|| Kapitel 62 ||

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|| Kapitel 62 ||

- May -

"Okay, nein", sagte ich. "Ja, klar, man sieht es nicht, wenn das Öl leer ist? Guck ma, Yong. Hier gibt es extra ein Stäbchen, was eigentlich deine Welt ist. Auf jeden Fall, ziehst du das Dingen wieder raus und dann sieht man doch ob da eine Ölschicht drauf ist, oder nicht. Ich weiß, dass deine Sicht ein bisschen eingeschränkt ist..."
"Du bist witzig", murrte Yong ironisch und verdrehte die Augen. "Du bist ja noch schlimmer, als mein alter Chef. Der hat mich auch runter gemacht, weil ich asiatischer Herkunft bin. Bei ihm war es nicht so schlimm, weil er leicht schwarz war. Aber bei dir."
"Weil du nur Probleme machst. Du bestellst die Sachen doppelt und dreifach, ich durfte während du hier bist, zwei Kunden Geld in den Rachen schieben, da sie Motorschäden hatten, weil du die Fehler übersehen hast. Falls du es gemerkt hast, dass hier sind teure Autos und keine Sushiboxen aus Tokyo. Und du bist in der Probezeit."
"Ja, weiß ich."
"Denk daran, Probezeit. Kommt noch ein Fehler dazu, dann darfst du dir woanders einen Job suchen. Mir reicht es langsam mit dir und irgendwann ist eben gut", leicht wütend ging ich auf das Büro zu, blieb aber stehen, als ein brummender V8-Motor den Boden zum Zittern brachte. Ich hätte mit Marco in seinem AMG gerechnet, aber als ich zum Nissan GT-R sah, seufzte ich.
Yongs alter Chef und mein mehr oder weniger Konkurrent, was Tuning der Autos anging. Obwohl- wir sahen uns nicht als Konkurrenten an. Wir waren Freunde und gaben uns Tipps, oder tauchten die Mitarbeiter aus. Was bei Yong ein Fehler war.
"May, du schrumplige Bratwurst", würde ich mit einem breiten Grinsen begrüßt.
"JP, du schwarze Anusfresse", gab ich genauso liebevoll zurück. Wir beide umarmten uns. "Und? Wie macht er sich?", er blickte zu Yong und folgte mir in mein Büro.
"Mein Verdacht hat sich bestätigt, dass du ihn los werden wolltest."
JP blickte mich komisch an. "Oh, ist der immer noch grottig, was Autos angeht?"
"Er kann trotz Markenzeichen die Autos nicht auseinander halten, er hat zwei teure Autos von Kunden, die eigentlich nur Xenon-Lichter haben wollen geschrottet, in dem er am Motor herumgespielt hat- ergo zwei mal Motorschaden."
"Ach du liebes Lieschen", seufzte JP. "Was für Autos?"
"Ein AMG und ein McLaren."
"Oh mein Gott."
"Du weißt ganz genau, dass er in der Branche nichts zu suchen hat. Wieso hast du mir den Kerl angedreht? Willst du mein Ruf kaputt machen?"
"Bist du behämmert?", fragte er mich entsetzt. "Ich hab Marcel und dir beim Aufbau geholfen. Und nein, wir kamen mit Yong nicht klar und ich dachte, dass er wenigstens auf dich hört und sich bei dich anstrengt. Aber tut er ja immer noch nicht."
"Nimmst du ihn zurück?"
"Nee", sagte er. "Wieso kündigst du ihn nicht einfach?"
"Harry ist in Frührente wegen seiner Bandscheibe, der kriegt nichts mehr gebacken und allgemein ist hier schon Not am Mann."
"Mein Angebot, dass wir uns zusammen tun steht immer noch."
"Nein, du bist mir JP Performance schon am machen. Und ich habe meine Werkstatt. Die Zahlen sind hier im grünen Bereich. Bis auf ungebildetes Personal läuft es."
"Das Angebot verfällt nicht. Ich meine, wenn der Schlüpper mal in der Ritze zwickt."
"Weiß ich. Ist alles in Ordnung und wenn ich Hilfe brauche, dann melde ich mich beim weisen JP."
"Als dein mehr oder weniger Mentor verständlich", nickte er. "Und mit Yong? Was machste jetzt mit dem?" JP zog sein Cap zurecht.
"Leistet er sich noch mal was, fliegt er. So leid es mir tut. Aber ich brauche Arbeiter mit Erfahrung, die wissen was sie tun. Und keinen Asiaten der Suzuki und Honda nicht auseinander halten kann."
JP lachte. "Oh Gott", sagte er. "Ja, zu meinem Nissan GT-R hat er mal AMG gesagt. Aber der spielt das dann immer als Scherz runter."
"Wenn von zwei Kunden die Motoren in Flammen aufgehen ist das für mich nicht mehr witzig. Du weißt wie Teuer die Karren sind und dann hat der Motor auch noch da und da Schäden angerichtet."
"Alter Schwede", sagte JP und hielt sich die Hand vor dem Mund. "May, bevor er noch mehr Schaden anrichtet, würde ich ihn an deiner Stelle rausschmeißen. Auch wenn es nicht einfach ist. Und ich werde mal sehen, was sich bei mir machen lässt. Wenn hier echt Not am Mann ist, dann schick ich dir den Nobby rüber. Ich hab genügend."
Ich seufzte. "Na, wenn es dann nicht anders geht", sagte ich und verschränkte die Arme. "Von Nobby weiß ich auch, dass er wenigstens versteht was er tut."
"Und Suzuki und Honda kann er unterscheiden", grinste JP.
"Weiß ich", nickte ich. "Danke", sagte ich und boxte JP leicht gegen den Oberarm.
"Du hilfst mir aus und ich dir", nickte er. "Ist doch wohl selbstverständlich. Und das mit Yong tut mir leid. Da hat er uns beiden wohl an der Nase herumgeführt."
Zwischen den Unterlagen suchte ich die Bewerbungen heraus, die in letzter Zeit eingetrudelt waren. Darunter auch Yongs.
"Irgendwas sagt mir, dass ich mal nachforschen soll", sagte ich. "Gibt es diese asiatischen Schulen überhaupt?"
Google regelt. Und ja die gab es. Und unter Yongs Namen fanden wir auch auf der Seite heraus, dass er einer der besten Abschlussgänger in der KFZ-Klasse war. Ja, es gibt Elite-Unis für KFZ-Meister. Aber dann fanden JP und ich etwas, was uns ein bisschen zur Weißglut brachte.
Yong Sun Con Jr ist der Sohn von Yong Sun Con Sr- und letzteres betreibt ebenfalls eine Tuningwerkstatt in Dortmund die nicht so gut lief wie JP's und meine.
Vermutlich wollte man uns schaden. Den Ruf kaputt machen. Aber nicht mit uns.
"Wir haben keine Beweise", sagte JP. "Aber ich hätte da schon mal einen Plan. Spiel einfach mit."
Ich war aufgesprungen und lief ihm aus dem Büro hinter her. Wir gingen direkt zum Nissan.
"Es wäre echt lieb, wenn du den Öl-Wechsel machst. Bei uns ist die Hölle los", meinte JP. "Oh, und du bist doch vertraut mit der Innenausstattung?"
"Uhm, ja. Ja bin ich. Ich habe da meine Kontakte."
"Das schwarze Schlangenleder geht mit auf den Sack. Einfach die beiden Sitze neu überziehen. Dunkelrot wäre schon nice."
"Lässt sich einrichten", nickte ich.
Ich fragte mich immer noch was er vor hatte. Bis es im selben Moment, in dem JP eine Mikrokamera in der Lüftung platzierte, endlich Klick machte. Also spielte ich mit. "Yong, du kannst ja gleich zur Textil-Tusse mit der Karre fahren. Für den Bezug, der Sitze." Dann wandte ich mich zu JP. "Ist das dringlich mit dem Öl?"
"Eigentlich nicht", flüsterte er. Dann redete er lauter "Jaaaa, und wie!",
Nachdem ich der Textil-Tusse, nein, so nannten wir sie nicht aus Spaß, sie hieß wirklich so, oder besser gesagt ihre Firma, informiert habe, dass ein Mitarbeiter von mir auftauchen wird und Yong gefahren ist, schnappten JP und ich uns eines der Kundenautos und fuhren unauffällig hinter her. JP schaute die ganze Zeit gespannt auf sein Laptop, wenn er nicht sein Auto hinter her blickte.
"Hoffentlich geht er mit meinem Baby anständig um", sagte JP und stellte den Ton lauter. "Er telefoniert... auf Chinesisch. Asiatisch. Oder Mandarinisch? Apfelsinisch?"
"Bleib bei asiatisch", sagte ich und verdrehte die Augen. Gut, dass die Scheiben ein bisschen getönt waren. "Super. Und nun, May?"
"Mach dir mal um die Übersetzung keine Sorgen. Ich habe da meine Kontakte."
"Da bin ich mal gespannt, was da raus kommt", sagte JP. Im Kreisverkehr vor dem Laden der Textil-Tusse, verließ Yong die zweite Ausfahrt, während ich weiter im Kreis fuhr und mich wieder auf dem Weg zur Werkstatt machte.

- Mina -

"Morgen ist der letzte Schultag, kommst du dann mit Feiern?", fragte Emilia mich, als wir nebeneinander in der Klasse saßen. Es war gerade die kleine fünf Minutenpause und ich biss von dem kleinen Stück Karotte ab.
"Ich überlegs mir", sagte ich.
"Ach komm, Mina. Wir sind wieder eine Klasse weiter und das wird unser letztes Jahr werden. Nächstes Jahr verrotten wir als Azubis."
"Wie gesagt, ich überlege es mir. Ich hab auch noch eine Menge zu tun", sagte ich. "Ich bin ziemlich beschäftigt eine perfekte Fahrschule zu finden, wo ich später hin..."
"Sag doch einfach ja oder nein", unterbrach Emilia mich. "Willst du jetzt mit mir feiern? Wir waren ja lange nicht feiern, oder haben was gemacht."
"Ja, okay, ich gehe mit dir feiern", sagte ich und versuchte nicht all zu genervt zu klingen.
Emilia nickte zufrieden. "Super. Ich hole dich um acht ab." Dann wandte sie sich wieder ihrem Handy zu, während ich weiter über mein Essen herfiel.

***
Nach der Schule, machte ich mich zu Fuß auf den Weg nach Hause. Ich weiß auch nicht wieso ich eine Busfahrkarte habe, wenn die Schule nur fünf Minuten zu Fuß

{3}»Kane♥« ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt