Ich hatte schnell den Zugang in den OP gefunden und sah vor den Türen dann auch Ashley stehen. Er wirkte vollkommen durch den Wind, was man ihm ja nicht verdenken konnte, aber dennoch gefiel es mir kein Stück, weil ich wusste, dass ich auch zu seinen Problemen gehörte.
Als ich nun vor ihm stand schien er etwas sagen zu wollen, aber es kam kein Wort aus seinem Mund, stattdessen flossen ihm lediglich die Tränen über die Wangen, welche er scheinbar schon eine Weile unterdrückte. Ich könnte jetzt gar nicht anders als meine Arme um ihn zu legen und ihn an meine Schulter zu ziehen und er tolerierte es auch. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass er mich von sich schieben würde, aber dem war nicht so, weswegen ich ihn auf einen der Sitze drückte und neben ihm Platz nahm. Ich nahm seine Hände in meine, versuchte ihm das Gefühl zu geben, dass er nicht allein war. Meine Finger streichelten seinen Handrücken und wurden langsam immer wärmer und feuchter, denn scheinbar war Ashley so aufgeregt, dass er an den Handflächen zu schwitzen begann.Kurz zögerte ich, wollte eigentlich kein Wort sagen, aber ich wollte wissen, wie momentan der Stand der Dinge war. Was war, wenn es Violet so schlecht ging, dass sie sterben würde? Wie lange wurde sie wohl schon operiert und was war mit ihrem Baby?
,,Sie ist schon drei Stunden im OP.” Ashley Stimme war viel mehr ein Schluchzen, als dass er irgendetwas sagen konnte. Ich konnte mir vorstellen wie verzweifelt er war und welche Sorgen er sich machte.
,,Und dem Kind geht es glücklicherweise gut. Die kleine liegt auf der Neugeborenenstation.”
Sein Körper bebte und ich spürte genau, dass er wieder kurz davor war in Tränen auszubrechen. Irgendetwas musste ich doch tun, damit er es nicht tat. Ich wollte ihm helfen, um jeden Preis.
,,Hey, lass uns doch mal nach der Kleinen schauen. Das lenkt dich vielleicht ein bisschen ab.” Jetzt sah er mich von der Seite her an. Das Make-up war vollkommen verschmiert und verlaufen und ich hätte nie gedacht, dass er sich mir jemals wieder so öffnen würde, wie jetzt. Er sah so zerbrechlich aus in diesem Moment und ich wollte ihn nur in Sicherheit wiegen.
,,Und wenn sie jetzt aus dem OP kommt?”
,,Dann kannst du auch nichts für sie tun. Sie wird dann erstmal schlafen, man ist nach einer Operation nicht sofort wach. Also komm, lass uns nach deiner Nichte schauen.” Ich stand auf, stellte mich vor ihn und hielt ihm die Hand hin. Es brachte rein gar nichts, wenn er jetzt hier rum saß und Trübsal blies.
,,Jane…” begann er.
Lange hatte ich meinen Namen nicht mehr aus seinem Mund gehört und aus einem seltsamen Grund rührte es mich zu Tränen. Trotzdem gibt ich in die Knie, hockte jetzt vor ihm und konnte ihm direkt ins Gesicht sehen. Ich wusste, dass ich nichts sagen musste, sondern er würde schon von selbst sagen, wenn es etwas geben würde, dass er zu sagen hatte.
,,Danke, dass du hier bist.” Dieser Satz war einer, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Ashley war froh, dass ich in seiner Nähe war und das obwohl er die letzten Tage nicht mit mir geredet hatte.
,,Na komm.” Ich nahm seine Hand, zog ihn auf die Beine und mit mir zur Neuegeborenenstation. Da musste er jetzt durch, ob er wollte, oder nicht.Am Schwesternzimmer angekommen hielt er noch immer meine Hand und machte keine Anstalten sie los zu lassen. Man merkte ganz genau, dass ihm meine Nähe guttat, auch wenn er es nicht zugeben wollte.
Die eine Schwester, welche gerade etwas aufzuschreiben schien, sah kurz zu uns, bevor sie ihren Satz beendete. Dann kam sie zu uns hinüber und ohne zu fragen führte sie uns zu einem Baby. Ein kleines Mädchen, bei dem ich mir nicht sicher war, ob es nicht vielleicht auf eine Neuegeborenenintensiv gehörte. Sie sah so zerbrechlich aus und dennoch zauberte sie dem Mann neben mir ein Lächeln ins Gesicht.
,,Wissen Sie denn, wie ihre Schwester die Kleine nennen wollte?”
,,Emily. Emily Purdy.” Sagte er, als er nur Augen für dieses kleine Lebewesen vor sich hatte. Erst jetzt ließ er meine Hand los und hob sie zu dem Kind. Vorsichtig streichelte er ihr über die Wange und schien dabei so unbeholfen. Eigentlich ganz niedlich, wenn man das so bedachte.Die Lampe über dem Körper der Kleinen spendete ihr Wärme, welche sie momentan noch brauchte. Sie war definitiv zu früh auf die Welt gekommen, auch wenn es nur drei Wochen war, aber trotzdem war diese Welt hier so kalt und unangenehm.
Ashley war so auf das kleine Mädchen fixiert, dass er die Schwester vollkommen ausblendete. Diese erzählte mir dann einfach alles, was es zu wissen gab. Emily sollte vorerst in ihrem warmen Bett bleiben, bis ihre Körpertemperatur sich angepasst hatte. Trotzdem wollten die Ärzte versuchen das kleine Mädchen auf der Normalstation zu behalten und würden nur auf eine ITS zurückgreifen, wenn es absolut notwendig war.
Ich kannte mich mit dem Großteil dessen aus, was diese Frau mir erzählte, denn nachdem ich damals gegangen war und die Schule beendet hatte, war ich Krankenschwester geworden, bevor ich vor drei Jahren mit der Musik beginnen hatte.
,,Entschuldigen Sie bitte die Störung, Mister Purdy. Dürfte ich kurz ein paar Worte mit ihnen sprechen?” Ein Mann in grünen Kittel stand plötzlich vor uns, weswegen ich davon ausging, dass er aus dem OP war. Verwundert blickte Ashley ihn an, stimmte ihm zu und erklärte ihm, dass ich die sozusagen seine Stiefschwester war und deswegen bleiben durfte. Doch alles was ihm dieser Arzt jetzt sagte, riss ihm regelrecht den Boden unter den Füßen weg und er war froh, dass ich jetzt bei ihm war.Man hatte Violet auf die Intensivstation gelegt, wo sie momentan im künstlichen Koma gehalten wurde. Ihre Verletzungen waren schwer gewesen, weswegen sie ihr wenigstens eine Woche geben wollten, damit sie sich etwas erholen konnte. Doch für Ashley waren die überstandene OP und dass es ihr soweit gut zu gehen schien nichts gutes, denn er sah nur, dass seine Schwester im künstlichen Koma lag.
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Magnetic (Ashley Purdy FF) ~ Electric Band 2
FanfictionEs ist jetzt acht Jahre her, dass Ashley von seiner großen Liebe verlassen wurde. Acht Jahre, in denen er versuchte sie zu vergessen, sie aus seinen Gedanken zu verdrängen. Sein Leben ging weiter und sie hatte ihm dabei sogar etwas geholfen, immerhi...