|| Kapitel Dreizehn ||

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|| Kapitel Dreizehn ||

~ Kane ~

„Kannst du für ein paar Stunden auf Aleyna aufpassen?", fragte ich meine Schwester, als sie vor vier von der Schule nach Hause kam. Da war sie wohl am Schwänzen.

„Nee, kann ich nicht?", stellte sie pampig die Gegenfrage und trank einfach so aus der Milchpackung.

„Andere trinken auch daraus."

„Mir egal."

„Mama sagte, dass du um vier Schluss hast und dann eigentlich um halb fünf zu Hause sein müsstest."

„Die Stunden sind ausgefallen."

„Soll ich dir das glauben."

„Glaub doch was du willst."

„Hast du an irgendeinem verstrahlten Stein geleckt, oder was ist mit dir los?"

„Was soll mit mir sein. Bei mir ist alles in Ordnung."

Mit der Milchpackung ging sie aus der Küche und Aleyna blickte zu mir.

„Dann muss ich dich wohl oder übel mit zu Oma und Opa nehmen."

„Schuhe", quietschte sie und lief aus der Küche. Eigentlich hätte ich noch mal versucht mit Mina zu reden, aber dann dachte ich mir, dass es bei der eh nichts bringen wird.

Nachdem Aleyna und ich uns fertig gemacht hatten, wollte ich mir den Autoschlüssel vom AMG schnappen, der in der Küche lag. Irritiert blickte ich aus dem Fenster, als ich das Auto von Solin erkannte, was wollte sie denn hier? Ich hob Aleyna hoch und ging cool, als hätte ich sie vorher nicht gesehen, aus dem Haus.

„Uhm, hi", sagte ich, als sie auf mich zukam.

„Können wir reden?", fragte sie mich sofort.

„Ich wollte eigentlich gerade zu meinen Großeltern fahren. Aber den kurzen Weg, kann ich auch gehen. Da soll irgendwo ein Spielplatz sein."

„Ja, das können wir auch so machen", nickte sie.

***

"Aaaah", quietschte Aleyna, als sie die kleine Rutsche runterrutschte. Naja. Irgendwie kam sie gar nicht voran. Aber trotzdem freute sie sich darüber.
"Also, über was wolltest du mit mir reden?", ich blickte von Aleyna zu Solin.
"Ich wollte dir nur den Grund sagen, wieso es nicht mehr zwischen uns klappen wird."
"Oh, okay, dann leg mal los", seufzte ich und lehnte mich nach hinten.
"Wir haben uns auseinandergelebt und wieso sollte das wieder zwischen uns besser werden, wenn wir es normal versuchen?"
"Wir sind erwachsener und die Entfernung ist nicht mehr so groß?", fragte ich unsicher.
"Wir haben uns immer gestritten."
"Ja, und woran lag das?", fragte ich sie. "Die ganze Reiserei und Entfernung hat uns fertig gemacht."
"Hm", machte Solin.
"Und es besteht wirklich keine Hoffnung mehr?"
"Ich weiß es nicht", antwortete sie und zog nervös an ihren Haarspitzen herum.
"Überlegst du dir das, oder hast du uns ganz aufgegeben?"
"Das ist nicht so einfach. Ich weiß es jetzt gerade nicht. Ich bin verwirrt. Außerdem ist da dieser Kerl."
"Du hast nen Neuen?"
"Nein. Wir daten und nur. Da ist nichts. Saskia hat mir dem vorgestellt."
"Saskia ist wer?"
"Eine Freundin von mir. Sie ist auf dieselbe Berufsschule wie ich. Die Blonde mit dem Pfefferspray?"
"W-warte. Woher weißt du das?"
"Sie hat es mir erzählt."
"Oha. Die mag mich nicht."
"Ja, gut, dass du das so harmlos siehst. Sie will eben nur das Beste für mich", sie machte eine Pause.
"Und mit welchem Kerl triffst du dich?", hakte ich nach.
"Lukas. Er ist echt nett. Und geht bei mir auf die Berufsschule."
"Hm. Und was macht er da?"
"Er hat sich nur dort in der Hauswirtschaft angemeldet um einfacher seinen Realschulabschluss zu machen." Sie lachte leise.
"Scheinst den ja zu mögen."
"Sonst würde ich mich nicht von ihm zum Essen einladen lassen."
"Nach Mäcces oder was?"
"Vapiano."
"Was macht der als Hobby? Borussia Dortmund Fanfiktions auf Wattpad schreiben, wieso er dich dort einlädt?"
Solin schnitt eine Grimasse. "Nee."
"Und der ist irgendwie besser als ich?"
"Herr Gott. Keine Ahnung. Hab ihn erst drei Mal getroffen, Kane. Und wieso rede ich mit dir darüber?" Sie schüttelte ihren Kopf und schaute zu Aleyna, die sich mit irgendeinem Mädchen unterhielt.
"Sie ist groß geworden."
"Ja, die Zeit vergeht wie im Fluge", nickte ich. "Aber jetzt Wechsel doch nicht das Thema", sie blickte zu mir. "Was hat es mit diesem Lukas auf sich?"
"Mensch, dass lässt dich nicht los, was?"
"Öh, nee. Der datet meine Ex, wo es ja offensichtlich ist, dass ich noch Gefühle habe und darauf nicht gerade mit Konfetti-Regen reagiere, dass er dich anbaggert und den Scheiß."
"Vielleicht ist er ja nicht so gut."
"Was? Stottert der?"
"Er lispelt ein wenig und er meinte schon, dass er mich sehr sehr gerne hat. Wie treffen uns heute Abend wieder beim Essen."
"Wird schon werden", meinte ich und klopfte ihr gespielt aufmunternd auf die Schulter.
"Du bist blöd", sagte sie und ich wusste, dass sie das eher spaßig meinte.
Sie blickte mich an und ich entgegnete ihren Blick. Und dann riskierte ich es einfach, auch wenn ich eine Ohrfeige bekommen könnte.
Ich drückte meine Lippen einfach auf ihre. Und ohne Scheiß. Sie erwiderte einfach den Kuss. Mein Herz machte immer wieder Aussetzer und mir wurde schlecht, da das Kribbeln in meinem Bauch unerträglich wurden. Da wieder das Gefühl, was ich immer hatte, wenn ich sie küsste.
Aber dann drückte sie mich weg und sprang auf.
"Nee, ich muss los", sagte sie und verschwand einfach vom Spielplatz. Ich blickte zu Aleyna, die wieder auf der Rutsche saß und mich mit offenen Mund anschaute. "Au!", sagte sie.
"Ja, au!", nickte ich zustimmend. "Komm wir gehen zu Oma und Opa."
"Okay", nickte sie und rutschte die Rutsche im Schneckenmodus runter.

***

"Mama meinte, dass du heute oder morgen rumkommst. Ich wusste nicht wann, dann hätte ich dir einen Käsekuchen gebacken. Aber ein Marmorkuchen mit Sahne und Kakao reicht doch auch aus, oder?", fragte Oma mich. Ich hatte mich auf die Couch gesetzt und blickte zu Oma die Aleyna und mir ein Plastikbecher mit Kakao hinstellte. Der Kuchen lag auf einer Platte und daneben stand ein kleiner Haufen mit Kuchentellern und darauf lagen ein paar Kuchengabeln.
"Danke für den Kaffee und den Kuchen", sagte ich. "Wie geht's euch? Lena Kuchen?"
"Kuchen", nickte sie.
"Mir geht es gut. Opa nicht so gut."
"Liegt er oben im Bett?", fragte ich sie.
"Ja. Und guckt die ganze Zeit Alarm für Kobra 11."
"Kann ich zu ihm, oder bewirft er mich mit Leberwurstbrot."
"Wenn es nur mal zur Abwechslung Leberwurstbrot wäre. Der erkennt mich zwischendurch gar nicht wieder."
"Oh man", sagte ich und stand auf. "Dann gucke ich mal eben nach den alten Herren."
Oma nickte nur und wandte sich zu Aleyna. "So, Aleyna. Willst du Kuchen haben?"
"Jaha", sagte sie ungeduldig.
Ich ging die Treppen nach oben und blieb wenig später vor der leicht geöffneten Zimmertür stehen. Ich klopfte an und spähte ins Zimmer. Opa lag im Bett, etliche Kissen hinter ihm und gelangweilt blickte er auf den Fernseher.
"Wat is?", fragte er.
"Hi, Opa", sagte ich und ging ins Zimmer. Er blickte zu mir und schaute mich fragend an. "Ah, Kane."
Entweder wusste er sofort wer ich bin, oder ihm fiel es erst später wieder ein. Keine Ahnung.
"Na, du machst Sachen, was?", fragte ich.
"Du aber auch."
"Was hab ich denn gemacht?"
"Punkt 12 hat berichtet, dass Kane Reus in irgendeinem spanischen Stripclub gesichtet wurde. Hats sich denn gelohnt bei den Senioritas?"
"Eher nicht", antwortete ich ehrlich. "Wie geht's dir denn?"
"Neben meine Bandscheibe, weißt mein Herz auch schon teilweise kleine Blessuren auf. Meine Blase ist undicht und mein Hirn vergisst Sachen. Ich bin alt. Passiert mal."
"Oh man."
"Oh ja", nickte Opa und blickte zum Fernseher. "Du kommst nach Hause?"
"Bochum eher."
"Ist ja fast zu Hause."
"Fast."
"Hömma, Jung", sagte Opa und richtete sich auf. "Wir wissen alle, dass bei mir die Zeit schneller abläuft, als wie bei der Omma." Ich schluckte nur. "Ja, ich bin echt nicht mehr der Jüngste, ist dir auch klar, nech?"
"Ja, leider."
"Irgendwann segnest auch du das Zeitliche, Minium."
Ich nickte.
"Ich hab auch schon mit deinem Vater geredet und ihm das gesagt. Das einzige, was ich jemals von dir wollte. Oder von Nico, aber da ist es unwahrscheinlich. Das einzige, was ich will, dass du mit dem BVB die Meisterschale holst. Auch, wenn ich mich jetzt noch Jahre lang quälen muss, da dein Stopp in Bochum ist." Er schnappte sich meine Hand. "Es muss nicht diese Saison sein. Nächste reicht auch aus. Aber ich weiß nicht, ob ich das in drei Jahren packen werde. Mein Gehirn sackt alle paar Monate ab."
"Ich verspreche dir das", meinte ich. "Ich werde dir noch den Meistertitel ans Bett legen."
"Super, Junge", sagte er und deutete auf den Fernseher. "Weißte noch, als wa' mal in Köln waren. Du bist mit deinen sechs Jahren einfach ins Bild gesprungen und hast deinen Hintern bei den Szenen von der Serie in die Kamera gehalten."
Opa und ich mussten lachen.
"Du hast vor Lachen auf den Boden gelegen, während Oma sich voll geschämt hat."
"Ja, die gute alte Zeit."
"Komm, dann gucke ich mit dir gleich ein wenig kleiner Türke mit wechselnden Partnern. Willste Kuchen?"
"Ja und den Kakao meiner wundervollen nervigen Frau", sagte er. Ich verließ das Zimmer und ging nach unten ins Wohnzimmer, um meinem Opa einen Teller mit Kuchen und Omas frischgemachten Kakao zu bringen.

{3}»Kane♥« ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt