nicht/mutig genug?!

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Sommerferien vor dem 6.Schuljahr:

„Einen Feuerwhiskey bitte!“ ich lasse mich auf den Barhocker plumpsen und vergrabe mein Gesicht in meinen Handflächen. Ein Räuspern lässt mich den Blick heben. „Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass du alt genug dafür bist, jungen Fräulein“ der Barkeeper sieht mich mit einem skeptisch, prüfenden Blick an. „Zwei Feuerwhiskey bitte!“ ertönt eine raue Stimme hinter und dann neben mir. Ein junger Mann mit zerzausten roten Haaren lässt sich auf den Hocker neben mir nieder. „Charly!“ er reicht mir seine Hand. „Rose und Danke“. „Keine Ursache, manchmal hilft halt nichts besser als ein Feuerwhiskey“ er mustert mich von oben bis unten. „Aber wie jemand mit vielen Problemen siehst du nicht gerade aus“ stellt er anschließend fest.

„Pft... hast du ne Ahnung!“ Der Barkeeper stellt vor mir das Glas ab, dass ich mit einem Zug leere. „Wow... so schlimm?“ Ich kenne den Mann nicht und werde ihn nie wieder sehen, also warum nicht ein bisschen den Frust ablassen? „Naja, weißt du, meine Familie... und meine Freunde und... das alles, es ist nicht wie ich es mir Vorstelle“ resigniert blicke ich in das leere Glas. Eine Hand legt sich tröstend auf meinen Rücken: „Das tut mir sehr leid“ ich blicke Charly in die Augen, die mir sagen, dass er ehrliches Mitleid für mich empfindet. Dieser Blick lässt die Worte, gerade zu aus mir heraus sprudeln: „ Meine Eltern haben Wertvorstellungen, die mir völlig fremd sind. Aber, das dürfen sie nicht wissen, weil sie mich sonst nicht mehr lieben würden. Und deshalb habe ich auch fast nur Freunde mit deren Eltern sich meine Eltern gut verstehen und die sie für einen guten Umgang halten... nur eine Freundin, von der ich meinen Eltern nicht viel erzähle, ist meine wahre Freundin. Ich bin das alles so satt...“ es bahnen sich ein paar Tränen den Weg in meine Augen, aber ich möchte nicht vor fremden Menschen weinen, deshalb blinzele ich sie weg. Charly scheint aber zu merken, dass es mir nicht gut geht. Er legt ein paar Dollar auf den Tresen und sieht mich dann fragen an: „Soll ich dich irgendwo vorbei bringen?“ „ Ich weiß ehrlich gesagt nicht wo ich hin soll... zu meinen Eltern ganz bestimmt nicht...“ „Willst du mit zu mir kommen? Ich habe noch ne freie Couch?“ „Ich will mich dir ganz bestimmt nicht aufdrängen, du hast sicher deine eigenen Probleme...“ „Quatsch..“ er erhebt sich und zieht dich leicht am Arm vom Hocker. „Komm mit. Das ist wirklich kein Problem“ Gehe nie mit fremden Menschen mit! Ironischer Weise kommen mir diese Worte meiner Mutter in den Sinn.

Wir verlassen den Pub und ich folge Charly so gut es geht, aber da ich eigentlich nicht besonders trinkfest bin, ist mir schon ein bisschen schwindelig. Ich stolpere über meine Füße und Charly fängt mich noch gerade so auf. Er lächelt und sagt: „Wie oft in deinem Leben hast du schon Feuerwhiskey getrunken?“ Er legt mir den Arm um die Hüfte und stützt mich den restlichen Weg.

„So, hier wohne ich“ wir sind in einer kleinen Straße mit ein paar Reihenhäusern angekommen. Ich stütze mich an der Hauswand ab während Charly das Haus auf schließt. Er trägt mich schon fast, die Treppe hoch. „Danke Charly!“ sage ich vielleicht etwas zu laut. Charly legt einen Finger an Lippen: „Unter mir wohnt eine Familie, also im Treppenhaus psssttt...“ Ich komme mir so dumm vor. Normalerweise mache ich sowas nicht. Normalerweise hätte ich mich nicht mit meinen Eltern beim Abendbrot gestritten und wäre nicht einfach in die Stadt in den nächstbesten Pub gelaufen. Und fremden Leuten mein Herz ausschütten und ihnen meine wahren Gefühle zeigen, mache ich schon überhaupt nicht. Aber heute ist wohl alles anders. Ich folge Charly in seine Wohnung. Er geleitet mich ins Wohnzimmer und ich setzte mich auf die Couch. „Möchtest du was trinken? Einen Kaffee oder Wasser?“ Ich schüttele den Kopf. „Warum tust du das?“ „Weil, Kaffee sehr effektiv gegen einen Kater ist, zumindest habe ich das irgendwo gelesen“ Ich schüttele den Kopf. „Wieso hilfst du mir du kennst mich nicht...ich meine ich bin doch eine Fremde und...“ da kommen leider schon wieder die Tränen und ich kann sie nicht wirklich zurück halten. „Hey...“ Charly setzt sich neben mich und nimmt mich in den Arm. Er legt beruhigend seine Hände auf meinen Rücken und streichelt mich sanft. Ich versuche es, kann aber nicht aufhören zu weinen. Es kommt alles raus. Der ganze sich angestaunte Schmerz und das Gefühl der Einsamkeit. Nach einer gefühlten Ewigkeit, versiegen die Tränen endlich und ich löse mich aus Charlys Umarmung. „Das mit deinem Pulli, tut mir Leid...“ entschuldigend sehe ich mir seinen braunen, an der Schulter von tränen getränkten Pulli an.

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