|| Kapitel 43 ||

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|| Kapitel 43 ||

Nach dem Spiel war es so ruhig wie sonst nirgendswo im Stadion. Ich saß da und ließ meinen Kopf einfach hängen und versuchte irgendwie die Niederlage gegen den FC Bayern zu verdauen. Wir hatten tatsächlich mit 5:2 verloren und dementsprechend war meine Laune auch gewesen, auch wenn ich die beiden Tore für uns geschossen hatte.

„Hier", sagte Jonas und hielt mir sein Handy unter die Nase. Ich nahm es entgegen und blickte drauf. Er hatte eine App auf dem Handy geöffnet, wo die aktuellen Spielergebnisse der Ersten Bundesliga gezeigt wurden. Für meinen Vater gab es auch eine saftige Niederlage gegen Wolfsburg. 3:0 hat der BVB verloren. Ich seufzte erst misstrauisch, aber als ich mir dann den Spielbericht durchlas und sah, dass ein gewisser Wolfgang Stark das Spiel pfiff war mir sowieso einiges klar. Mittlerweile wusste die ganze Welt, dass er sowieso immer gegen den BVB pfiff. Ich verdrehte die Augen und gab Jonas das Handy wieder.

„Wollen wir nachher trainieren?", fragte er mich.

„Nee, lass mal. Ich hab keine Lust heute noch was zu machen."

„Okay, Jungs, könnt ihr mir mal verraten was das da draußen war? Was war das für ein katastrophales Spiel von euch? Nur weil es Bayern war, habt ihr euch in die Hosen geschissen und das Spiel nach einer verdammten Führung aufgegeben? Ihr habt mit zwei Toren geführt und ihr hättet einfach nur verteidigen müssen. Und was macht ihr?" Fabian blickte uns sauer an, während er wie wild in der Kabine auf und ab tigerte. „Anstatt nicht wie die ersten 50 Minuten dicht zu machen macht ihr auf und lasst die fünf Mal durch. Seid ihr irgendwie behindert, dass ihr die Bälle durchlässt wie eine Nutte ihre Freier auf der Reeperbahn? Ihr könnt froh sein, dass es nicht noch mehr Buden gegen uns gegeben hat. Wegen dem Spiel und eurer, tut mir leid, dass ich jetzt wieder beleidigend werde, aber es bleibt mir gerade nichts anderes übrig... Ihr seid einfach nur blöd und jetzt sind wir hinter Schalke auf dem sechsten Platz. Aber das ist jetzt nicht weiter der Punkt und euch nach Niederlagen runter machen, daran müsst ihr euch auch gewöhnen, weil ich einen Tag danach eh immer wieder der nette Fabian bin. Okay, fahrt nach Hause und kriegt euren Kopf frei. Wir sehen uns Montag in der Früh beim Training."

Fabian verließ die Kabine und ließ uns alleine. Ich sprang unter die Dusche und zog mir nach dem Duschen meine Klamotten an. Über den nassen Haaren zog ich mir einfach meine Mütze und machte mich dann auf dem Weg zum Privat-Parkplatz. Grummelnd schmiss ich meine Trainingstasche in den Kofferraum und schlug diesen zu. Als ich angerufen wurde, schaute ich erstmal auf den Bildschirm. Es war mein Dad gewesen. Ich nahm das Gespräch an.

„Ich hab's auch schon gehört. Alles gut?", fragte er mich.

„Ich bin sauer", brummte ich nur und setzte mich auf den Fahrersitz.

„Mensch, Kane. Du hast zwei Tore geschossen. Du spielst im Sturm und hattest zwar noch etliche Chancen auf deinen Füßen, aber du hast nichts mit der Abwehr zu tun. Das waren die anderen Spacken und der Torwart."

„Was auch immer. Ich fahre erstmal nach Hause um mich abzureagieren."

„Ich werde auch schon gerade von Mama nach Hause gefahren. Aleyna hat den Stark als Arschgrätsche beleidigt."

„Wenn's doch wahr ist."

„Er meinte zu mir, dass ich meine Kinder nicht unter Kontrolle habe. Erst „Blödi" und dann „Arschgeige." Ich habe daraufhin nur gesagt, dass Kinder immer die Wahrheit sagen. Und schon saß ich auf der Tribüne."

„Sie tritt einfach nur in meine Fußstapfen."

„Sie kommt aber nicht auf die Idee aufs Spielfeld zu laufen. Wie dem auch sei, du willst nach Hause und du sollst beim Fahren nicht telefonieren."

„Ich stehe auf dem Parkplatz und müsste eigentlich Jonas Durm mitnehmen. Ich hab aber momentan kein Bock auf den Spasti."

„So ging es mir mit Erik damals auch, aber nur weil Erik was von meiner Frau wollte."

„Fang doch nicht wieder mit dem Thema an", hörte ich Mama im Hintergrund sagen.

„Was!", sagte Mina. „Erik Durm wollte was von Mama? Wieso hast du denn nicht Erik genommen."

„Ey, hallo?"

„Ja was? Dann hätte ich blaugraue Augen."

„Meine Güte, kannst du dich mal zusammenreißen."

„Ich wollte nicht mit ins Stadion, aber ich wurde ja gezwungen. Jetzt hab ich wegen dir wieder Teen Wolf verpasst. Ich konnte gestern schon die Folge nicht gucken und heute ist diese Folge abgelaufen und auf DVD bekommst du die auch nicht..."

Genervt verdrehte ich die Augen und beendete einfach das Gespräch. Ich schmiss grummelnd mein Handy auf den Beifahrersitz und machte mich auf den Weg nach Hause.

Meine Freundin versuchte wirklich alles, damit ich den Tag nicht weiter vor Wut am kochen war, aber es klappte einfach nicht, bis ich mich irgendwann auf die Couch legte und einschlief. Ich bekam es irgendwann mit, dass Solin und Jonas sich in den Haaren hatten, da er Aleyna einfach einen Schneeball ins Gesicht geworfen hatte. Aleyna war hier? Klar, ich denke mal, dass Jonas nicht so am schreien und heulen war.
Ich sprang von der Couch auf und ging direkt auf die Terrasse. 
"Sie hat mich zuerst abgeworfen. Hab es vergessen, dass es ein Kind ist", rechtfertige Jonas sich, während Aleyna bei Solin auf dem Arm war und am schreien und weinen war.
"Wie kann man das vergessen, dass sie ein Kind ist? Wie behindert kann man eigentlich sein."
"Blödi!", schrie Aleyna aufgelöst meinen Nachbar und Teamkollegen an.
"Das war jetzt echt nicht mit Absicht."
"Gerade war es noch Absicht und keine Sekunden später wieder nicht. Du bist doch behindert, Junge. Ich hoffe, dass du dich niemals fortpflanzen wirst."
"Kannst du auch mal was sagen", Jonas blickte zu mir und ich wischte mir nur den Schlaf aus den Augen.
"Blödi", meinte ich nur und schnappte mir meine kleine Schwester. "Lass ihn ja am leben", sagte ich zu Soso und ging wieder rein. Und somit war die zweite Runde eröffnet. Irgendwann kreischte Jonas nur, als Solin sein Mund aufriss und seine Zunge an die Metallstange drücken wollte.
Aleyna die sich wieder beruhigt hatte, drückte ihre Nase an der Fensterscheibe platt und schrie immer wieder: "Go, Sosi."
Ich stand immer noch am Kühlschrank und hatte vergessen, was ich Aleyna geben wollte, da sie Hunger hatte.
"War das ein Eis?", fragte ich meine Schwester.
Sie schaute zu mir und runzelte die Stirn. "Du dumm? Fruchtzwerg."
"Ich hab aber keine Fruchtzwerge mehr", sagte ich und seufzte. "Ich habe gar kein Joghurt oder Pudding hier."
Aleyna hielt sich die Hand an die Stirn. "Einkaufen", meinte sie nur und ging zur Garderobe. "Alles muss ich machen."
Den letzten Satz kann sie ja nur von unserer Mutter haben. Oder von Oma Reus.
"Ich hole nur Solin und dann fahrt ihr beiden einkaufen. Mir geht's nicht so gut."
"Oh, bist du krank?", fragte meine Schwester mich besorgt. Sie blickte mich mit großen Augen an und ließ ihre pinken Winterstiefel fallen. Dann lief sie auf mich zu und blieb vor mir stehen. "Oder behindert?"
"Hast du das wieder von Mina gelernt?"
"Nee, Mami", sagte sie. "Sosi!"
"Bin ja schon da", sagte Solin und kam wieder in die Wohnung.
"Du hast ein Aggressionsproblem, Lady!", rief Jonas und lief in seine Wohnung zurück. Solin knallte die Tür zu und zog die Vorhänge. "Wieso wurde ich jetzt gerufen?"
"Kannst du mit meiner Schwester eben kurz nach Lidl?"
"Was ist mit dir?"
"Ich fühle mich nicht gut."
"Okay, dann machen wir das. Wir müssen eh einkaufen. Wenn wir einen kleinen Übernachtungsgast haben, darf der Kühlschrank ja nicht leer bleiben."
"Sie schläft bei uns? Ich dachte sie sollte eigentlich Morgen irgendwann kommen."
"Ja, Aleyna wollte das und ich denke, dass tut deinen Eltern auch mal gut. Und wenn es dir nicht gerade gut geht, kümmern Nico und ich uns halt um sie. Leg dich hin."
Ich hielt mir meinen Bauch und nickte nur. "Oh oh", sagte ich, als ich einen widerlichen Druck im Bauch verspürte, der sich aufblähte. "Nicht gut", rief ich und stürzte auf das Klo zu.
Japp, ich wurde krank, so wie es gerade oben und unten rausgeschossen kam. Ein Hoch auf den Architekten der Wohnung, der das Klo zwischen Waschbecken und Badewanne gebaut hatte, sodass ich die Qual der Wahl hatte, wo ich reinkotzen konnte, während ich auf dem Klo saß.

{3}»Kane♥« ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt