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Die nächsten Tage waren purer Stress.

Es gab bestimmt kein länger als eine Stunde andauerndes Zeitfenster, in dem ich (ohne irgendwelchen trivialen Tests) in Frieden gelassen wurde. Ständig kamen Menschen mit tief sitzender Brille und Klemmbrett unter dem Arm ins Zimmer gestürmt und fragten nach meinem Wohlergehen. Es war zu erwarten, dass ich mich da nicht pausenlos freundlich und sozialverträglich einverstanden erklärte, ihnen mustergültig zur Verfügung zu stehen, so dass mein netter Tonfall irgendwann eine Drehung um 180 Grad durchlief.

Zwischen den ganzen Tests und Kontrollen bekam ich auch ständig Besuch von Anne, bei der ich mir mittlerweile absolut sicher war, dass sie meine Mutter ist und das nicht nur, weil es von Dr. Joseph beglaubigt worden war.

Denn die äußerlich betrachtete Ähnlichkeit war kaum zu übersehen. Auch wenn sie ihre Locken oft verbarg, indem sie sie glättete, vergaß sie ab und an einige, wenige Strähnen, so dass sie meinen ähnelten, mit dem einzigen Unterschied, dass sie weitaus länger und eine Nuance dunkler waren. Das Blau ihrer Augen war meinem nahezu identisch und die Form ihrer Nase stimmte mit meiner überein. Ich war ihr wie aus dem Gesicht geschnitten, man könnte auch sagen, der Apfel falle nicht weit vom Stamm.

Inmitten der Visiten, Kontrollen und dem Erscheinen meiner Mutter schauten ab und an auch ein paar meiner Freunde, deren Gesichter ich laut meines gegenwärtigen Erinnerungsvermögen noch nie zuvor gesehen hatte, vorbei.

Es war mir mehr als unangenehm, dass ich ihre Namen selbst beim dritten Kommen durcheinander brachte. Meist lachten sie nur darüber und knufften mich albern mit der Faust, jedoch brachte genau das mich nur noch mehr aus dem Konzept.

Ich versuchte mir die Enttäuschung, dass sich bei keinem von ihnen etwas in mir regte, so gut es ging, zu verstecken. Zumindest solange sie gerade bei mir waren. Unter diesen Gegebenheiten schob ich dieses beschissene Gefühl einfach auf dieses beschissene Zimmer.

Das wird sich alles ändern, wenn ich erst zu Hause bin, redete ich nonstop auf mich ein. In vertrauter Umgebung war es schon eher anzunehmen, dass ich mich an irgendetwas erinnern würde als umgeben von diesen weißen Krankenhauswänden. Hätte ich noch einen Tag länger hier herum hocken müssen, hätte ich das kalte Kotzen gekriegt- Tatsache!

Zum Glück durfte ich bereits einige Tage vor der anfänglich festgesetzten Entlassung nach Hause, da ich beim Großteil der durchgeführten Prüfungen vergleichsweise gut abschnitt. Außer eben bei denen, die sich mit meiner Persönlichkeit und meinem Leben beschäftigten.

Ich war zwar weiterhin auf Medikamente angewiesen, doch das sollte mir wohl nicht den Schlaf rauben.

Anne holte mich mitsamt ein paar meiner Klamotten ab und fuhr mit mir nach Hause. Ihre Lippen zogen sich zwanghaft hoch als ich mich neben sie setzte.

Ich erkannte die Strapaze, das Lächeln aufrecht zu halten derweil sie den ersten Gang einlegte und achtsam losfuhr. Ich wollte aber auch auf keinen Fall, dass sie noch mehr sorgte als sie es wahrscheinlich eh schon tat, weshalb ich beschloss die Fahrt über kein Sterbenswörtchen darüber zu verlieren.

Stattdessen konzentrierte ich mich auf das Drumherum, das in rasender Geschwindigkeit an mir vorbeizog. Dabei machte sich die nicht gerade kleine Menge an Beruhigungspillen, die ich mir vorher eingeworfen hatte, nützlich. Sie halfen ebenso ganz gut dabei, die Unzufriedenheit darüber, dass mir keine Ecke bekannt vorkam, in den Hintergrund zu schieben.

Trotzdem war ich heilfroh als ich endlich aus dem Fahrzeug steigen durfte und das Haus, das sich direkt vor mir befand, mit großen Augen anschaute. Ich hatte mir zwar vorgenommen, für alles offen zu sein und nicht allzu überrascht zu wirken sobald ich in Kontakt zu mir selber und meinem Heim kam, doch mit einem so imposanten Anwesen hatte ich nicht gerechnet, von der Größe mal ganz zu schweigen.

Remember You I Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt