Da mir außer den Erinnerungen nichts fehlte, war Dr. Joseph der Meinung, ich könnte sofort in der Schule einsteigen- jedenfalls sofern es mich nicht überanstrengte.
So stand ich also zwei Tage später schon mitten im Schulgebäude. Die Halle füllte sich langsam mit Schülern, die im Sturm beinahe jeden Quadratmeter der Aula einnahmen.
Es war mir schwer verständlich wie sie alle einigermaßen gut gelaunt durch die Menschenmasse trotten und dabei noch miteinander plaudern konnten. Mich brachte es bereits als passiver Beobachter völlig aus dem Konzept und die Lautstärke machte es nicht weniger turbulent.
Ich verdammte mich dafür, das Angebot meiner Mutter abgeschlagen zu haben, zumindest noch die Pause im Auto zu warten und kurz vor der Glocke reinzugehen- ich dachte, es wäre doch ganz nett, meine Freunde zu überraschen. Doch das hatte ich wohl offensichtlich nicht zu Ende gedacht.
Der Grund, weshalb ich erst in der zweiten Pause kam, war, dass meine Mutter darauf bestanden hatte, mich noch nicht allzu früh loszuschicken. Ich bräuchte meinen Schlaf, meinte sie streng, bevor es mir möglich gewesen war, Einspruch zu erheben. Die Tatsache, dass ich in der Nacht eh nicht genug Schlaf abbekam, ließen wir kunstfertig außer Acht.
Ich fühlte mich beobachtet und unsichtbar zugleich und versuchte herauszufinden, wie das eigentlich sein konnte. Sie mussten mich alle für verrückt halten, überlegte ich. Mein Gesichtsausdruck erinnerte ganz bestimmt an den eines Schiffbrüchigen. Notleidend sah ich mich um und hatte nicht die geringste Ahnung, nach was genau ich Ausschau hielt. Ehrlich gesagt war ich kurz vorm Verzweifeln, da ich keiner Menschenseele in dem Gewusel einen Namen zuordnen konnte.
Ich befürchtete gleich noch vom Strom der Schüler mitgezogen zu werden als ich jemanden hinter mir meinen Namen quietschen hörte und zusammenfuhr. Bevor ich realisieren konnte, um wen es sich handelte, schlangen sich auch schon zwei Arme um mich. Ich meine es bitterernst, wenn ich behaupte, dass ich für den Bruchteil einer Sekunde den Tod vor Augen hatte.
"Oh Gott, ich wollte dich nicht erschrecken, Harry. Entschuldige- ich hätte mich nicht so von hinten anschleichen sollen.", rasselte Rose zerknirscht herunter und löste sich augenblicklich von mir. Ich schnitt ihr das Wort ab und riss mich zusammen, nicht allzu verkrampft aufzutreten.
"Unsinn!", warf ich ein und rang mir ein Lächeln ab. "Mir geht es gut. Ich bin ganz froh, jemanden, den ich kenne, um mich herum zu haben." Und ein Körnchen Wahrheit steckte darin.
"Es ist so schön, dich wieder zu sehen.", säuselte sie derweil sie mich mit ihrem perfekten Lächeln anstrahlte und mir direkt in die Augen sah. Ich schluckte mein Unbehagen darüber, dass ich immer noch nicht wusste, wie genau ich mich in ihrer Gegenwart verhalten sollte, hinunter und brummte bloß zuversichtlich (insoweit sich ein Brummen zuversichtlich anhören konnte).
Rose griff ohne Vorwarnung nach meiner Hand und ich betete im Stillen, dass man mir die Überforderung nicht ansah. Ich bin vollkommen normal, redete ich auf mich ein. Ein Junge, der die Hand seiner Freundin hält. Mit dem minimalen Unterschied,
dass er sich an diese nicht erinnern konnte und sich nicht einmal sicher war, inwieweit es sich bei den beiden um eine richtige Beziehung handelte.
Zudem sollte man dafür eigentlich auch etwas mit dem Begriff »Beziehung« anfangen können (-was ich absolut nicht tat). Shit happens.
"Lass uns zu den anderen gehen.", schlug sie vor während ihr Blick schon zur Cafeteria wanderte.
"Klingt gut." Ich holte tief Luft und verschränkte unsere Finger ineinander- so viel Wagemut hatte ich mir gar nicht zugetraut. Unsicher betrachtete ich sie von der Seite ehe ihre Mundwinkel weiter nach oben schossen.

DU LIEST GERADE
Remember You I Larry Stylinson
Fiksi PenggemarEs ist schwer, jemanden zu vergessen, der dir so viel zum Erinnern gab. geschrieben von @ItsDizzy und @emuliert