|| Kapitel Neununddreißig ||

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|| Kapitel Neununddreißig ||

~ Kane ~

Endlich ging es nach Hause. Ich war froh in meinem Bett zu pennen. Keinen weiteren Tag hätte ich es mit Joshua ausgehalten, da ich ihn immer wieder seine Schnittwunden am Rücken und Po eincremen musste.
Anfangs sollte es erst Saskia machen, aber die hat Jonas gedroht, dass er das nicht überleben würde. Da blieb mir als Zimmernachbar nichts anderes übrig.
Warte. Halt. Als ob ich Jonas los werde, wenn ich wieder zu Hause bin. Wir sind ja Nachbarn und ich habe immer noch kein Schutzsicht.
Och nö.
In der Woche in der wir an der Nordsee waren, hatten wir zwei Testspiele gehabt. Einmal gegen Wilhelmshaven, wo wir 6:1 gewonnen hatten und dann einmal gegen Cuxhaven. 12:2.
Die beiden waren halt in der Regionalliga Nord und nicht gerade super-duper.
Jetzt hatte ich in drei Tagen wieder Training. Morgen stand der Dreh für die Werbung von Pumas neuen Fußballschuh in Köln an. Wenn das mal nicht mal ein langer Tag wird.
Papa meinte, dass irgendein anderer Sportler ebenfalls da sein wird. Nein, Usian Bolt war es jetzt nicht. Auch nicht sein Sohn. Das soll irgendein anderer gewesen sein. Keine Ahnung wer.

Gegen drei Uhr war ich auch schon endlich zu Hause. Ich schmiss die dreckige Wäsche sofort in die Wäsche und wollte mir gerade eine Pizza in den Ofen hauen, als es an der Tür klingelte.
"Bitte jemand normales. Bitte jemand normales", murmelte ich vor mich hin, als ich zu Tür ging. Ich öffnete diese und blickte in das Gesicht von Jonas. Dieser grinste mich an.
"Könntest du...?", fragte er mich und hielt mir die Wundcreme hin.
"Kannst du nicht jemand anders fragen? Deine Mommy oder dein Dad?"
"Ähm, nee", meinte er. "Die fliegen doch nicht von Dubai hier her, um mir den Arsch einzucremen. Komm mal klar", sagte er und drückte sich in meine Wohnung. Er ließ seine Hose runter und legte sich auf die Couch. Ich machte die Tür zu und fluchte auf.
"Ich hasse dich", brummte ich.
"Du liebst mich."
"Nein, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich dich hasse."
"Hass' mich nicht, weil ich schön bin, Alter."
"Selbst meine Rosette ist schöner, wenn ich Chilli gegessen habe."
"Okay, Creme mir die Wunden ein und dann bist du mich auch wieder los."
"Kannst du das nicht selber. Herrgott, du stellst dich vorm Spiegel und dann geht das schon von alleine."
"Nein."
"Geh. Ich mach mir Pizza."
"Boah, ich helfe dir auch nicht, wenn du dein Hintern einschmieren musst."
"Mir egal", sagte ich und verschwand in der Küche.

~ Solin ~

"Zu dem Thema langsam angehen, ihr seid doch behindert. Ich meine, was ist, wenn das nicht klappen wird und wieder nach hinten los geht?", platzte es aus Saskia heraus, als ich ihr gesagt hatte, dass Kane und ich wieder zusammen sind. Saskia hatte frei und ich hatte Mittagspause. Also saßen wir beide in einem Café und tratschten ein wenig.
"Wird es schon nicht."
"Woher willst du das wissen?"
"Naja, wir sind erwachsener geworden."
"Hm, in acht Monaten wird man erwachsener."
"Klar, dass kann schon passieren. Nicht bei jedem, aber bei ein paar Menschen reichen die Monate aus, damit es Klick macht. Dazu gehört nur eine Sache in deinen Leben."
"Hm, hast du gemeinsam mit Magda und Jacky Weihrauchstäbchen gekifft?", fragte sie mich und trank von ihren Latte Caramel.
Ich trank von meinem Kakao. Ich hatte keinen Durst auf Kaffee. Und außerdem tat mir Kaffee während der Arbeitszeit nicht gut. Hab ich ja schon vor ein paar Wochen erlebt, als ich den Typen den Außenspiegel abgetreten hatte.
"Nein", meinte ich und schnitt eine Grimasse. "Ausnahmsweise mal nicht." Ich grinste und Saskia legte die Stirn in Falten.
"Und? Fährst du heute Abend wieder nach Bochum, um deinen neugewonnenen Freund zu besuchen?"
"Er pennt bei mir."
"Nimmst du die Pille?"
"Ja."
"Dann ist ja gut", sagte Saskia beruhigt. "Ich will nicht, dass du mir die Ohren vollheulst, da du mitten in der Ausbildung nen Braten gebährst."
"Wird schon nicht passieren. Ich achte da schon drauf. Ich will das auch nicht. Was kann ich dem Kind schon bieten. Ich stecke in der Ausbildung und komme gerade so mit der Vergütung klar. Das Leben wird von Tag zu Tag teurer."
"Und alles hat 2016 mit Donald Trump angefangen."
"Amerika kann froh sein, dass The Rock Präsident geworden ist. Sauberer Typ."
"Das braune Riesenbaby, welches in einem Topf mit Babyöl gefallen ist", seufzte Saskia.
"Hm, japp", nickte ich.
"Zum Thema, du kannst dem Kind nix bieten", kam Saskia auf das eigentliche Thema zurück.
"Was denn?"
"Wenn du schwanger werden solltest, auch wenn du die Ausbildung fertig hast und Kane der Vater ist... naja, bist du behindert?"
"Oh, ich weiß was du meinst", meinte ich. "Klar, aber wenn nur er alles bezahlen muss, ist auch scheiße."
"Wenn das so wie bei Papa und Mama -Reus laufen sollte, dann bekommt Mama sogar noch Taschengeld von ihrem Mann, damit sie mehr für sich hat und nicht nur für den Wocheneinkauf."
"Woher wieder du das?"
"Hab mit May darüber geredet, was die Vor- und Nachteile einer Spielerfrau sind. Deine vielleicht Schwiegermami hatte mehr Nachteile als Vorteile aufgezählt. Mindestens einmal im Jahr wird ihr eine Schwangerschaft, eine Affäre und das Ehe-Aus nachgesagt. Bei Marco, dass er eine Affäre mit dem Babysitter hat."
"Welcher Babysitter?", lachte ich.
"Eben", nickte Saskia. "Die behinderten Klatschzeitungen halt."
"Wie dem auch sei", sagte ich. "Und da ist wirklich ein Typ aus Kane's Mannschaft durch die Glasscheibe gerannt?" Ich lachte und Saskia ebenfalls.
"Ja und wie. Jonas Durm, der Sohn von Erik Durm und Gigi Hadid. Hat die gleiche James-Dean-Fresse wie sein Vater. Grauenvoll. Aber er ist hübsch."
"Schwärmst du gerade?", fragte ich grinsend.
Saskia verdrehte die Augen. "Der ist mir viel zu dumm. Auch wenn er mir Komplimente macht, die nicht auf Kevin-Niveau sind. Aber nein."
"Was hat er gesagt?"
"Okay, doch Kevin-Niveau."
"Sag!"
Saskia schnitt eine Grimasse. "Du siehst aus wie Barbie. Darf ich dein Ken sein."
"Er weiß schon, dass Barbie einen neuen namens Alec hat?"
"Keine Ahnung", sagte Saskia und zuckte mit den Schultern. "Interessiert mich auch nicht wirklich. Ich habe bisher nur Pech gehabt und will halt nicht, dass wieder mit mir gespielt wird."
"Dann lass es nicht zu", meinte ich. "Sag klipp und klar was du willst." Ich hielt inne. "Wen es einen Typen gibt, der dich irgendwann wuschig macht."
"Wuschig?"
"Wuschig", nickte ich.
"Du bist behindert", meinte Saskia.
"Ich weiß."
"Hab fertig und du?"
"Ich auch."
"Gehen wir dann?"
"Bin dafür."
"Ich auch."
"Du bist behindert", kam es gleichzeitig von uns. Wir beide lachten, schnappten uns unsere Handtaschen und verließen das Café.
"Hm, noch ein Smoothie?"
"Nee, Milchshake."
Also gingen wir in den Laden daneben, um uns für die Fahrt nach Hause und zur Arbeit noch ein Milchshake zu holen.
"Bis die Tage, Süße", sagte Saskia und umarmte mich.
"Bist die Tage." Ich erwiderte die Umarmung und machte mich dann wieder auf den Weg zur Arbeit.

***
"Bist du behindert?"
Nicht mal eine halbe Stunde wieder zurück auf der Arbeit und ich wurde schon von meiner Kollegin angemeckert.
"Nee, du?", stellte ich die Gegenfrage.
"Sei mal nicht so frech, ja."
"Willst du mir irgendwie drohen? Dann mach ruhig. Ich warte."
Wir standen im Labor. Ich hatte gerade von einer Patientin Blut abgenommen und beschriftete gerade die Pinchen, als die einfach rein kam und mich beleidigte.
"Wir beide sind hier Auszubildende und ich werde hier übernommen."
"Das Dritte Ausbildungsjahr fängt ja erst im Sommer an. Bleib mal geschmeidig." Ich stellte die Pinchen in den Behälter und desinfizierte die Arbeitsfläche.
"Nee, bleibe ich nicht. Entscheidend ist das zweite Jahr wie wir uns da machen. Das hat Amanda gesagt. Und ich habe ein Gespräch zwischen unseren Chef und seiner Frau mitbekommen. Ich stehe an erster Stelle."
Und damit war die Plunschkuh aus dem Raum verschwunden.
"Ich hoffe du Giraffe fliegst über deine widerlichen dünnen Beinchen und brichst dir das Genick", murmelte ich vor mich hin und schmiss das Tuch in den Mülleimer. Dann machte ich mich weiter an die Arbeit.

{3}»Kane♥« ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt