Genervt knallte ich die Bürotür hinter mir zu. Wie ich es hasste, zu spät zur Mittagspause zu gehen, wenn ich mit meiner besten Freundin verabredet war! Aber nein, ausgerechnet jetzt hatte noch ein wichtiger Kunde anrufen müssen, der telefonisch betreut werden wollte. Unternehmensberatung war schon ein anstrengendes, wenngleich auch lukratives Geschäft.
Mit meinen dreiundzwanzig Jahren lag mein Jahresverdienst weit über dem Durchschnitt der arbeitenden Bevölkerung in London. Lange Arbeitszeiten nahm ich dabei gerne in Kauf, denn ich befand mich sowieso nicht in einer festen Beziehung, die mir nur diese Freiräume nehmen würde. Genau genommen hatte ich gerade meine zweite Freundschaft mit gewissen Vorzügen beendet und wollte mich heute mit Gwendolyn, meiner besten Freundin darüber austauschen.
Sie wartete bereits in unserem Stammlokal, in welchem wir die gemeinsamen Mittagspausen, die mindestens einmal wöchentlich stattfanden, verbrachten, und winkte mir fröhlich zu, als ich die Tür des Restaurants öffnete und in ihre Richtung blickte. Wie so oft belegten wir unseren Stammplatz in der hintern, linken Ecke. Dort konnte man sich ungestört unterhalten und Leute beobachten, was wir manchmal gerne taten.
„Hey, Sienna, schön, dich zu sehen."
Gwendolyn hauchte einen Kuss auf meine Wange und umarmte mich herzlich.
„Hey, Gwenny."
Ich erwiderte den Kuss, sowie ihre Umarmung, bevor ich mich setzte, um sofort nach der Speisekarte zu greifen, obwohl ich wusste, dass ich heute vermutlich den großen Salat mit dem Hausdressing ordern würde. Auch Gwenny schien ihre Wahl bereits getroffen zu haben. Da wir die Speisekarte fast auswendig herunterbeten konnten, ging das Aussuchen der Mahlzeiten stets relativ schnell vonstatten.
„Erzähl mal, warum hast du Steve in die Wüste geschickt?", begann meine beste Freundin unsere Unterhaltung. Ihre blauen Augen blitzten auf, als sie diese Frage an mich richtete, gleichzeitig strich sie eine hellblonde Haarsträhne aus ihrem Gesicht.
„Weil er das wollte, was Brandon auch wollte, eine feste Beziehung mit mir", seufzte ich.
Gwenny rollte ihre blauen Augen theatralisch. „Also die alte Leier, hm?"
„Ja. Weißt du, das nervt einfach total! Warum kann ich bitte keinen Typen treffen, dem es scheißegal ist, wie toll meine Augen sind und wie schön mein Lächeln auf ihn wirkt? Warum zum Teufel kriege ich keinen ab, der in mir nicht seine Idealfrau sieht, sondern einfach nur geilen, hemmungslosen Sex mit mir haben will?"
„Weil du total hübsch bist, Sienna", erwiderte Gwenny. „Deine dunkelroten Haare sind der Knaller und dazu noch die blauen Augen; das zieht die Jungs an."
Mein verzweifeltes Stöhnen ließ sie schmunzeln.
„Du möchtest also Sex mit einem Mann, der quasi eine Augenbinde trägt, damit er sich nicht in dich verlieben kann, richtig?"
Bevor ich antworten konnte, servierte der Kellner unser Essen. Ich wartet, bis er sich wieder vom Tisch entfernte, um dann zu sagen: „So in etwa. Es wäre perfekt, wenn man zu einem Kerl gehen könnte, der einen nicht sieht."
Gwennys glucksendes Lachen ließ mich wissen, dass sie etwas im Schilde führte und so wunderte es mich nicht, als sie mit ihrem Handy spielte, obwohl wir es uns als Regel auferlegt hatten, dies nie während unserer gemeinsamen Mittagspause zu tun.
„Ich hab dir einen Link geschickte, Süße. Heute Morgen bin ich draufgestoßen und ich denke, das wäre was für dich", sagte sie schmunzelnd.
Sofort kramte ich mein Smartphone aus der Tasche, um einen Blick auf das zu werfen, was Gwenny mir hatte zukommen lassen. Ein überraschter Laut entwich meiner Kehle, als ich den Text zu lesen begann.
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Black Room
General FictionDunkel, aufregend und geheimnisvoll. - Sienna, jung und lebenslustig, entschließt sich, die Vorzüge eines sogenannten „Black Room" zu nutzen, in welchem man absolut nichts sieht. Dort trifft sie auf Fionn, der ihr Leben binnen weniger Wochen komplet...