Samstag. Du erinnerst dich schon noch daran, dass ich dich geküsst habe, oder?" Viktor nahm kein Blatt vor den Mund und sagte es geradewegs heraus.
Natürlich hatte ich es nicht vergessen. Ich spürte immer noch ein Prickeln auf meinen Lippen und lief rot an, wenn ich daran dachte. Wie auch jetzt zum Beispiel. ,,N-natürlich habe ich das nicht vergessen. Aber es ging so schnell und dann hast du über etwas anderes gesprochen und darüber habe ich dann die ganze Zeit nachgedacht und den Kuss irgendwie dabei total vergessen. Also nicht vergessen, aber du weißt schon ehm... also, ich habe nicht darüber nachgedacht." Mein Herz schlug schnell. Ich war so aufgeregt, dass ich nicht einmal Luft geholt hatte.
,,Yuuri,", Viktor blickte mir tief in die Augen. ,,du bist ein kleiner Idiot, deswegen sage ich es dir Angesicht zu Angesicht. Yuuri Katsuki, ich liebe dich. Ich will dich nicht unter Druck setzten und erwarte keine sofortige Antwort von dir. Deswegen werde ich warten. Solange, bis du mir eine gibst." Da war es wieder, Viktors übliches Lächeln. Das Lächeln, das er nur mir schenkte. In diesem einen Moment war ich überglücklich. Mein Herz schlug nicht nur schnell, es raste förmlich. Während diesen einen Momentes, in dem ich heraus fand, dass meine Liebe doch nicht einseitig war.,,Ugh, ich bin so schon angepisst, wenn ich dich sehe, also was soll dieses Grinsen in deinem Gesicht jetzt auch noch?" Ich ruhte mich gerade an der Bande aus, als Yurio, der gerade eine Pause abseits des Eises machte, mich anmotzte. ,,Hast du eine Grinsekatze gegessen, oder was?" Selbst seine äußerst netten Bemerkungen prallten heute an mir ab.
,,Ah, Yurio. Schöner Tag heute, nicht wahr?"
,,Was."
Er sah mich mit einer Mischung von Angewidert- und Verwirrtheit an.
,,Hey, Yuuri." Sein Freund klebte ihm wie immer an den Fersen. ,,Ist etwas Gutes passiert? Du siehst glücklicher aus, als sonst." Otabek war schon immer aufmerksam gewesen. Aber ich denke, man musste nicht wirklich aufmerksam sein, um zu bemerken, dass ich glücklich war. Ja, überglücklich sogar. Es triefte praktisch aus jeder Einzelner meiner Poren.
,,Sieht man mir das an?"
,,Ein bisschen." Erwiderte der blonde Russe mit einem nicht zu überhörendem sarkastischen Unterton.
,,Also, was ist. Hat dir dieser komische Viktor einen Antrag gemacht, oder was?" Ich dachte nach.
,,Sagt mal, wie habt ihr euch eure Liebe gestanden?" Yurio verschluckte sich an seinem Wasser, Otabek guckte mich ruhig an. ,,Oder besser gesagt, wie seit ihr ein Paar geworden?"
,,Oi, Katsudon, heißt das etwa "ja"? geht das nicht ein bisschen zu schnell?! Ich meine, so weit sind selbst ich und Beka noch nicht und ihr ward doch nicht einmal ein Paar, als ihr das letzte Mal hier wart, aber dann wiederum..." Anscheinend war das zu viel für ihn. Er murmelte immer weiter in sich hinein.
,,Es war nicht wirklich besonders. Ich und Yuri haben uns in einander verliebt, es gestanden und sind dann zusammen gekommen."
,,Das war alles?"
,,Das war alles."
,,Hallo zusammen, ihr scheint schon ziemlich früh da zu sein." Just in diesem Moment kam Georgi, der sich anscheinend erst fertig umgezogen hatte, zu uns rüber. Ihn hatte ich schon eine Weile lang nicht mehr gesehen.
,,Aah, Yuuri, diesen Gesichtsausdruck habe ich letztens erst gesehen. Hast etwa auch du eine neue Flamme der Liebe entfacht?" Auch ich? ,,Gibt es denn sonst noch jemanden?"
,,Die zurückhaltenden Trauben Leo und Guang-Hong sind hier das letzte Mal beim Training als Paar einmarschiert." Anscheinend war Yurio wieder aus seiner Trance erwacht.
,,Hm, ich dachte wenigstens du würdest mich noch verstehen, Yuuri, aber lässt nun auch du mich in meiner Trauer für Anja alleine?" Manchmal fragte ich mich, warum Georgi sich fürs Eiskunstlaufen und nicht fürs Theater entschieden hatte. An Theatralik war er kaum noch zu überbieten.
Meine Miene verfinsterte sich ein bisschen. Also hatte selbst die zwei änglichsten unter uns sich getraut. Ich hatte vorhin vor Euphorie teils vergessen Viktor zu sagen, dass ich ihn liebte und teils hatte ich es nicht als den richtigen Augenblick empfunden. Dabei war es eine gute Situation. Das war sie wirklich!
,,Hey, dich plötzlich glücklich zu sehen und jetzt plötzlich traurig, jagt mir ehrlich einen Schauer über den Rücken. Also, warum sagt du uns nicht einfach, was los ist, damit ich nicht mehr so angepisst davon bin?" Auch wenn Yurio immer so hart tat, ich wusste, dass er in Wirklichkeit ziemlich nett sein konnte. Es waren eben die Worte hinter seiner Ausdrucksweise.
,,Naja, Viktor hat mir seine Liebe gestanden und das hat mich auch mega glücklich gemacht. Aber irgendwie schaffe ich es nie, ihm Meine zu gestehen. Ich bin echt erbärmlich was das angeht, nicht wahr? Er tut so viel für mich, aber ich kann ihm noch nicht einmal diese drei Wörter wiedergeben. Dabei sieht man das doch tagtäglich in Filmen."
Und noch nicht einmal auf sein Geständnis, dass er der Junge von damals war, hatte ich angemessen reagiert. Es stimmte, ich hatte am Wochenende sehr viel darüber nachgedacht. Mir war zum Einen wieder eingefallen, warum ich so gerne Schlittschuh lief. Ich hatte es Viktor zwar beigebracht gehabt, aber er hatte so viel Freude dran gehabt, sein Lächeln war so breit gewesen, dass ich erst deswegen wirklich die Lust daran gefunden hatte. Deshalb hatte ich auch angefangen zu weinen, sobald ich noch Mal über alles nachgedacht hatte und mir klar geworden war, dass genau dieser Junge nun nicht mehr fahren konnte. Mir war sein Gesicht von damals, als er mir beim Training zugesehen hatte, wieder in den Sinn gekommen und ich konnte den Damm nicht am Brechen hindern.
Es waren so viele Sachen, über die ich mit ihm reden wollte, aber heute war mir kein einziges Wort über die Lippen gekommen.
,,...dann solltest du es auf deine eigene Art machen." Otabeks Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
,,Sorry, was hast du eben gesagt?"
,,Ich meinte, dass, wenn du nicht weißt, wann oder wie du es sagen solltest, du dich nicht zu sehr an anderen, aber mehr an dir orientieren sollst."
Ich haderte. ,,Ich verstehe nicht ganz, was du meinst.''
Genervt schnalzte Yurio mit der Zunge und stemmte seinen Arm in die Seite. ,,Was Beka, damit sagen will, ist, dass du einfach du sein sollst und nicht wer anders. Ich hasse es zwar, dass zuzugeben, aber es gibt etwas, das dich besonders auszeichnet, etwas, was du uns erst letztens gezeigt hast. Warum versuchst du es nicht einfach damit anstatt mit Worten?"
"Etwas, das mich besonders auszeichnete", ich musste kurz überlegen, doch diesmal checkte auch ich, was damit gemeint war! Daran hatte ich gar nicht gedacht! Es würde etwas Zeit in Anspruch nehmen, aber auf diese Weise könnte ich alles auf einmal loswerden. Alles, was ich Viktor sagen musste und wollte.------------------
A/N: Jup, es waren die Haare. Sorry, dass es diesmal etwas länger gedauert hat, aber ich hatte noch an etwas anderem zu schreiben, mit nem festen Abgabetermin.
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Yūri! in School
FanfictionYūri ist ein ganz normaler Schüler der internationalen xSchule und lebt Tag für Tag ein und aus. Als aber eines Tages der neue und schon äußerst beliebte Schüler Viktor Nikiforov in seine Schule kommt, erwachen in Yuuri für ihn anfangs noch unbekann...