Kapitel 41

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Kurz darauf packten wir unsere wenigen Klamotten zusammen, die wir für die beiden Nächte dabei gehabt hatten und checkten aus dem Hotel aus. Aber das ungute Gefühl blieb. Wir liefen zu dem Parkplatz, auf dem der Nightliner stand und wurden bereits erwartet. Andreas stand mit ein paar anderen aus der Crew davor. Chris griff nach meiner Hand. „Hey, lächeln.", flüsterte er und gab mir einen Kuss auf die Wange. Ich lächelte gezwungen. Dann liefen wir weiter. „Na ihr Turteltäubchen?", begrüßte Andreas uns lachend und umarmte mich. Ich ließ Chris' Hand los und erwiderte die Umarmung. „Schön, dass ihr wieder da seid.", sagte er und wandte sich seinem Bruder zu. „Bruder, du hast mir wirklich gefehlt." Ich musste lachen, als er das sagte. „Weil du mich ja sonst nicht jeden Tag siehst.", erwiderte Chris und klopfte seinem Bruder auf die Schulter. „Jungs, es ist wirklich rührend, zu sehen, dass ihr euch die letzten beiden Tage vermisst habt.", holte Budda die beiden in die Realität zurück. „Aber wir haben noch ein bisschen Arbeit vor uns." Andreas und Chris sahen ihn entgeistert an. Budda hob seine Arme an und ging einen Schritt nach hinten. „Hey, ihr braucht mich gar nicht so angucken.", rief er lachend. Andreas und Chris mussten ebenfalls lachen.

Kurz darauf saßen wir in der Halle, wo morgen Abend die nächste Show stattfinden sollte. Also ich saß und die Jungs probten. Gelangweilt wischte ich auf meinem Handy durch meine Facebook Timeline und las mir die momentanen Neuigkeiten aus aller Welt durch. Dabei fiel mir ein Artikel auf, welchen ich sofort öffnete.

Ich schluckte. „Ehrlich Brothers verlängern Tournee." stand dort in dicken schwarzen Buchstaben. Was hieß das denn? Ich wollte Chris sofort darauf ansprechen, aber da Andreas und er noch mit Proben beschäftigt waren, verschob ich das auf später. Unruhig scrollte ich durch den Artikel. „Aufgrund hoher Ticketnachfragen verlängern die Zauberbrüder Andreas und Chris Ehrlich ihre Tournee bis Februar und statt der geplanten Weihnachtspause gibt es einige Zusatzshows in Städten, wie....." Weiter konnte ich das nicht lesen. Ich biss mir auf die Unterlippe und Wut staute sich in mir an. Warum hatte mir Chris davon nichts erzählt? Zwar musste ich in anderthalb Wochen sowieso wieder zurück nach Bünde, die Schulbank drücken, aber trotzdem machte es mich sauer. Geheimnisse waren in einer Beziehung für mich ein absolutes Tabu.

Immer noch sehr aufgewühlt machte ich mich auf den Weg in den Backstage-Bereich, wo ich sogleich auf Manu traf. „Vorsicht Leo, ich muss hier mal durch.", rief er, während er haufenweise Bücher auf seinen Händen balancierte. Grinsend machte ich ihm Platz. „Was habt ihr denn mit den Büchern vor?", rief ich ihm hinterher, aber er war bereits hinter der nächsten Ecke verschwunden. Ich lief weiter Richtung Kantine. Mein Magen gab mir mit einem lauten Grummeln zu verstehen, dass ich dringend mal wieder etwas essen sollte. Ich sah auf die Uhr und stellte fest, dass es bereits 19 Uhr war. Der Tag verging einfach wie im Flug. Ich öffnete die große weiße Tür und trat ein. Die meisten Tische waren leer, nur an einem saßen zwei Personen, die ich sofort erkannte. Winkend ging ich auf Andreas und Chris zu. „Ich dachte ihr seid noch am Proben.", sagte ich lächelnd, obwohl mir eigentlich nach Heulen zumute war. Chris schluckte sein Stück Brot runter, aber bevor er etwas sagen konnte, sprach Andreas ihm dazwischen. „Du, Leo. Wir müssen dir da glaub ich mal was erzählen.", sagte er mit ernster Stimme. Ich setzte mich gegenüber von den beiden auf einen Stuhl und wartete geduldig. Auch wenn ich bereits wusste, was jetzt kam. Chris räusperte sich. „Wenn wir dich übernächste Woche nach Hause schaffen...du musste vorerst wieder bei deinen Eltern wohnen.", sagte er leise. Ich atmete tief durch. „Das ist doch kein Problem.", log ich und zwang mir ein Lächeln über die Lippen. „Aber warum?" Ich sah Chris provokant an. Er sah ein wenig fertig aus und war blass, wie eine Leiche. Einerseits tat er mir leid, aber andererseits hoffte ich endlich die Wahrheit zu erfahren. „Weil wir weiter auf Tour gehen.", beantwortete Andreas meine Frage. Ich nickte schweigend. „Und das hättest du mir nicht schon mal etwas eher sagen können?", fragte ich an Chris gewandt. Er biss sich schuldbewusst auf die Unterlippe. „Es steht noch nicht so lange fest. Aber die Tickets werden gut verkauft, besser als gedacht und deswegen..." „Das weiß ich doch schon längst!", schrie ich. Was sollte dieses Geschwafel drum herum? „Aber warum sagt mir das mein Freund nicht selber?" Ich sah zu Chris, welcher erschrocken von seinem Brötchen aufsah. „Leo...ich hab mich nicht getraut es dir zu sagen.", murmelte er. „Und deswegen muss ich sowas wichtiges durch die Presse erfahren? Man, Chris." Ich seufzte. „Es ist doch nicht schlimm, dass ich erstmal wieder bei meiner Mutter wohnen muss. Aber ich hasse Geheimnistuerei in einer Beziehung.", sagte ich und atmete tief durch. Ich wollte Chris kein schlechtes Gewissen machen, geschweige denn streiten. Er legte seine Hand auf meine. „Schatz, es tut mir leid." Ich sah zu Andreas, welcher mir mit einem Lächeln zu verstehen gab, dass ich nicht mehr sauer sein sollte. „Ist okay." Chris stand auf und kam zu mir rüber. Dann kniete er sich vor mich. Ich schluckte. Was sollte das denn jetzt werden?

Das Leben ist eine IllusionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt