Kapitel 15- Ich... kann nicht mehr

1.3K 67 12
                                    

//text// = Gedanken; \\text\\ = nicht gerade gut gewillte innere Stimme

-----------------------

Seit meinem Geburtstag war eine Woche vergangen. Wie immer schleppte ich mich am Morgen aus meinem Bett und bereitete mich für die Schule vor. Wie immer schlenderte ich meinen Weg entlang  zur Schule. Und auch wie immer, legte ich meine Schuhe in mein Schuhfach und wurde auf dem Weg zur Klasse doof von J.J. angemacht. Alles passierte wie sonst auch immer, obwohl, nicht ganz. Eine kleine Sache passierte. Eine Sache so klein, dass ich sie gar nicht beachtet hatte. Als ich an der Schlaufe von meinem Schuh zog, riss plötzlich mein Schnürsenkel. Ich hatte mir nicht viel dazu gedacht und ignorierte dieses Zeichen, das man normalerweise als einen ''Vorboten des Unglücks'' ansah, einfach. Im Nachhinein denke ich, hätte ich vorsichtiger sein sollen. Obwohl, das hätte wahrscheinlich auch nichts daran geändert. Es lag schließlich mehr oder weniger nicht in meiner Hand.

Viktor hatte mir gestern geschrieben, dass er erst ungefähr zur zweiten Pause in die Schule kommen würde, weil er einen Arzttermin hatte. ,,Nichts schlimmes.'' , hatte er gesagt. ,,Nur eine Routineuntersuchung''. Also würde ich in der ersten Pause alleine sein. Ich dachte daran zu Phichit zu gehen, denn in letzter Zeit hatten wir zwar viel geschrieben, aber uns nicht mehr so oft in der Schule gesehen.

In den ersten beiden Stunden hatten wir wieder einmal Vertretung. Zu meinem Leidwesen, wie sich herausstellte. Denn die Vertretungslehrer gaben uns zwei Freistunden und natürlich hatte J.J. nichts besseres zu tun, als sich mit mir zu ''beschäftigen''. Ich sollte schon längst über seine ständigen Beleidigungen und Erniedrigungen hinweg sein. Sollte ich, war ich aber nicht, denn in letzter Zeit hatte seine auf mich gerichtete Aufmerksamkeit erschreckend zugenommen. Zwar hatte er mich schon am Anfang des Jahres von Zeit zu Zeit geärgert, aber das war vielleicht einmal in der Woche passiert und es war auch nichts wirklich schlimmes gewesen. Aber momentan hatte sich dieses ''einmal in der Woche'' eine tägliche Basis aufgebaut. Ich wusste, dass ich das nicht lange aushalten würde. J.J. zu ignorieren und ihm gegenüber so zu tun, als ob es mich kalt lassen würde, war eine Sache, aber mir selbst gegenüber so zu tun, war wieder was anderes. Außerdem hatte ich immer, wenn er das tat, Kopfschmerzen, die aber, sobald er aufhörte mich zu pisacken, verschwanden.

Nach höllisch lang wirkenden 90 Minuten wurde ich erneut von der Schulglocke erlöst. So schnell es ging, verließ ich die Klasse um meinem Peiniger zu entkommen und flüchtete mich in Phichits Klassenraum, wo mein bester Freund, zum Glück, auf seinem Platz saß. Er plauderte mit ein paar von seinen Klassenkameraden. Ich haderte, ob ich ihn ansprechen sollte, aber er nahm mir die Bürde ab. Denn sobald er mich sah, winkte er die Anderen ab und kam auf mich zu. ,,Hey Yuuri, lange nicht mehr gesehen." Witzelte er. ,,Hm. Bist du... wütend?" fragte ich ihn mit einem teilweisen schlechtem Gewissen. ,,Du meinst wegen Viktor? Ach quatsch. Yuuri, ich freue mich, dass du dich endlich mal getraut hast, dich jemandem anderen zu nähern. Obwohl ich ehrlich gesagt nicht gedacht hätte, dass es er sein würde. Naja, aber wahrscheinlich kannst selbst du dich seinem Charme nicht entziehen." Er stupste mir mit seinem Arm leicht scherzend in die Seite während ich, kaum merkbar, rot wurde. Phichit war schon immer so gewesen. Er war einer der wenigen Personen gewesen, die verstanden, was in mir vorging. Vielleicht waren wir deswegen schon solange Freunde? ,,Auf jedenfall, lass uns draußen auf dem Flur weiter reden.'' Also begaben wir uns auf den Schulflur und suchten uns einen Platz auf den Stufen, an dem wir in Ruhe reden konnten. Die meisten Sachen über die wir uns unterhielten, waren nicht mal neu. Phichit fragte mich über Sachen aus, die ich ihm geschrieben hatte. Überwiegend wollte er erfahren, was ich so mit Viktor unternahm und auf manche Sachen konnte ich ihm nur mit einem hochrot angelaufenem Gesicht antworten. Was hatte er sich eigentlich erhofft? ,,Aber mal eine andere Sache Yuuri. Kann es sein, dass J.J. dich in letzter Zeit wieder belästigt?" Aufgrund der plötzlichen Frage und dem Fakt, dass er es wusste ohne, dass ich ihm etwas davon erzählt hatte, erstarrte ich für ein paar Sekunden. ,,Deinem Gesichtsausdruck entnehme ich mal, dass ich recht habe." Von dem Ausdruck auf Phichits Gesicht konnte ich sehen, dass er sich Sorgen machte. Sorgen, dass war auch genau der Grund gewesen, warum ich ihm nichts davon erzählt hatte. ,,A-aber woher weißt du das?" Er stieß einen schweren Seufzer aus. ,,Denkst du, ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie erschöpft und traurig du damals ausgesehen hast? Und gerade jetzt wirkst du auf mich wieder genau so wie zu dieser Zeit. Wenn auch nicht ganz so sehr, aber wenn das so weiter geht..." Ich hörte die Last in seiner Stimme. Die Last einer Schuld die er sich selbst aufbürdete. Wir waren damals noch jung gewesen, er konnte nichts dafür. Er hätte nichts dagegen unternehmen können, aber trotzdem gab Phichit sich die Schuld daran, dass er mir nicht helfen konnte, dass er es nicht erkannt hatte. ,,Phichit...", fing ich an ihn aufzumuntern. ,,Ich weiß ich habe das damals auch gesagt, aber diesmal bin ich wirklich okay. Jetzt bin ich älter und werde mich nicht mehr so von J.J. runter machen lassen." Wahrscheinlich schwang ein bisschen Unsicherheit in meiner Stimme mit. Wahrscheinlich war das so, weil ich mir selbst nicht ganz glaubte. ,,Yu-" Ich unterbrach ihn mit dem Argument, dass es gleich klingeln würde. Sichtlich noch nicht ganz zufrieden mit meiner Antwort begaben wir uns wieder in unsere Klassen.

Die nächsten zwei Stunden verliefen wie immer, bis zur zweiten Pause. Ich hatte mich gerade für die nächste Stunde vorbereitet und da Viktor gemeint hatte, er würde ungefähr zu dieser Zeit von seinem Termin wiederkommen, sah ich mich in der Schule nach ihm um. Mittlerweile kannte ich die Plätze, an denen Viktor meistens war, also sah ich mich zuerst in seinem Klassenraum, danach in der Cafeteria und zuletzt in der Bibliothek um, aber da ich ihn nirgends fand, fand ich mich damit ab und kehrte um. Immerhin konnte ich ja noch nach der Schule auf ihn warten.

Kurzerhand entschloss ich mich dazu, noch einen Abstecher auf das Klosett zu machen. Nicht gerade eine der besten Momente, den sich mein natürlicher Instinkt dafür ausgesucht hatte, wie sich herausstellen sollte. Denn dort angekommen erwartete mich schon, wer hätte es erwartet, mein nicht gerade gemochter Klassenkamerad.

In der Hoffnung, dass er mich in der einen Sekunde, die ich in dem Raum verbrachte nicht bemerkt hatte, versuchte ich schnell aus dem Raum zu entkommen. Anscheinend zu spät, denn zwei starke Arme legten sich auf meine Schultern und versperrten mir den Weg nach draußen. ,,Hmm~ Schweinchen, wer hätte gedacht, dass wir uns gerade jetzt hier treffen. Aber das passt mir eh, denn früher oder später wärst du eh hier gelandet." Sein Atem fuhr an meinem Ohr entlang und seine Arme lagen schwer auf meinen Schultern. Ich dachte an Viktor. Daran, wie oft er das schon bei mir gemacht hatte und es mir nichts ausgemacht hatte. Aber diese Lage war gänzlich anders. Von J.J. auf diese Weise berührt zu werden, fühlte sich schlicht widerlich und erdrückend an. ,,Lass mich gehen." Murmelte ich kaum hörbar. ,,Was? Hast du gerade etwas gesagt, mein kleines Schweinchen? Ich glaube, ich habe dich nicht richtig verstanden." Spottete er höhnisch während er mir sein Ohr hinhielt. Ich nahm meinen Mut zusammen, presste meine Fäuste zusammen und holte tief Luft. ,,Ich habe gesagt, du sollst mich loslassen!" Mit Wucht knallte ich meinen Kopf gegen seinen, was dazu führte, dass er seinen Griff lockerte und ich mich von ihm befreien konnte. Was aber nicht lange andauerte, denn sofort zog er mich zurück. ,,Hey hey, das ist ja mal ne ganz neue Seite von dir. Das hat ehrlich gesagt ein bisschen weh getan. Aber warum will mir dieses Verhalten nicht ganz gefallen. Es wird wohl Zeit dir zu zeigen, was ich hier überhaupt gemacht habe." Er packte mich am Kragen, zog mich zu einem der Pissoirs hinüber und zwang mich auf die Knie. //Verdammt, warum muss mir das passieren?// Schoss es mir durch den Kopf. In Erwartung, was jetzt kommen würde, schloss ich meine Augen und presste meine Lippen aufeinander... doch nichts geschah. \\Es war von Anfang an klar, dass das passiert\\ raunte etwas in meinem Kopf. Von hinten vernahm ich ein nichts gutes verheißendes Lachen. ,,Schon ok Schweinchen, du kriegst keine dusche ab. Jedenfalls nicht, wenn du deine Augen öffnest." Ich tat wie geheißen und... bereute es. Sobald ich erblickte was in der Schüssel schwamm, in denen die Leute ihr Geschäft verrichteten, spürte ich, dass ein Teil in mir gerade gestorben war. In dem trüben Wasser schwamm etwas dunkelblaues mit weißen Tupfen drauf. Leise flossen mir die Tränen das Gesicht herunter. ,,Warum? Viktor, es tut mir leid." Das war das Einzige was ich gerade raus bringen konnte. Trotzdem noch laut genug, damit J.J. es hörte. ,,"Warum?" fragst du. Nun, wie schon gesagt, hat es mich angepisst, wie glücklich du in letzter Zeit aussahst. Und da der Grund dafür offensichtlich dieser Gott verdammte Neuankömmling war, musste ich nur eins und eins zusammen zählen, als ich mich fragte, wie ich dich wohl am Besten zerbrechen könnte. Aber, um ehrlich zu sein, war das nicht der Einzige Grund. Deinen neuen "Freund" kann ich nämlich auch nicht gerade ausstehen. Verdammt, seitdem er hier ist, schenkt mir kaum einer mehr Beachtung. Wenn du also einen für einen für das, was dir gerade passiert verantwortlich machen willst, dann ihn." \\Ich habe dir gesagt, dass du dich von ihm fern halten sollst.\\ J.J.s Stimme und die in meinem Kopf machten mich krank. Ich konnte nicht mehr. Und dann geschah es. Durch diese ganze Situation, kam mir mein Frühstück in drei ganzen Touren wieder raus, wo es rein gekommen war. Mein Atem wurde schwer und meine Sicht glasig. ,, Hahaha, das ist ja herrlich. Genau so ist es richtig. Zeig mir genau den gleichen Gesichtsausdruck wie damals auch." Mit meiner letzten Kraft stützte ich mich ab, ich versuchte aufzustehen, weg von hier, von den ganzen Stimmen. \\Es ist alles deine Schuld.\\ Die Stimme in meinem Kopf gab keine Ruhe. ,,Nein... Nein, nein nein NEIN!!" Das war zu viel. An meiner emotionalen Grenze angelangt, gab es nur noch einen Platz, an den ich gehen konnte. Als ich aus dem Klo raus rannte, rempelte ich jemanden an. Aber das war mir egal. \\Du weißt wohin du gehen musst, oder?\\

-------------------------

A/N: Es gibt immer diese eine Person, die alles auf den letzten Drücker macht und, tja, das bin ich. Uff, na dann, eure FujoshiTrash🗑❤

Yūri! in SchoolWo Geschichten leben. Entdecke jetzt