Genervt polierte Remus die Spiegel im Korridor im vierten Stock. Wieso war ihm vorher nie aufgefallen, dass so viele Spiegel im Schloss hingen..
"Wie viel haben wir noch vor uns?", fragte James nicht minder genervt.
"Zu viel", erwiderte der Werwolf und nahm sich den nächsten Spiegel vor, ein paar Meter weiter vorne. "Gibt noch drei weitere Stockwerke. Aber im sechsten gibt es nicht so viele."
Dann warf er einen Blick über die Schulter zu seinem besten Freund und murmelte noch: "Glaube ich."
"Hört auf, euch zu beschweren!", erklang plötzlich eine Stimme aus James' Umhangtasche. Ohne jegliche Überraschung zog der Junge den Spiegel hervor und grinste hinein. "Hallo Tatze."
"Nichts 'Hallo Tatze'!", knurrte der Black. "Wenn ihr eure Arbeit so lästig findet, was haltet ihr von einem Tausch? Ich bin sicher, Peter hätte nichts dagegen."
Remus trat noch rechtzeitig nah genug heran, um zu sehen, wie Peter mit einem Lappen in der Hand auf dem Boden kniete und eine Grimasse zog.
"Danke für das Angebot, aber ich gönne dir eine tolle Arbeit. Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben, weil du uns diese Drecksarbeit aufgebrummt hast", sagte Remus gespielt selbstlos und grinste breit in den Spiegel, nur um zu sehen, wie Sirius seine Stirn in Falten legte.
"Drecksarbeit?", dann hob er seine Hand und zeigte ihm den grünen Schleim. "Pass bloß auf, was du sagst, Moony. Sonst landet das noch aus Versehen in deinem Bett."
"Ach komm schon, Tatze. Das alles ist immerhin deine Schuld."
"Was?"
Remus wandte sich wieder der Arbeit zu, während James nur an der Wand gelehnt weiterhin in den Spiegel blickte.
"Ganz unrecht hat Moony ja nicht", sagte James mit einem neckischen Gesichtsausdruck. "Wenn du dich an unseren Plan gehalten hättest, wären wir nicht erwischt worden."
"Pf. Eigentlich wollte ich euch warnen, weil Filch auf dem Weg für seine Kontrollrunde ist, aber das lass ich jetzt mal schön bleiben."
Damit verschwand Sirius' Gesicht aus dem Spiegel, aber das konnte James nicht mehr sehen, denn er hatte ihn bei dem Wort 'Filch' augenblicklich in seine Tasche gepackt und angefangen zu arbeiten. Keine Sekunde zu früh, denn Filch trat aus dem Schatten des Korridors und motzte sie an, warum sie nicht schneller waren.
Dann machte er sich noch kurz über sie lustig, was die beiden Jungs innerlich zur Weißglut treibte, und verschwand. James verdrehte nur die Augen und warf den Lappen auf den Boden.
"Es gibt keinen Schüler an der ganzen Schule, der ihn leiden kann!", meinte er und seufzte.
"Stimmt", ertönte eine weibliche Stimme aus der Dunkelheit. Erschrocken zuckten beide Jungs zusammen und wandten sich um.
"Lily?!"
"Jup", sie trat aus dem Schatten in das spärliche Licht und grinste. "Ich bin gerade auf meinem Rundgang. Normalerweise mach ich das ja mit einem Partner, aber der ist heute", sie warf einen strengen Blick zu Remus, "irgendwie nicht dabei."
Remus sah schuldbewusst auf den Boden. "Ja, also was das angeht..."
"Ach, egal, ich bin das ja von dir gewöhnt."
Remus nickte. Das kam tatsächlich öfter vor, dass er nicht mit ihr unterwegs sein konnte, um nachts die Flure zu kontrollieren. Aber das hatten sie auch so geplant. Immer um Vollmond herum, wo er einfach nicht da sein konnte, hatte er eine Schicht mit ihr. An den anderen Tagen war es manchmal so und manchmal anders. Allerdings verpasste er auch ab und zu einen Rundgang wegen Nachsitzen. So wie heute.
"Ja, sorry nochmal. Aber im Ernst, sonst bist du immer ziemlich... sauer, wenn ich deswegen fehle. Heute klingst du vergnügt."
Lily lachte. Das war tatsächlich ungewöhnlich, in James' Gegenwart lachte sie selten. "Kann sein. Aber ich habe heute gute Laune. Und ich will nicht länger alleine hier im Schloss rumlaufen. Das ist langweilig."
"Aber", meldete sich James jetzt zum ersten Mal zu Wort, "wir haben noch die ganzen Spiegel vor uns."
Ungerührt zog die rothaarige Hexe eine Augenbraue hoch. "Schon mal etwas von Magie gehört?"
"Die Magie, die wir nicht benutzen dürfen?", fragte der Werwolf ironisch und seufzte, als er den Lappen wieder in den Eimer fallen ließ.
"Ihr nicht", meinte Lily, "ich schon."
Im nächsten Augenblick hatte sie ihren Zauberstab erhoben und alle Spiegel in ihrer Sichtweise wurden mit einem Schlag sauber.
Verblüfft starrten die beiden Jungs er auf die Hexe, dann auf die Spiegel, und dann wieder zur Hexe. "Danke!", rief James dann mit einem Mal aus und wollte sie umarmen, hielt sich aber in letzter Sekunde zurück und räusperte sich verlegen.
Der Werwolf hielt ein Lachen zurück. Es war aber wirklich lustig, wie unsicher der sonst so selbstbewusste und arrogante Potterjunge in der Gegenwart dieser Hexe war.
"Wirklich, danke Lily", sagte nun auch er und hob die Putzsachen auf. "Aber wieso hast du das gemacht?"
Sonst war das rothaarige Mädchen immer der Meinung, dass sie die Strafarbeit auch verdient hatten, immerhin hatten sie gegen die Schulregeln verstoßen.
"Wie du schon sagtest, niemand kann Filch leiden."
Damit setzte sie ihren Rundgang fort, mit den beiden Jungen im Schlepptau. Nach kurzer Zeit hatte James zu ihr aufgeschlossen und schaffte es sogar tatsächlich, die Vertrauensschülerin in ein Gespräch zu verwickeln.
Überrascht bemerkte Remus, wie Lily sogar interessiert an der Unterhaltung wirkte. Er ließ sich ein paar Meter zurückfallen und beobachtete seine Freunde weiter. Die ganze Zeit über redeten die beiden, lachten sogar. In regelmäßigen Abständen hob Lily ihren Zauberstab und polierte die Spiegel, ließ jedoch ihre Konzentration bei dem Jungen mit den verwuschelten schwarzen Haaren. Mit einem Lächeln auf den Lippen freute sich Remus für sie. Sah so aus, als würde James vielleicht doch noch eine Chance bekommen. Eine, die er vielleicht, wenn er sich ein bisschen Mühe gab, sogar verdiente.
Nur 933 Wörter
DU LIEST GERADE
Mondlicht ~ Wolfstar
FanfictionRemus Lupin. Sirius Black. Die wirklich wahre Geschichte. Die Rechte für diese fantastische Welt gehören J. K. Rowling!