Mondlicht ~ Wolfstar

22 ~ Jahr 5

Schlecht gelaunt saß Sirius beim Frühstück in der Großen Halle. Es war der Tag nach den Weihnachtsferien und abgesehen davon, dass seine Ferien schrecklich waren, hatte er Remus nicht gesehen. Am Vortag im Zug hatte er gedacht, dass der Werwolf wie auf der Fahrt nach London im Vertrauensschülerabteil geblieben war, um ihm nicht über den Weg zu laufen, aber so war es nicht, wie er jetzt feststellte. Das Frühstück war beinahe zu Ende und Remus war immer noch nicht aufgetaucht. Hatte der Junge etwa seinetwegen Hogwarts verlassen?

James trat ihm gegen das Schienbein und schreckte ihn somit auf. "Wir müssen los."

Seit dem Vorfall war James anders als vorher. Es hatte eine Weile gedauert, bis er Sirius verziehen hatte - und das hatte er auch nur, weil er gemerkt hatte, dass Sirius durch Remus schon genug bestraft war.

In Verwandlung saß Sirius stumm da und achtete nicht auf den Unterricht. Besorgt musterte James seinen Bruder und seufzte innerlich. So konnte es nicht weitergehen. Remus hatte Sirius zwar ein Weihnachtsgeschenk per Eule geschickt, aber James wusste, dass er das nur getan hatte, weil er es schon vor langer Zeit besorgt hatte.

Nachdem die Lehrerin also den Unterricht mit den üblichen vielen Hausaufgaben beendet hatte, ging er zu ihr nach vorne zum Lehrerpult. "Professor McGonagall?"

"Ja, Potter?"

"Wissen Sie, wo Remus ist? Er ist nach den Winterferien nicht aufgetaucht."

"Ich befürchte, ich darf keine Auskunft über sein Bleiben geben. Tut mir leid."

"Aber Professor -"

"Nichts, was Sie sagen, könnte daran etwas ändern. Und jetzt gehen Sie, der Unterricht beginnt gleich."

Niedergeschlagen ließ es James darauf beruhen und machte sich auf den Weg zur nächsten Stunde. Natürlich war er zu spät dran, aber es scherte ihn nicht. Diese eine Stunde Nachsitzen machte auch keinen Unterschied mehr.

Plötzlich hatte er einen Einfall. Als es zum Ende der Stunde klingelte, packte er seine Sachen zusammen und rannte einer rothaarigen Hexe hinterher, die mit ihren Freundinnen schon auf dem Weg zur Großen Halle war.

"Lil-Evans! Warte mal!"

Genervt blieb Lily stehen und drehte sich zu ihm um. Ihre Augen verrieten ihm, dass sie ihn nicht besonders willkommen hieß.

"Nein, Potter, ich werde nicht mit dir ausgehen."

"Bedauerlich, aber deswegen bin ich nicht hier. Es geht um Remus."

"Was ist mit ihm?"

"Weißt du, wo er ist?", fragte James und wusste sofort, dass Lily die Verzweiflung in seiner Stimme gehört hatte.

"Nein, tut mir leid. Wenn du etwas erfährst, sag mir bitte Bescheid."

Danach lächelte sie ihn sympathisch an und lief wieder weg. Trotz seiner Sorgen konnte er das Strahlen in seinen Augen nicht verhindern. Lily Evans hatte ihn angelächelt. Und zwar ohne das spöttische Funkeln in ihren Augen!

***

Es vergingen einige Tage, bis Remus zurückkehrte. Das bekamen die drei Jungs auch nur per Zufall mit, unter anderen Umständen hätten sie das nicht erfahren. Peter hatte nämlich in Zaubertränke eine kleine Explosion verursacht und musste, weil er sich ein paar Verbrühungen zugezogen hatte, in den Krankenflügel. (Nein, dort traf er nicht auf Remus.) Die Behandlung dauerte leider einige Stunden und demnach war er ziemlich schlecht gelaunt, als er merkte, dass er das Abendessen verpasst hatte.

Im Schlafsaal angekommen konnte James das betrübte Gesicht des kleinen Jungen nicht aushalten, ebensowenig wie das laute Knurren aus dessen Magen, weswegen sich alle drei unter dem Tarnumhang in die Küche schlichen. Auf dem Weg zurück warf Peter einen Blick aus dem Fenster und sah eine Frau mit schwarz wehendem Umhang auf den Weg zum Schloss laufen. Mit zusammen gekniffenen Augen erschloss er sich, dass es Madam Pomfrey war.