32. Decision

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Fionn


Sie fehlte mir unendlich.

Seit jener Minute, als Sienna das Haus verlassen hatte, vermisste ich alles von ihr. Die langen, seidigen Haare, auf welche mein Blick fiel, wenn ich am Morgen erwachte, ihr hübsches Lächeln, das sie mir bei jeder Gelegenheit schenkte, ihre sanfte, erotische Stimme, die eine Gänsehaut auf meinem Körper produzierte, den Geruch ihres Parfums, das ihre Persönlichkeit perfekt unterstrich, ebenso wie ihre Berührungen, wenn wir uns liebten.

Wir waren Eins. Ihre Stärke brachte meine Schwäche hervor und meine starke Seite enthüllte ihre schwache. Noch niemals hatte ich solche tiefen Gefühle für jemanden empfunden, selbst für Nelly nicht. Vielleicht lag es daran, dass ich nun älter und reifer war, vielleicht spielte auch die Tatsache, dass Sienna ein Kind von mir erwartete, eine Rolle dabei.

Meine Freude darüber, Vater zu werden, wurde durch den Umstand, dass ich die ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft verpasst hatte zwar ein wenig getrübt, doch ich hätte am liebsten jeden Menschen vor lauter Glückseligkeit umarmt. Und doch rief gerade dieses kleine Wesen, das in ihrem Bauch heranwuchs, Zweifel in mir hervor.

Ich wollte, dass es unserem Kind gut ging. Es sollte ihm an nichts mangeln, weder Liebe, noch materielle Dinge und ganz besonders Sicherheit. Letzteres würden wir ihm jedoch nur bedingt geben können und ebenso Sienna. Sie war eine starke Frau, die unaufhaltsam kämpfte, um mich und um meine Liebe. Doch das brauchte sie gar nicht, denn mein Herz gehörte ihr, unwiderruflich. Daran würde sie niemals zweifeln müssen.

Es tat weh, sie gehen zu lassen, sie mit dieser Ungewissheit im Bauch wegzuschicken, doch in jenem Moment konnte ich ihr nichts anderes sagen, als dass ich sie liebte. Ich war nicht fähig, eine Entscheidung zu treffen, so lange Sienna sich in meiner Nähe aufhielt. Das musste ich in aller Stille tun.

Aus diesem Grund trat ich meine Joggingrunde an diesem Montag noch vor dem Morgengrauen an. Während ich mir buchstäblich die Seele aus dem Leib rannte, standen meine Gedanken nicht still. Sie drehten sich nur um Sienna und um das ungeborene Kind.

Wenn ich meinem Herzen folgte, kannte ich den Pfad bereits, doch mein Kopf und meine Seele mischten sich noch immer ein. Selbst wenn ich mich für Sienna und das Kind entschied, welchen Weg sollte ich dann in beruflicher Hinsicht einschlagen?

Ausgepowert kam ich an den Ruinen in Rekordzeit zum Stehen und legte dort eine Pause ein. Dunkelheit herrschte um mich herum, da der Sonnenaufgang noch auf sich warten ließ. Schwer atmend ließ ich mich am Boden nieder, holte meine Trinkflasche hervor, um die Flüssigkeit gierig aufzunehmen. Meine Kehle fühlte sich nach diesem Gewaltmarsch wie ausgetrocknet an und mein Puls normalisierte sich nur langsam. Das Brennen in meinen Augen rührte nicht nur von der Anstrengung, sondern auch von meinem innerlichen Befinden her.

Niemand konnte mir bei dieser Entscheidung helfen, trotzdem hätte ich mich gerne bei irgendjemandem ausgeheult, lediglich um meinen Kummer loszuwerden. Insgeheim schickte ich ein Stoßgebet gen Himmel, dass Gott mir einen Tipp geben sollte, doch dieser hielt sich eher bedeckt, was die Sache anging. Kein Wunder, so oft wie ich in der Vergangenheit gesündigt hatte, konnte ich auch keinerlei Hilfe erwarten.

Für einem Moment schloss ich meine Augen, atmete tief ein und aus und versuchte alles um mich herum zu vergessen. Doch plötzlich wurde die Stille durch ein Geräusch unterbrochen, welches mich sofort in Alarmbereitschaft versetzte. Schritte näherten sich, ließen mich aufspringen und herumfahren.

„Hey, warum so schreckhaft, Fionn?"

Dustin grinste breit, als er sich näherte und ich atmete erleichtert auf.

Black RoomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt