|| Kapitel Achtunddreißig ||

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|| Kapitel Achtunddreißig ||

~ May ~

"Springt die Karre nicht an?", fragte ich Nico, als ich in der Mittagspause nach Hause kam. Er hing kopfüber in der Motorhaube, als ich mich neben ihn stellte.
"Ja, die springt mal wieder nicht an", seufzte er. "Ich hab davon keine Ahnung. Kannst du eben kurz rüber schauen?"
"Ich gucke erstmal nach Mina."
"Marco ist da, der hat ein Auge auf die Kleine. Ich lasse sie ja schließlich nicht alleine im Haus. So bekloppt bin ich auch wieder nicht."
"Hab nichts gesagt", sagte ich und schmiss meine Handtasche auf die Motorhaube von Marcos Sciroccos der neben Nicos alten Wagen stand. "Musst du eigentlich nicht arbeiten?"
"Hab frei", sagte Nico.
"Na gut, ich denke mal, da das Auto auch nicht mehr das Jüngste ist, dass wir einmal, oder ich, schnell ein kleines Check-Up mache."
"Musst du dazu nicht in die Werkstatt?", fragte Nico mich.
"Warst du jemals in unserer Garage?", stellte ich die Gegenfrage und schnappte mir meine Handtasche. Dort kramte ich mir meinen Schlüsselbund raus und suchte nach der Fernbedienung der Garage. Ich drückte auf den Knopf und die Garage fuhr hoch.
"Wie viele Autos passen da rein?"
"Drei oder vier. Okay, bei uns nur zwei bis drei. Du siehst ja das ganze Werkzeug und die Werkbank."
"Krass", meinte Nico, der in die Garage ging. "Okay, soll ich dir das anreichen, was auch immer du brauchst?"
"Wenn du dich mit Werkzeug auskennst."
"Naja, geht so. Okay. Nee. Ich stehe einfach nur blöd da und seh gut aus."
"Vielleicht lernst du ja ein bisschen."
   Nachdem Nico und ich das Auto in die Garage geschoben hatten, packte ich das Ding auf die Hebebühne und ließ sie hoch fahren.
Außer Rost war unten nichts großartig zu sehen. Sah alles noch in Ordnung aus. Dann ließ ich das Auto wieder runter und schaute in die Motorhaube. Auch nichts. Die Kabel waren alle an ihrer Stelle.
"Starte mal das Auto", bat ich meinen Neffen. Er setzte sich ins Auto und versuchte das Auto zum starten zu bringen.
"Wow", brummte ich. "Ich hör's."
"Was denn?"
"Wann warst du das letzte Mal in einer Werkstatt und hast auf die Batterie geguckt?"
"Vor drei Monaten", antwortete Nico. "Der Typ meinte, dass die nur vorübergehend ist. Und das ich in drei Monaten wieder kommen soll, damit eine neue eingebaut werden k-kann... oh... ich Idiot."
"Hm", machte ich nur. "Wir haben zwar keine Batterien mehr auf Lager. Wir bestellen erst in zwei Tagen wieder. Aber ich fahre auf dem Rückweg nach der Arbeit zu Real und dann guck ich mal da. Brauchst du das Auto dringend?"
"Wollte eigentlich nur ein bisschen durch die Gegend fahren. Nicht so wichtig."
"Okay", meinte ich und machte die Motorhaube wieder zu. "Weißt du ob Essen fertig ist?"
"Ja, es gibt Lasagne", nickte Nico.
"Super, dann essen wir erstmal was." Ich schloss Nicos Auto ab und drückte ihm seine Schlüssel in die Hände. Dann ließ ich das Garagentor wieder runter und schnappte mir meine Handtasche.

"Hast du gar kein Hunger?", fragte ich Aleyna, die völlig fertig am Tisch saß. Sie war blass um die Nase herum, ihre Nasenlöcher und Augen waren gerötet und ihre Augen tränten wie verrückt. Sie schniefte immer wieder und wimmerte, weil sie so schlecht Luft bekam.
Den Teller mit der Lasagne hat sie nicht angerührt. Selbst die Gurkenstücke nicht.
"Bett", sagte sie und krabbelte auf meinem Schoß.
"Na gut. Papa macht dir noch ein Tee, oke?"
Aleyna nickte und legte ihre Arme um meinen Nacken herum, nachdem ich aufgestanden war. "Die kleine Prinzessin muss ganz schnell wieder gesund werden."
"Ja", sagte sie wehleidig. "Hab Männergrippe."
"Aber natürlich", lachte ich. Ich legte Aleyna ins Bett und deckte sie zu. "Vollen wir noch mal Fieber messen?"
"Nein! Nicht in den Po!"
"Das macht nur der Onkel Doktor. Mama hat einen viel cooleren Fieberthermometer. Der mit dem roten Licht."
"Ja", sagte sie ruhig und schnappte sich ihre Kuscheldecke, ehe sie ihren Daumen in den Mund steckte. Das Ende vom Lied war, dass sie 38 Grad Fieber hatte. Das Fieber war gestiegen. Marco brachte die Flasche mit dem Tee und ich hielt ihm den Thermometer unter die Nase. "Jede halbe Stunde einmal messen", sagte er und legte den Thermometer auf das kleine Nachtschränkchen neben Aleynas Bett.
"Ich muss auch wieder zur Arbeit", sagte ich und stand auf, nachdem meine Tochter schnell eingeschlafen war.
"Mach dir keinen Kopf", sagte Marco. "Ich halte dich da schon auf den laufenden."
Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn und setzte sich neben Aleyna ans Bett, um sie besser zuzudecken. Und ich machte mich schweren Herzens auf den Weg zur Arbeit.

***

"Die letzte Batterie", stellte ich erleichtert fest, als ich nach der Arbeit einen Abstecher zu Real machte und die letzte Autobatterie ergriff, die in den Wagen von Nico passte.
"Ach, nee", hörte ich jemanden sagen. "Ehrlich jetzt? Das war die letzte."
"Japp, sieht wohl so aus", sagte ich zu den Mann und ging zur Kasse.
      "Ich kaufe die dir ab", hörte ich den Mann sagen, als ich die Batterie auf den Beifahrersitz legte.
"Nee, ich brauche die selber", winkte ich ab und knallte die Beifahrertür zu.
"Okay", sagte der Mann und ging weiter.
   "Reus", meldete ich mich zu Wort, als mein Handy klingelte.
"Ich bin es nur."
"Wie geht es Aleyna?"
"Ganz gut. Fieber ist nicht gestiegen, aber auch nicht gesunken. Kannst du noch mal bei der Apotheke diese komische Creme rausholen."
"Die von Klosterfrau Melissengeist?"
"Klösterlich Melissengeist", verbesserte mein Mann mich.
"Sorry", antwortete ich. "Ja, ist ja gleich im Real eine Apotheke drinnen."
"Danke dir, Schatz. Bis gleich. Oh, und Hustensaft. Zwei mal. Erdbeergeschmack."
"Für Kinder und gor Erwachsene. Ich weiß."
"Kopfschmerztabletten."
"Ist gebongt. Noch was?"
"Nein... oh.. oh doch. Traubenzucker. Nicht die Rollen, sondern in der Tüte die. Guck aber wo am meisten Kirsche drinnen ist. Okay?"
"Okay und das war's?"
"Ja, dass war es", sagte Marco. "Bis gleich."
Dann hatte er aufgelegt. Also ging ich zur Apotheke nachdem ich mein Auto abgeschlossen hatte. Nachdem ich alles eingekauft hatte - nein ich hatte nicht nach der Tüte mit den meisten Kirschbonbons gesucht, sondern gleich die erste genommen, machte ich mich auch schon wieder auf dem Weg zum Auto.
Ich schloss das Auto auf und schmiss meine Handtasche und Apothekentütchen auf dem Beifahrersitz.
Knirsch...
Ich schaute nach rechts und sah, dass die Scheibe eingeschlagen wurde und die Autobatterie fehlte.
"Du elende Analgeburt", knurrte ich und schlug auf das Lenkrad. Mit meiner Handtasche bewaffnet, stieg ich aus dem Auto und knallte die Tür zu. Trotzdem schloss ich ab. Ich lief über den ganzen Parkplatz, auf der Hoffnung den Typen zu finden. Aber nichts da.
Von ihm fehlte jede Spur.
Knurrend und ziemlich sauer, ging ich zurück zum Auto.
"Ich flipp hier noch aus", brummte ich und zog die Tür zu. Ich verließ den Parkplatz und blieb als erster an der roten Ampel stehen.
Sauer schaute ich mir die Fahrer an, die an den anderen Ampeln standen. Der eine popelte in der Nase und der andere der von einem Outletstore kam, kam mir bekannt vor.
Das war der Typ!
Ich machte den Leerlauf rein und zog die Handbremse an, ehe ich Ausstieg und einfach über die Kreuzung spazierte. Die anderen Autos hupten, um mich zu warnen. Ich blieb vor dem Auto mit den Typen stehen und schaute sauer rein.
Erschrocken riss er die Augen auf und setzte zum fahren an. Ich trat zwar nicht beiseite, aber ging ein paar Schritte zurück.
"Gib mir meine Batterie wieder!"
"Verpiss dich!", schrie er mich an.
Als ich sein Außenspiegel abgetreten hatte, machte er schnell das Fenster zu.
"Batterie!", schrie ich und trat gegen den Kühlergrill des neuen BMW's.
Er ließ nur den Motor aufheulen und fuhr wieder vor. Ich ging wieder zurück.
"Dein zweiter Außenspiegel...", ich hielt inne, als ich sah, dass jemand aus dem Auto dahinter Ausstieg und die Beifahrertür öffnete.
"Hi, May."
"Hi, Solin."
"Das ist deine?"
"Ja", sagte ich und nahm die Autobatterie entgegen.
"Gern geschehen", meinte Soso und trat die Tür zu.
"Eh, ihr Nutten!", rief der Typ.
Solin drehte sich wieder um und trat den zweiten Spiegel ab, ehe sie ihn aufhob und weg schmiss.
"Netter Tritt."
"Man lernt schnell von dir", entgegnete sie und ging zurück zum Auto. Der Typ war sauer. Er stieg aus seinem Wagen und schrie uns beiden wie wild an.
"Komm runter, Vin Diesel der Türken."
"Ey, dass lass ich mir nicht bieten. Das wird ein Disstrack über die unfreundlichen Weiber aus Dortmund geben."
"Mach hier keinen auf Bushido, du Muschi."
"Ich bin Apo Red, du musst mich kennen."
"Das einzige was ich kennen muss, sind sämtliche Wege dich zu töten, du Nummero Spacko."
"Wer bezahlt mir das."
"Mach doch noch ein Lied, und nenn es everyday Autospiegel!", rief ich ihn zu und stieg ins Auto.

{3}»Kane♥« ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt