Kapitel 11

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Amys Sicht


Die Wochen vergingen. In der Schule hatte ich ein paar Freunde in meiner Stufe gefunden, meistens hielt ich mich jedoch bei Andrew und seinen Freunden auf. Sie hatten nichts dagegen, und es war einfach etwas mit ihnen zu machen. Trotzdem hatte ich hier nicht so einfach Anschluss gefunden wie damals auf dem Revelles. Cole und ich telefonierten fast täglich. Und wenn wir es nicht taten, verbrachte ich die Abende bei Andrew im Zimmer. Wir redeten meist über das Leben auf dem Revelles. "Man, das Leben auf dem Internat hört sich cool an. Ich würde mittlerweile ganz schön viel geben, dort hinzugehen." Verwundert sah ich ihn an. Ich würde zwar immer noch alles geben, um wieder zurück zu können, aber mit Schulverweis ist das nicht ganz so einfach.. doch bei ihm? Das hätte ich jetzt echt nicht erwartet. "Aber, du hast hier doch eine tolle Familie. Du hast Eltern die dich lieben!", meinte ich irritiert. "Tze ja, schon klar." "Also von alles was ich bis jetzt gesehen habe, haben sie dich lieb. Und sie sorgen sich um dich." "Sie können mich nun mal einfach nicht richtig lieben", sagte er und ließ sich auf den Rücken fallen. Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf und sah an die Decke. Ich legte mich neben ihn und stützte mein Gesicht auf meine Hand. "Aber sie sind deine Eltern..", versuchte ich es erneut, obwohl ich genau wusste wie es war, wenn die Eltern einen nicht wirklich liebten.. aber hier war es anders.. Andrews Eltern liebten ihn wirklich. "Nein, sie sind die Menschen, die genug Mitleid mit mir hatten, mich zu adoptieren." Geschockt sah ich ihn an. Er war adoptiert?! Was zum.. Aus fast geschlossenen Augen sah er mich an und lächelte ein kaltes Lächeln. "Jap", war alles was er sagte, "Ich war zwar nie in einem Waisenhaus, und ich bin auch nicht direkt adoptiert.. Also es ist so, das meine Tante, also Miriam, und ihr Mann mich damals aufgenommen haben." "Okay, wow. Das war jetzt etwas unerwartet.." Ich konnte ihn nur weiter anstarren. "Aber ist doch auch egal." "Was ist denn mit deinen Eltern passiert?", fragte ich zögerlich. "Autounfall", antwortete er ziemlich gelassen. Als er meinen geschockten Gesichtsausdruck sah, musste er lachen. "Nein, ich bin nicht komplett kaltherzig, aber ich war damals erst zwei oder drei Jahre alt. Ich habe nicht mehr wirklich eine Erinnerung daran." 

Auf einmal drängte sich eine Erinnerung vom Revelles wieder in den Vordergrund. Hatten Ambers Eltern nicht auch einen Unfall gehabt? Nein, das konnte nicht sein. Ihr Bruder hieß Ben und müsste jetzt erst 14 oder 15 sein.. Aber Miss Casters hatte gesagt ich würde zu Bekannten von ihr kommen.. und wäre es nicht möglich das Ambers Tante und ihr Mann Bekannte von Miss Casters sind wenn Amber schon so früh aufs Revelles gekommen war? Mein Kopf drehte sich. War das möglich? Und Andrew meinte anfangs, das er immer eine große Schwester haben wollte. Ich sah ihm ins Gesicht. Erst jetzt viel mir die gewisse Ähnlichkeit auf, die er zu Amber hatte. Ich sog erschrocken die Luft ein. Er drehte sich zu mir und kopierte meine Haltung, indem er sich ebenfalls auf den Unterarm stützte. "Alles okay Amy?", fragte er mit hochgezogener Augenbraue. "Bist du Einzelkind gewesen?", platzte es aus mir heraus. Er sah mich an als wäre ich nicht mehr ganz dicht aber in seinen Augen war noch etwas anderes. "Wie kommst du denn jetzt darauf?" Ich schüttelte den Kopf. "Warst du oder nicht?" "Als Miriam hat nie ein Geschwisterkind erwähnt..", beantwortete er die Frage irritiert. Da wurde mir bewusst wie komisch sich das alles anhören musste. "'Tschuldige. Ich hatte heute zu viel Coffein. Ich geh rüber. Schlaf gut!", sagte ich schnell und verschwand aus dem Zimmer. Kaum hatte ich die Tür geschlossen atmete ich einmal tief durch. 

Am nächsten Morgen wurde ich von lauten Stimmen geweckt. Ich setzte mich auf und horchte genauer hin. Die Stimmen kamen von Unten. Es hörte sich an als würden sie streiten. Leise stand ich auf und ging in den Flur. Am Treppengeländer blieb ich stehen. 

Ich erkannte Andrews Stimme, und die von Miriam. Sie schienen wirklich zu streiten. "Du hast mich also die gesamte Zeit angelogen!?", hörte ich ihn schnauzen. "Nein-ja- hör mir doch zu!" "Ich fass es nicht. Du hast mir mein gesamten Leben verheimlicht das ich irgendwo eine Schwester habe! Wenn ich dir jetzt zuhören würde, würdest du mich dann wieder anlügen?!" "Andrew, bitte setz dich wieder hin!", flehte seine Tante. "Nein! Verdammt nochmal! Wie konntest du? Wie konntest du mir das verheimlichen?! Und wieso lebt sie nicht hier?! Wo ist sie!?" Verzweiflung lag in seiner Stimme. Miriam schien nicht zu antworten. "Weißt du was? Vergiss es einfach!" Anschließend hörte ich ihn wie er in Richtung der Treppe kam. Als er mich bemerkte drehte er den Kopf weg. Das verhinderte jedoch nicht das ich die Tränen in seinen Augen sehen konnte. "Andrew", versuchte ich es. Ich hatte Angst das er mich ignorieren würde, dass er sich in seinem Zimmer einschließen würde. Mich hassen würde. Stattdessen kam er auf mich zu und umarmte mich. Überrascht erwiderte ich die Umarmung und zog ihn in sein Zimmer. Zusammen setzten wir uns auf sein Bett. Eine Weile schwiegen wir einfach nur. Dann sah er mir direkt in die Augen. "Erzähl mir alles", sagte er und sein Blick flehte mich an. 

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