Amy
Den Nachmittag verbrachte ich draußen. Ich musste jetzt einfach für mich sein. Nachdenken. Zu jeden anderen Zeitpunkt wäre mein Kopf wahrscheinlich komplett überfüllt mit Gedanken gewesen, aber jetzt gerade? Er war komplett leer gefegt. Wie als würden sich alle Gehirnzellen die für das übliche Gedankenchaos zuständig sind im Sommerurlaub auf den Malediven Cocktails gönnen. Ich hatte eine Entscheidung getroffen. Jetzt würde ich damit leben müssen. Die Worte, die Coles Vater gestern gesagt hatte, spukten mir auf einmal durch den Kopf. Ein eisiger Schauer lief mir den Rücken herunter als ich an die Abscheu in deinem Blick zurückdachte. Verzweifelt versuchte ich mir selbst klar zu machen das es egal wäre, dass ich jetzt nichts mehr mit Cole zu tun hatte und dementsprechend auch nicht mit diesem grausamen Mann. Es war vorbei. Ja, ich hatte mir Brandon einen Fehler gemacht, aber das Recht so mit mir umzugehen hatte ich Cole damit nicht gegeben. Er hatte mich zutiefst verletzt und noch einmal würde ich das nicht zulassen.Als ich mich auf den Rückweg ins Gebäude begab, dämmerte es bereits. Gerade als ich in den Flur einbog, der mich zu meinem Zimmer bringen würde, hörte ich jemanden meinen Namen rufen. Ich wusste, dass es Caleb war noch bevor ich mich umgedreht hatte. Seine Stimme klang belegt als er mich fragte: "Gehst du mir aus dem Weg?" Augenblicklich plagten mich die Schuldgefühle, aber wenn ich wirklich mit Cole abschließen wollte, musste ich mich wohl oder übel auch von Cal distanzieren. "Nein, ich hab's nur gerade etwas eilig.." Um der Situation zu entkommen wandte ich mich einfach ab und ging davon. Auch wenn ich mich immer weiter von ihm entfernte spürte ich einen Blick schwer von Enttäuschung auf mir. So schnell ich konnte betrat ich mein Zimmer und drückte die Tür hinter mir zu. Seufzend lehnte ich den Kopf gegen das schwere Holz. Als sich unerwartet jemand hinter mir räusperte, fuhr ich zusammen und drehte mich um. Amber saß mit erwartungsvoll hochgezogenen Augenbrauen auf meinem Bett und musterte mich. "Hey", grüßte ich zögerlich. " 'Hey' ? Das ist alles was du sagst? Wo zur Hölle bist du gewesen und was ist bloß im Moment los mit dir?" Als ich nicht antwortete löste sie ein Bein aus dem Schneidersitz, ließ es über der Bettkante baumeln und ihre Schultern sackten ab. "Ich war draußen, nachdenken." Wenn sie mich weiter mit diesem bemitleidenden Blick ansah, würde ich einknicken und wahrscheinlich emotional zusammenbrechen. Langsam ging ich zu meinem Bett und setzte mich neben sie, nur um mich im nächsten Moment auf den Rücken fallen zu lassen. Gedankenverloren starrte ich an die Decke. Während sich Schweigen zwischen uns beiden ausbreitete, verfolgte ich mit den Augen jeden einzelnen Riss im Putz der Decke. "Worüber musstest du denn so dringend nachdenken, dass du nicht mal zum Essen gekommen bist?" Als ich mich aufsetzte holte ich tief Luft, und atmete langsam wieder aus, während ich auf meine Hände starrte. Amber war meine beste Freundin. Ich hatte ihr sonst auch immer alles erzählt, warum also nicht? Wenn ich einer Person auf diesem Planeten glauben würde, währe sie es. Also begann ich zu erzählen. Alles und von Anfang an. Zu Beginn verhaspelte ich mich immer wieder, weil die Wörter gefühlt alle auf einmal meinen Mund zu verlassen versuchten. Seit Ewigkeiten hatte ich mich keinem mehr anvertraut, und ich hatte vergessen wie gut es sich anfühlte.
Sie unterbrach mich nur zwei, oder drei Mal, um einen entsetzten Kommentar abzugeben oder eine Frage zu stellen. Als ich an dem Punkt angelangt war, der erst vor wenigen Tagen passiert war, begannen meine Hände zu zittern. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur den Polizisten erzählt was genau geschehen war. Die Geschichte jetzt von neuem zu erzählen versetzte mich an den Nachmittag zurück und in meinem Kopf erlebte ich alles noch einmal. Amber Augen waren vor Schreck geweitet. Nachdem ich ihr auch von meinem Krankenhausbesuch bei Cole berichtet hatte, schwiegen wir erneut. Es war ein betretenes Schweigen. Nach einigen Minuten hielt ich es nicht mehr aus. "Verstehst du jetzt wieso ich das nicht mehr kann?" Sie nickte, aber blieb stumm. Es war viel auf einmal, das wusste ich, aber in diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass sie irgendetwas sagen würde. Nach einer Weile Blickte sie wieder auf und sah mir direkt in die Augen. "Es tut mir so, so leid. Ich hätte schon früher nachhaken sollen was los war. Ich-" Ich unterbrach sie bevor sie weiterreden konnte. Wirklich nur Amber schaffte es in dieser Situation sich selbst für auch nur einen Funken von all dem verantwortlich zu machen. "Amber vergiss es. Du gibst dir ganz sicher nicht die Schuld an irgendwas von dem was passiert ist." Auch wenn sie nickte sah ich in ihren Augen das sie es dennoch tat.
Obwohl wir beide im Zimmer blieben, schwiegen wir den Großteil der Zeit. Erst als wir uns auf den Weg zum Abendessen machten, fingen wir wieder an zu reden. Jedoch wurde kein Wort über das Thema Ich-breche-endgültig-den-Kontakt-zu-Cole-ab verloren. Als wir die Kantine betraten hielt ich Ausschau nach einem freien Tisch. Ich entdeckte einen im hinteren Teil des Saals. Amber folgte mir. "Du musst nicht bei mir sitzen. Geh ruhig zu Dylan." Nur weil ich mich vollständig von ihnen abgrezen wollte, hieß es nicht das ich Amber dazu bringen würde ebenfalls auf Abstand zu gehen. Unsicher warf sie mir noch einen letzten Blick zu, dann wandte sie sich ab und ging zu den Jungs. Ich ließ mich währenddessen an den leeren Tisch fallen. Bevor ich wieder aufstehen und mir etwas zu essen holen konnte, wurde der Stuhl neben mir zurückgezogen. Andrew setzte sich und lugte mich von der Seite an. "Ist alles in Ordnung bei dir Am?" In mir zog sich etwas zusammen. Andrew war für mich wirklich wie ein kleiner Bruder geworden, und er konnte rein gar nichts für Coles Handlungen. Ich sollte ihn nicht dafür verantwortlich machen. "Ich muss einfach mit ihm abchließen. Mit allem. Ich kann das einfach nicht mehr", sagte ich ihm deshalb. Seine Augen verdüsterten sich. "Auch mit mir?" "Nein eigentlich nicht. Ich will nur nicht das du am Ende irgendwie zwischen all dem stehst." Ich hoffe er würde es verstehen. Ich wollte ihn nicht verlieren, denn auch wenn es meine eigene Entscheidung war kam ich mir nämlich ziemlich machtlos vor.
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Revelles Twins 2
RomanceNach Jays Tod ist Amy am Boden zerstört. Sie wendet sich von allen ab - von Amber, Dylan, Caleb, aber vor allem von Cole. Jedoch lässt dieser nicht so leicht locker; er tut alles Mögliche um Amy wieder glücklich zu sehen, um die glückliche Am wieder...