Fionn
Gelangweilt lümmelte ich auf dem Sofa herum und wartete, dass Alistair endlich zurückkehren würde. Es war stinklangweilig ohne ihn, denn ich durfte noch immer kein Fernsehschauen, nicht lesen und mich auch ansonsten nicht großartig betätigen.
Die Gehirnerschütterung sollte schließlich gut auskuriert werden. Meine Gitarre und auch meine Bibel fehlten mit wirklich sehr, was die Langeweile noch schlimmer gestaltete. Letztere würde Alistair bestimmt vor mir in Sicherheit bringen, damit ich nicht heimlich darin las.
Als ich mich ein wenig zur Seite drehte, spürte ich die Schmerzen im Brustkorb, welche noch immer vorhanden waren. Alistair hatte mir prophezeit, dass diese länger anhalten würden und er schien richtig damit zu liegen.
Seufzend steckte ich mir eine Handvoll Erdnüsse in den Mund, die mein neuer Ziehvater für mich besorgt hatte, weil ich danach verlangte. Überhaupt kümmerte er sich hervorragend um mein Wohlergehen. Er bekochte mich, besorgte frische Unterwäsche (dieses Mal jedoch neu verpackte) und versprach mir, dass ich heute den Großteil meiner Klamotten erhalten würde.
Ich konnte es gar nicht erwarten, wieder meine eigenen Sachen anzuziehen, denn ständig in einer Jogginghose herumzulaufen, die mindestens drei Nummer zu groß war, strengte doch sehr an. Stets lief ich Gefahr, diese zu verlieren, wenn ich mal aufstand, um aufs stille Örtchen zu verschwinden. Aber damit würde bald Schluss sein. Eigentlich sollte Alistair nicht mehr allzu lange wegbleiben, da er bereits seit ungefähr zwei Stunden durch Abwesenheit glänzte.
Gerade als ich die Erdnüsse heruntergeschluckt hatte, hörte ich, wie jemand die Tür aufschloss.
„Ich bin's Junge, du kannst das Messer ruhig stecken lassen", rief Alistair durch den Flur.
Es klang, als ob er schnaufte.
„Kann ich dir mit irgendwas helfen?", fragte ich.
„Nein, du wirst mit deinem Hintern unter der Decke bleiben. Deine Gehirnerschütterung ist noch nicht auskuriert", kam es sofort und ziemlich energisch zurück.
Entgegen seiner Aufforderung, erhob ich mich langsam vom Sofa, schlenderte in den Flur und beobachtete, wie mein Ziehvater sich an einer Kiste zu schaffen machte.
„Hier sind deine Klamotten drin. Im Auto steht noch eine und deine Gitarre liegt auf dem Rücksitz", erklärte er.
Sofort begannen meine Augen zu stahlen. „Super, dann habe ich zumindest ein wenig Beschäftigung."
„Was denn? Bin ich dir zu langweilig", zog Alistair mich auf, was mich zu einem Lachen animierte.
„Nein, aber es tut gut, zwischendurch mal ein bisschen Gitarre zu spielen."
„Ja, vielleicht kannst du mir nach dem Abendessen etwas vorklimpern", ließ Alistair grinsend verlauten.
Bevor er noch etwas sagen konnte, öffnete ich die Kiste, um sogleich darin herumzuwühlen. Shirts, Boxershorts, Jeans und Pullover kamen zum Vorschein. Im Gegensatz zu manchen Gleichaltrigen besaß ich relativ wenig Kleidungstücke, was jedoch mit meinem Beruf, oder besser gesagt mit meinem Studium in Zusammenhang stand. Unter dem Gewand trug ich nur schwarze Kleidung und nur für die restliche Zeitspanne etwas buntere, wenngleich auch keine ausgefallenen, schrillen Sachen, sondern eher sportlich.
Nachdem Alistair alles nach oben gebracht hatte, legte ich die Bibel auf den Tisch im Wohnzimmer und begann darin zu blättern. Sofort traf mich sein strafender Blick.
„Du sollst dich ausruhen, mein Junge. Sonst muss ich dir wirklich noch den Hintern versohlen", lautete sein Spruch, der jedoch nur ein müdes Grinsen bei mir bewirkte.
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Black Room
General FictionDunkel, aufregend und geheimnisvoll. - Sienna, jung und lebenslustig, entschließt sich, die Vorzüge eines sogenannten „Black Room" zu nutzen, in welchem man absolut nichts sieht. Dort trifft sie auf Fionn, der ihr Leben binnen weniger Wochen komplet...