Kapitel 43

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Amy's Sicht

Ich betrat den Flur und traute mich kaum den Kopf zu heben. Musste ich aber auch nicht, denn der Flur hatte sich bereits wieder geleert und nur noch eine Person warf einen Schatten. Ein letztes Mal atmete ich tief durch bevor ich seinem Blick begegnete. In seinen Augen spiegelte sich die gleiche Nervosität, die ich tief in meinem Inneren verspürte. „Hey Am", machte Cole den ersten Schritt. Ich hatte zu lange gewartet. Nur war ich mir nicht sicher ob nur gerade, oder generell. Plötzlich überkam mich Panik, doch ich drückte die Schultern durch und trat auf ihn zu. „Hey", war meine glorreiche Antwort. Wieder kehrte eine angespannte Stille zwischen uns. Die Schritte im Treppenhaus am Ende des Flurs waren verklungen, es schienen sich alle beim Mittagessen eingefunden zu haben. „Wollen wir raus gehen?". Ich betete, dass man das Zittern meiner Stimme nicht bemerkte. Cole nickte und gab somit nichts zu erkennen. Ich ging zügig voraus, in der Hoffnung das die frische Luft meine Gedanken etwas verlangsamen würde.

Als mir im Innenhof der kühle Wind durch die Haare fuhr atmete ich auf. Dennoch blieb ich nicht stehen, ich strebte den kleinen Weg an, auf dem ich sonst joggen ging. Meine Beine mussten sich bewegen, um der unangenehmen Situation zu entkommen. Leider folgte sie mir. „Amy, wo willst du denn noch hingehen? Ich dachte du wolltest reden?" Im ersten Moment wollte ich herumfahren und ihn ankeifen. Seine Wortwahl deutete an, dass er sich noch immer oder eher wieder wie ein Arsch verhalten wollte. Doch als seine Worte zu mir durchgesickert waren, erkannte mein Hirn, dass es eine ernstgemeinte Frage war. Und sie war berechtigt. Ich wollte schließlich mit ihm reden. Gestresst stieß ich den Atem aus und drehte mich langsam zu ihm um. „Ich weiß es nicht. Ich wollte mit dir reden, aber wo soll ich anfangen? Hast du nicht schon längst aufgegeben?" Sein Gesicht verzog sich kurz, fast so als hätte ich ihn geschlagen.

Bilder schossen mir durch den Kopf, Bilder auf denen er tatsächlich geschlagen wurde. „Wie kommst du denn auf so einen Bullshit?" Cole sah mich entgeistert an. „Du bist diejenige, die ohne ein Wort das Krankenhaus verlassen hat, 18 Kilometer hierher gelaufen ist, sich von allen abgewandt hat und mit niemandem redet! Bist du nicht diejenige die aufgegeben hat?" Diesmal war ich es, der die Gesichtszüge entglitten. Wenn man es so drehte sah es tatsächlich so aus. Aber da war noch so viel mehr. „Ich weiß es nicht." Mehr brachte ich nicht heraus. „Du weißt es nicht? Amy komm schon! Du wolltest reden und jetzt bringst du kein Wort heraus!" Cole raufte sich die Haare und stöhnte frustriert auf. „Das Einzige was du zu mir sagst, ist dass du denkst ich hätte aufgegeben? Nach allem was passiert ist?" „Wegen allem was passiert ist! Verstehst du es denn nicht? Ich weiß nicht mehr was ich denken soll. Du hast mir wehgetan Cole. Und das nicht nur einmal. Du hast dich von mir abgewandt. Keine Sorge, ich hab mir mittlerweile zusammengereimt wieso du das getan hast. Das macht es aber nicht weniger beschissen, dich mit Nataly gesehen zu haben. Du hast mich von dir gestoßen als ich dich brauchte. Als wir einander gebraucht hätten. Du hast genau das getan was Brandon von von Anfang an wollte. Du hast dafür gesorgt das er mich fast vergew-", ich brach ab. „Du hast dafür gesorgt, dass er uns auseinander bringen konnte. Du hast dich deinem Bruder und Dylan gegenüber wie ein Arsch verhalten. Du hast mich behandelt als wäre ich nichts . Deshalb ja, ich frage dich ob du aufgegeben hast. Es tut mir leid was alles passiert ist. Ich will dir auch nicht die Schuld für Brandons Taten geben, aber es hat mich verletzt. Es hat mich fertiggemacht. Und dann komme ich zu dir ins Krankenhaus, und dein Vater betitelt mich als Flittchen? Ich weiß, auch das ist nicht deine Schuld. Aber seit ich hier an diese Schule gekommen bin ist so viel passiert. Und so vieles davon hing mit dir zusammen. Ich wurde auf dieses Internat geschickt, um meine Noten zu verbessern und meine „Launen" in den Griff zu bekommen. Und jetzt stehe ich hier, nachdem so viel passiert ist, nachdem ich meinen Bruder verloren habe, dich verloren habe, meine Familie mich aufgegeben hat. Und ich frage dich, wofür? Wofür soll all das gut gewesen sein, wenn ich jetzt vor der Person stehe, die mich wieder und wieder verletzt hat." „Amy-" „Vor der Person die genauso viel verbockt hat wie ich, die genauso viel verloren hat wie ich. Vor der Person die ich trotz all dem immer noch liebe. Also nein, ich habe nicht aufgegeben. Aber ich habe auch keine Kraft mehr. Ich will nicht wieder verletzt werden. Ich kann das nicht nochmal. Ich weiß, ich bin längst keine Heilige. Aber-" Diesmal war es Cole der mich unterbrach. „Sag das nochmal." „Was?" „Sag nochmal, dass du mich immer noch liebst. Dass du mir verzeihst und wie das alles hinter uns lassen können." „Das kann ich nicht versprechen." „Egal. Sag mir nur diese drei Worte nochmal und den Rest schaffen wir gemeinsam und mit mehr Zeit"

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