05. Chains

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Pünktlich um fünf vor zwölf betätigte ich am Weihnachtsfeiertag die Klingel am Haus, in welchem sich Seth und Harveys Apartment befand. Als ich kurze Zeit später, nach einer herzlichen Begrüßung durch Seth, in der großen Wohnung stand, um meinen Mantel abzulegen, bemerkte ich den köstlichen Duft, welcher aus der Küche direkt in meine Nase strömte. Harvey hatte sich vermutlich mal wieder selbst übertroffen, was das Essen anging.

Mit Geschenken beladen führten meine Schritte mich jedoch zunächst in den Wohnbereich, wo der dezent geschmückte Tannenbaum stand. Unter diesem befanden sich bereits etliche, in rotes, grünes und goldenes Glanzpapier gehüllte Präsente. Man konnte ziemlich genau erkennen, welche davon Harvey eingepackt hatte, denn dies beherrschte er ebenso gut wie das Kochen und Backen. Schmunzelnd legte ich meine Päckchen dazu und gesellte mich dann zu Seth, der gerade eine Flasche Rotwein öffnete.

„Du magst doch Merlot, oder?"

„Sicher", antwortete ich und nahm auf einem der bequemen Lederstühle am Tisch Platz.

Ich war so gespannt, was die beiden zu ihren Geschenken sagen würden und hoffte, dass sie es zu schätzen wussten, wie viele Gedanken ich mir darum gemacht hatte, statt irgendeinen Unsinn zu kaufen.

„Sienna, Schätzchen!" Harvey kam mit einer großen Schüssel in der Hand aus der Küche gelaufen und strahlte über das ganze Gesicht, als er mich erblickte. „Schön, dass du da bist, dann können wir gleich mit dem Essen beginnen."

„Ich habe mich angestrengt, nicht zu spät zu kommen", warf ich lachend ein, worauf Seth erwiderte: „Und das, nach einem feucht-fröhlichen Abend mit Gwenny."

„Es war nicht schlimmer als letztes Jahr", entgegnete ich, bevor ich an meinem Glas nippte.

Der Rotwein schmeckte wirklich ausgezeichnet. Als sich mein Blick in das Glas, auf die dunkelrote Flüssigkeit richtete, wanderten meine Gedanken urplötzlich in den Black Room. Eine Woche und zwei Tage würde ich auf mein Treffen mit Fionn in der Dunkelheit warten müssen. Es kam mir vor wie ein Albtraum, so lange davon fernzubleiben. Jemand, der diese Erfahrung noch niemals gemacht hatte, konnte mich vermutlich nicht verstehen. Dieser Raum und auch Fionn, übten eine magische Anziehungskraft auf mich aus, welcher ich mich nicht entziehen konnte.

„Sienna, träumst du?"

Harveys Stimme riss mich unbarmherzig zurück in die Realität.

„Sorry, ich war gerade in Gedanken", murmelte ich.

„Das haben wir gemerkt", sagte Seth trocken und schickte sich an, Harvey meinen Teller zu reichen, damit die Verteilung der Vorspeise beginnen konnte.

Die Hummercremesuppe schmeckte wirklich köstlich und ich lobte Harvey gebührend dafür. Anschließend wurde ein gemischter Salat mit Kresse, sowie einem besonderen Dressing serviert.

„Was ist in diesem Dressing? Das ist super!", rief ich aus.

„Himbeeressig und Walnussöl", erklärte Harvey verschmitzt grinsend.

Die beiden waren echte Gourmets, was durch den Hauptgang nochmals verdeutlicht wurde. Dieser bestand aus einem großen Truthahn, der mit Harveys spezieller Hackfleischfüllung sicher jeden Kochwettbewerb gewonnen hätte. Und natürlich durfte der flambierte Plumpudding nicht fehlen. Zum Nachtisch verdrückten wir Vanilleeis mit heißen Himbeeren, vermutlich weil das eine meiner Lieblingsspeisen war und Harvey mir eine Freude machen wollte. Er liebte es, mich zu bemuttern.

„So, und jetzt kümmern wir uns um die Geschenke, nicht, dass sie noch verrotten", scherzte Seth nach dem Essen und schritt sofort zur Tat.

Wie zu erwarten freute er sich riesig über das Golfspiel.

Black RoomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt