|| Kapitel 63 ||

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|| Kapitel 63 ||

- May -

"An meiner Stelle, sollte ich verschwinden", sagte Yong, als wir ihn mit den Beweisen konfrontierten. Ja, er war nur bei uns, um uns zu sabotieren, damit sein Vater mehr Kunden bekam. Dumm sind die ja nicht, aber auch nicht gerade schlau. Er saß auf dem Stuhl, während JP sauer auf und ab tigerte, ich saß ebenfalls im Büro in meinem Bürostuhl, während Shinji in der Nase bohrte.
"Du bist ekelig", sagte ich zu ihm.
Er fuhr zusammen und blickte mich komisch an. "Sorry, hab vergessen, dass ich nicht alleine bin."
"Haben wir gemerkt", sagte JP. "Wo bleiben denn die Bullen?"
"Sind die wirklich nötig?", fragte Yong.
"Ja, sind sie", nickte ich und schaute aus dem Fenster meines Büros, als ich meinen Mann dort herumlungern sah. Was machte der denn hier.
"Warte mal", sagte ich und verließ das Büro. "Was verschafft dir die Ehre?"
"Wir sind Eltern eines gestohlenen Hamsters", antwortete er nur. "Uhm, hast du nicht schon Feierabend?"
"Wir warten nur auf die Polizei."
"Polizei, wieso?", fragte Marco panisch.
Ich erklärte Marco die Sache mit Yong und dieser schüttelte nur seinen Kopf. "Sachen gibt es."

***
"Ich bring dich auch morgen zur Arbeit", sagte Marco, als wir auf dem Weg nach Hause waren. Ich saß auf dem Beifahrersitz, während Marco seelenruhig durch die Straße fuhr.
"Wieso das? Gehst du jetzt unter die Taxifahrer?"
"Ich habe keine Arbeit mehr. Was soll ich sonst machen?"
"Arbeitete doch bei mir in der Werkstatt", schlug ich sofort vor. "Ich meine, du kannst das ja alles und hast auch schon so mitgeholfen. Und ich könnte dich gebrauchen."
Marco schmunzelte. "Wenn du mich so sehr willst, dann würde ich liebend gerne das Angebot annehmen."
"Was anderes bleibt dir auch nicht übrig", scherzte ich und lachte leise. Marco stimmte mit ein. "Hast du gekocht?"
"Ich dachte, wir bestellen uns was zum Essen. Pizza, oder Döner?"
"Griechisch", sagte ich. "Ich hab gewaltigen Hunger auf Gyros."
"Wenn meine Frau das so will."
"Ja, das will ich so", nickte ich und lehnte mich nach hinten in den Ledersitz des AMGs. "Ich bin froh."
"Froh, wieso?"
"Dass wir uns wieder zusammengerauft haben. Das meine ich damit."
"Ja, zum Thema nachtragend. Ich bin das nicht immer. Ja, klar, es ist irgendwie auch beschissen, aber es ändert sich nichts an meinen väterlichen Gefühlen zu Kane. Er wird immer mein Sohn bleiben. Ob biologisch, oder nicht. Es gibt keinen Mann mehr, der mir Kane wegnehmen könnte. Und mal ehrlich, ich hab in unserer Pause gesehen, dass ich einfach nicht ohne dich konnte. Ich hab dich höllisch vermisst, ich habe meine Familie vermisst. Ich kann darüber hinweg sehen. Ich bin dabei darüber hinwegzusehen. Ich kann meine Familie nicht einfach wegschmeißen. Was wäre ich für ein Mann."
"Danke", sagte ich und fasste nach Marcos Hand und dieser verschränkte sofort seine Finger in meinen. "Ich hab keine Ahnung, was ich dazu sagen soll. Ich hab dich nicht verdient."
"Du verdienst mich, wäre ich sonst bei dir?"
"Ja und nein", sagte ich. "Hast du mit dem Gedanken gespielt die Scheidung einzureichen?"
Marco seufzte. "Ehrlich? Den Gedanken hatte ich gehabt. Aber den habe ich auch schnell wieder über Bord geworfen. Wieso sollte ich das Beste in meinem Leben wegwerfen?"
"Im Ernst, schreibst du heimlich Sprüche für Glückskekse?"
"Nein", lachte Marco und schnitt eine Grimasse. "Wäre eine Möglichkeit, hätte ich keine Arbeit bei meiner Frau gefunden."
"Deine Frau scheint echt nicht übel zu sein", scherzte ich.
Er nickte nur. "Sie ist völlig in Ordnung."

***
"Mina, magst du mit runter kommen?", fragte ich, als ich ins Zimmer ging. Ihre Tür stand offen und sie hing gerade an ihrem Computer.
Sie blickte zu mir. "Wieso? Was gibt es denn? Und was auch immer es war, ich war es nicht. Aleyna war's... was auch immer das Problem ist."
"Habt ihr irgendwas angestellt?", fragte ich verdutzt. "Welche Vase ist zu Bruch gegangen? Bist du Auto gefahren? Was warst du nicht?"
"Keine Ahnung, sag du es mir", antwortete Mina. "Du hast dich gerade ziemlich ernst angehört. Deshalb die Panik."
"Oh", meinte ich. "Naja, ich wollte eigentlich nur mit euch einen Film gucken. Familienfilmeabend, mit Disneyfilmen und ohne Kane."
"Ja, okay, aber bitte die Eiskönigin", sagte sie und drückte auf den Knopf am Bildschirm, um den Standby-Modus zu aktivieren. Nachdem ich dann noch Aleyna eingefangen hatte, die wild durch das Haus lief, weil wir nach langer Zeit endlich einen Film schauten- das als Familie, verfrachtete ich sie auf der Couch zwischen Pua und Mina, während Marco den Film im Netflix-Store heraussuchte. Das war schwierig, da es mittlerweile 6 weitere Eisköniginnen-Filme gab und dort zwischen waren eben die einzelnen Folgen der Serie.
Nachdem ich ein paar Schüsseln mit Snacks, wie Chips, Salzstangen und Erdnussflips auf den Tisch stellte, huschte ich den Keller, um kleine Getränkeflaschen zu holen.

"Irgendwie fehlt Kane", flüsterte mir Mina mitten im Film zu. Ich legte meinen Arm um sie herum.
"Irgendwie schon", stimmte ich zu und streichelte über Aleynas Rücken, die halb auf Marco und halb auf mir lag und mittlerweile am schlafen war. Typisch. Keine halbe Stunde lief der Film und die Kleine war wieder eingeschlafen.
"Ich bring sie ins Bett", sagte Marco und hob Aleyna mit hoch, als er aufstand.
Kaum war Aleyna mit Marco aus dem Wohnzimmer verschwunden, rutschte Pua zu mir rüber und legte ihren Kopf auf meinem Oberschenkel ab. Dann hab der kleine Hund dieses niedliche und zufriedene Seufzerchen von sich, was ich an den Tieren einfach nur liebte. Ich legte meine Hand auf ihrem Kopf und kraulte der Hündin hinter dem Ohr. Wieder dieser kleiner Seufzer.
Marco kam wieder ins Wohnzimmer und quetschte sich neben Mina, auf die Couch.
"Boah, ich mag diesen Olaf nicht", sagte Mina und schauderte. "Der macht mir irgendwie Angst."
Marco und ich fingen an zu lachen.
"Was?", fragte sie uns.
"Das wissen wir doch", meinte ich. "Nicht um sonst hast du als Kind alle Schneemänner kreischend Kurz und Klein geschlagen."
"Hab ich das?"
"Ja."
"Oh", grinste Mina. "Ja, erklärt dann wohl alles."

***
"Wie ist es eigentlich wieder mit deiner Frau in einem Bett zu schlafen?", fragte ich Marco, spät am Abend. Ich saß schon im Bett und hing über einer Auto-Zeitung, während er gerade mit frisch geputzten Zähnen ins Schlafzimmer kam.
"Beunruhigend wenig Platz."
"Ich hatte mich daran gewöhnt. Aber gut, dann teilen wir uns eben das Bett", scherzte ich und legte die Zeitung weg, als Marco sich mit ins Bett begab.
"Gute Nacht."
"Gute Nacht", gab ich zurück und legte mich hin. "Vergiss nicht, Medical Detectives anzumachen. Sonst können wir nicht schlafen."
"Da war ja was", nickte Marco und schaltete den Fernseher an. Dann blickte er zu mir. Und ich irritiert zu ihm. "Hi?", fragte ich ihn verdutzt.
"Hallo", nickte er und schaute wieder zum TV. "Du ist komisch."
"Die Situation ist komisch", sagte ich und runzelte die Stirn. "Immer wenn ich ins Bett gegangen bin, hast du schon geschlafen, oder anders herum."
"Dann gewöhnen wir uns eben daran", meinte Marco und legte sich hin. "Genau wie ich mich an deine Eisfüße gewöhnen muss, du Eiskönigin."
"Kommt alles von meinem Herzen."
"Das glaube ich dir bei anderen Menschen irgendwie. Aber bei deiner Familie, strahlt es nur von deinen Füßen aus."
"Ich kann auch nichts dafür, dass Menschen scheiße sind", sagte ich schulterzuckend. Marco lachte leise.
"Ja, irgendwie habe ich das vermisst. Ich hab dich vermisst."
"Ich hab dich auch vermisst", gab ich zurück. Ich spannte mich vollkommen an, als Marco das erste Mal seit langem einen kleinen Kuss auf meine Lippen drückte. "Gute Nacht." Dann drehte er sich weg und zog seine Decke über sich.
"Gute Nacht, nochmal", gab ich zurück und schaltete das Nachtlicht auf meiner Seite aus, welches neben den Fernseher das Zimmer erhellte.
So schnell ich meine Augen geschlossen hatte, so schnell schlief ich auch ein.

{3}»Kane♥« ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt