Vier Schüler durften in ein Boot und es war für keinen von ihnen eine Frage, wer die anderen drei sein würden. Aufgeregt starrte Remus in die Dunkelheit, die ihm nur halb so dunkel erschien wie den anderen, und versuchte irgendetwas Interessantes zu entdecken. Nach einer Minute musste er zugeben, dass ausnahmslos alles interessant war, selbst wenn er nur die Algen tief unten im Wasser beobachtete.
Dann sah Remus eine Spiegelung im Wasser und stieß ein lautes "Ohh!" aus, während er seinen Blick schnell hochgleiten ließ. Andere Schüler taten es ihm nach und starrten mit großen Augen gespannt auf das Schloss, das aus der Dunkelheit herausstach.
"Ich komm mir vor wie in einem Märchen", flüsterte Peter und so kitschig das auch klang, die anderen konnten nicht anders, als ihm zuzustimmen. Sobald ihr Boot das Ende des Sees erreicht hatte, sprangen die vier raus. Sie folgten dem Wildhüter Hagrid den Weg zum Schloss hinauf, wo eine Hexe mittleren Alters übernahm.
Bei der Rede hörte Remus nur mit einem Ohr zu. Ihren Namen hatte er sich aber gemerkt. Doch als die Hexe mit dem Spitzhut die Tür zu einer großen Halle öffnete und die neuen Erstklässler vor ließ, wurde er beim betreten der Halle gehindert. Professor McGonagall hatte eine Hand auf seine Schulter gelegt und bedeutete ihm, kurz zu warten. Als alle Erstklässler an ihm vorbei gelaufen waren, sagte sie zu ihm: "Professor Dumbledore möchte Sie nach dem Essen sprechen. Warten Sie genau hier auf mich, Mr Lupin, ich werde Sie in sein Büro führen."
Die Hexe wollte sich gerade abwenden, als Remus sie zurück hielt. "Woher wussten Sie, dass ich der..." - er blickte sich kurz um, um sicher zu gehen, dass ihn niemand hören konnte - "... der Werwolf bin, Professor?"
Etwas ängstlich sah er in ihre strengen Augen, die gerade in diesem Augenblick etwas sanfter wurden. "Sie sind nicht besonders unauffällig, Mr Lupin." Dabei deutete sie mitleidig auf die Stelle oberhalb seines Auges.
Danach schob sie ihn vor sich in die Halle, wo er sich so unauffällig wie möglich unter die Schüler mischte und nach einem bekannten Ausschau hielt. Als er Sirius erreicht hatte, sah ihm dieser vorwurfsvoll in die Augen. "Du warst einfach so verschwunden! Wo warst du?"
Glücklicherweise blieb Remus die Antwort erspart, als McGonagall den Namen des ersten Schülers vorlies. Von den drei Jungs, die Remus inzwischen kannte, wurde Sirius zuerst aufgerufen: "Black, Sirius."
James neben ihm sog scharf die Luft ein. "Black? Sirius ist ein Black?"
Verwirrt wandte Remus seine Aufmerksamkeit von Sirius zu James. Dann fragte er neugierig: "Was ist denn daran so außergewöhnlich?"
Der Angesprochene drehte sich zu ihm um. "Die Blacks sind eine schwarzmagische Familie. Ausnahmslos jeder war in Slytherin und fies zu jedem, der nicht nach ihren Regeln spielt."
"Oh", machte Remus nur. "Vielleicht ist er ja anders?"
"Ja, vielleicht", murmelte James zustimmend und sah wieder hoffnungsvoll zu Sirius, der inzwischen auf dem Stuhl saß und in diesem Augenblick den Hut aufgesetzt bekam. Die beiden schienen eine für jeden anderen unhörbare Unterhaltung zu führen.
Dann, nach ein paar Sekunden, ertönte ein lautes "GRYFFINDOR!"
Nur vereinzelnter Applaus war zu hören. Sirius selbst war zu geschockt, um sich zu bewegen. Irgendwo vom Slytherintisch kam ein lautes: "Was?"
Dieser Ausruf schien Sirius aus seiner Starre zu bringen. Ein triumphierendes Grinsen erschien auf seinem Gesicht, während er vom Stuhl sprang und McGonagall den Hut zurückgab. "Tja, Bella", rief er in Richtung Slytherintisch; Remus nahm an, er hatte sich an die Stimme gerichtet, die vorhin gesprochen hatte. "Richte meinen Eltern liebe Grüße aus."
Dann setzte er sich auf einen freien Stuhl am Gryffindortisch, der sich doch dazu entschied, nochmal zu applaudieren, diesmal richtig. Danach ging die Auswahl ohne Komplikationen weiter. Als Remus nervös auf den Stuhl zutrat, fragte er sich, wieso er überhaupt nervös war. Er war nicht besonders loyal oder hilfsbereit, jedenfalls hatte er nie die Gelegenheit gehabt, das zu sein. Weder listig noch ehrgeizig oder mutig und tapfer. Eigentlich passte nur Rawenclaw. Traurig darüber, dass er nicht mit Sirius in ein Haus kommen würde, setzte er den Hut auf.
Oh!, wisperte eine leise Stimme in seinem Kopf. Das kam unerwartet. Aber mal sehen, intelligent, ja, du bist mutig, keine Frage. Innerlich lachte Remus trocken auf. Ich bin nicht mutig. Wie kam der Hut auf so einen lächerlichen Gedanken? Denkst du das wirklich? Hm... um dir das Gegenteil zu beweisen: "GRYFFINDOR!"
Schnell sprang der Junge vom Stuhl, drückte der Hexe neben ihm den Hut in die Hand und lief auf den richtigen Tisch zu. Gryffindor? Er? Ein Werwolf?
Als Remus bei Sirius ankam, stand er jubelnd auf und zog ihn im eine feste Umarmung. "Für Rawenclaw wärst du sowieso zu schade", flüsterte er ihm mit einem Grinsen und Ohr. "Und in Slytherin wärst du verkümmert", gab Remus lachend zurück und setzte sich. Ihm war natürlich aufgefallen, dass er nicht so viel Applaus bekommen hatte wie z. B. Lily Evans, die vor ihm aufgerufen wurde. Das lag an seinem Erscheinungsbild, doch zum ersten Mal kümmerte es ihn nicht. Er war glücklich und jubelte kräftig mit, als Peter ebenfalls in Gryffindor landete. Baff setzte er sich Sirius gegenüber und seufzte grinsend. "Ein Glück", sagte er. "Mit Paul Murphy hätte ich mir ungern den Schlafsaal geteilt."
James, der diesen Satz gehört hatte, lachte laut auf, klopfte Peter auf die Schulter und setzte sich neben ihn. Potter kam direkt nach Pettigrew und hatte nicht mal eine Sekunde den Hut auf seinem Kopf gehabt.
Das köstliche Festessen begann und die vier neuen Freunde unterhielten sich ausgelassen. Sirius' Nachname war völlig egal mit seiner Einteilung nach Gryffindor, keinem machte es mehr irgendetwas aus. Nur Remus Lupin war etwas in sich gekehrt seit er einen kurzen Blick auf den Schulleiter geworfen hatte, der ihn in eben diesem Moment über seine Halbmondbrille ansah. Leider konnte Remus nicht herausfinden, was dieser kurze Blickaustausch bedeuten könnte. Dann fiel ihm das kommende Gespräch wieder ein. Durch die ganze Aufregung hatte er vollkommen vergessen, dass er ja noch zu Professor Dumbledore ins Büro gehen musste.
Das verdarb seine Hochstimmung ein wenig, allerdings sollte er realistisch bleiben. Ein Werwolf, das war er. Freunde, egal wie sehr er sich nach welchen sehnte, sollte er vermeiden. Es erschien ihm sehr unwahrscheinlich, dass jemand mit einem Werwolf befreundet sein wollte und er befürchtete, dass er es nicht ewig verbergen konnte.
Den anderen fiel nicht auf, dass Remus sich plötzlich zurückgehalten hatte, was das Reden und lachen anging. Erst als sie aufstanden und den Vertrauensschülern aus der großen Halle folgten, bemerkten sie, dass Remus Lupin fehlte. Inzwischen standen sie ratlos vor dem Portrait und fragten sich, wo ihr neu gewonnener Freund wieder hin verschwunden war.
Natürlich konnten sie nicht ahnen, dass Remus neben der Tür zur hell beleuchteten großen Halle im Schatten stand und nervös auf seine neue Hauslehrerin wartete, aber es nicht wagte zu ihr zu gehen, solange noch weitere Schüler im Schloss sichtbar herumliefen.
Erst als das Schloss gespenstisch still war und McGonagall ungeduldig im Licht stand, das durch die geöffnete Tür in den Flur strahlte, trat Remus mit langsamen Schritten aus dem Schatten.
1170 Wörter
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Mondlicht ~ Wolfstar
FanfictionRemus Lupin. Sirius Black. Die wirklich wahre Geschichte. Die Rechte für diese fantastische Welt gehören J. K. Rowling!