Fionn
„Musst du unbedingt heute zum Nachtangeln fahren, Fionn?"
Nellys grüne Augen schauten mich bittend an. Ich wusste, dass sie es nicht mochte, nachts alleine im Haus zu sein.
„Ich hab's Pete versprochen, Süße. Und du kommst doch diese eine Nacht ohne mich klar", antwortete ich grinsend.
„Und wenn der Strom wieder ausfällt? So wie vor drei Tagen?"
Nelly schaffte es wahrlich mir mit den einfachsten Mitteln ein schlechtes Gewissen zu verschaffen. Doch dieses Mal würde ich meinen Kopf durchsetzen. Schließlich wartete ich seit über drei Monaten auf die Gelegenheit, endlich mit meinem besten Freund zum Nachtangeln am nahegelegenen See zu fahren. Keine zehn Pferde hielten mich heute davon ab.
„Dann nimmst du eben die Taschenlampe, falls du die Sicherung nicht wieder reindrehen kannst. Oder du bittest Adam um Hilfe."
Adam, unser Nachbar, ein älterer Herr, der unglaublich hilfsbereit und freundlich war, würde auf jeden Fall danach schauen, wenn Nelly ihn darum bat.
Als ich sie zum Abschied in meine Arme nahm und ihr einen Kuss auf den Mund drückte, spürte ich, wie sie zu zittern begann.
„Was ist los, Süße?"
„Bitte geh nicht, Fionn, ich hab so ein komisches Gefühl", seufzte sie.
„Du bist ein kleiner Angsthase", flüsterte ich ihr ins Ohr. „Ich bin nur zwei Kilometer entfernt und wenn wirklich irgendwas passiert, dann rufst du mich auf dem Handy an, ok? Außerdem bin ich morgen früh wieder da."
„Ok", kam es schließlich zurück.
Ich löste mich von ihr, lud meinen Angelkoffer und die Ruten ins Auto, winkte ihr nochmals zu, stieg ein und fuhr los, in Richtung See. Pete befand sich bereits dort, als ich eintraf und begrüßte mich freudig.
„Kann es losgehen, Fionn?"
„Ja, nachdem ich Nelly klargemacht habe, dass sie es eine Nacht ohne mich aushält", erwiderte ich grinsend.
Kopfschüttelnd befestigte Pete den Köder an seinem Haken und meinte: „Sie ist und bleibt ein kleiner Angsthase."
„Ja, und ich ihr großer Beschützer, der heute Ausgang hat", kommentierte ich lachend.
Welcher Kerl liebte es nicht, seine Freundin beschützen zu dürfen? Nelly fühlte sich in meiner Gegenwart so sicher wie in Abrahams Schoß und das schmeichelte mir.
Die Stille, welche sich rund um den See ausbreitete, wirkte mehr als nur komfortabel. Nachtangeln gehörte zu den Dingen, die mich vollkommen entspannten. Mehrere Stunden saßen wir einfach nur da und beobachteten die Angelruten, doch bis jetzt hatte noch kein Fisch angebissen. Langsam fielen mir die Augen zu, aber bevor ich in einen tiefen Schlaf abdriftete, heulten plötzlich Sirenen auf. Pete und ich schreckten beinahe gleichzeitig hoch.
„Was zur Hölle ist das los?", murmelte er und rieb sich verschlafen die Augen.
„Es kommt ganz aus der Nähe", sagte ich, bevor ich mich erhob.
Ein komisches Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus. Ich konnte nicht erklären, was plötzlich mit mir los war.
„Ich muss nach Hause, zu Nelly."
Nach diesen Worten sprang ich einfach ins Auto, ließ Pete und die Angelsachen zurück und brauste mit überhöhter Geschwindigkeit in Richtung unseres Dorfes. Mehrere Feuerwehrautos versperrten den Weg zu unserem Haus.
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Black Room
General FictionDunkel, aufregend und geheimnisvoll. - Sienna, jung und lebenslustig, entschließt sich, die Vorzüge eines sogenannten „Black Room" zu nutzen, in welchem man absolut nichts sieht. Dort trifft sie auf Fionn, der ihr Leben binnen weniger Wochen komplet...