43. Together

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Sienna


Es fühlte sich komisch an zu wissen, dass ich England bald verlassen würde; vielleicht für immer. Die Erinnerungen der letzten Jahre zogen an meinem inneren Auge vorüber wie ein Film, der nicht zu stoppen war. Seth, Harvey und Gwenny, mein Job, London, die Stadt, die ich nahezu vergötterte. Niemals hätte ich mir vorstellten können, das alles freiwillig aufzugehen. Und doch tat ich es nun; für einen Mann, den ich über alles liebte und für unser ungeborenes Kind.

Als Alistair mir vorhin mitteile, dass ich morgen fliegen würde, machte mein Herz einen Freudensprung, denn ich sehnte mich nach Fionn. Die Tatsache, dass er gut angekommen war, und unser neues Heim wohl sehr schön fand, beruhigte mich ein wenig. Trotzdem konnte ich nicht einschlafen und wartete auf den nächsten Morgen.

Rosie und Alistair zu verlassen, brachte ebenfalls ein mulmiges Gefühl in meiner Magengegend hervor. Beide waren unglaublich nette, liebenswerte Menschen, die ich ins Herz geschlossen hatte. Dies schien absolut auf Gegenseitigkeit zu beruhen, denn sie umsorgten mich wie eine Tochter. Während der letzten Tage kümmerten sie sich wirklich rührend um mich. Nicht nur um mein leibliches Wohl, sondern auch um das seelische.

Vor allem Rosie wusste haargenau, wie sehr ich unter der Trennung von Fionn litt und dass ich es kaum erwarten konnte, ihn zu sehen. Oftmals nahm sie mich einfach in ihre Arme, wenn sie bemerkte, dass ich heimlich ein paar Tränen vergoss. Alistair hingegen heiterte mich mit seinen Sprüchen auf, wenn er nicht gerade dienstlich unterwegs war. Was immer er auch noch zu tun hatte, er sprach niemals darüber. Bis zum heutigen Abend. Während des Essens hatte er verlauten lassen, dass der Drogenring in London nun gesprengt sei und die Mafia sich darauf gefasst machen könnte, dass ihre Aktivitäten in ganz Europa jetzt unter die Lupe genommen wurden.

„Denen geht der Arsch auf Grundeis", lautete seine Aussage. „Aber sie werden es nicht so einfach hinnehmen. Und genau deshalb ist es für Sie der perfekte Zeitpunkt zu verschwinden. Flughäfen zu kontrollieren steht im Moment nicht an oberster Priorität der Liste, welche die Mafia nun abarbeitet."

Es beruhigte mich halbwegs, dass Alistair es so sah. Trotzdem war der Weg zum Flughafen am nächsten Morgen für mich kein Zuckerschlecken. Nach einem tränenreichen Abschied und aufmunternden Worten von Rosie „Du wirst das schon schaffen, Kindchen", saß ich ziemlich angespannt in Alistairs Wagen.

Obwohl er mir immer wieder versicherte, dass seine Mitarbeiter ständig auf der Hut seien und uns praktisch zum Flughafen geleiteten, konnte ich nicht frei atmen. Dies war erst möglich, als wir sämtliche Passkontrollen hinter uns gebracht hatten. Alistair begleitete mich bis zu meinem Abfluggate. Dort drückte er mir einen kleinen Umschlag in die Hand.

„Sie können ihn öffnen, wenn Sie im Flugzeug sitzen", sagte er schmunzelnd, als er mein überraschtes Gesicht bemerkte.

„Ok, dann werde ich das tun."

Sorgsam verstaute ich das weiße Papier in meiner Handtasche und betrachtete lächelnd meinen Ehering. Alistair hatte mir diesen heute Morgen ausgehändigt, bevor wir uns auf den Weg zum Flughafen machten. Außerdem bekam ich meinen neuen Ausweis, Reisepass und sogar einen Mutterpass, ausgestellt auf den Namen Brenda Edwards. Er sah haargenau aus wie mein Alter, alle Daten waren peinlichst genau übernommen worden. Alistairs Team schien es wirklich drauf zu haben, wenn es darum ging, eine neue Identität für jemanden zu schaffen.

„Ich werde die Briefe am Freitag übergeben", ließ Alistair mich wissen.

Er brauchte mir nicht zu sagen, um welche Schriftstücke es sich handelte, das wusste ich automatisch und es trieb einen Pfahl in mein Herz. Sie würden weinen, es spürte es. Verzweifelt lenkte ich meine Gedanken in eine andere Richtung. Fionn. In einigen Stunden würde uns nichts mehr trennen.

Black RoomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt