Was hatte Herr Haber zu verbergen?

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Er seufzte leise und fuhr sich mit den Händen über sein Gesicht.
,,Vater hatte recht. Ich werde nie über diese Phase hinwegkommen... Ich habe doch so lange trainiert und war solange erfolgreich... und dann kommt dieses Mädchen und stellt alles auf den Kopf! Es tut mir leid Vater.... Ich bin einfach zu schwach...", er stellte sich ans Fenster und sah nachdenklich nach draußen.

Er hatte mich also nicht bemerkt? Das war vorerst etwas gutes. Trotzdem verwunderten mich seine Worte sehr. Was für eine Phase meinte er und was hatte sein Vater bemängelt? Nachdenklich setzte ich mich in dem Schrank hin und beobachtete Herrn Haber weiter.

Er bewegte sich in langsamen Schritten zu seinem Schreibtisch und nahm behutsam ein Amulett in die Hand.
,,Es tut mir leid Vater. Verzeih' mir bitte...", murmelte er und sah starr aus dem Fenster. Das Amulett begann leicht zu leuchten und pulsierte etwas.

Ein leichter Wind kam auf und eine bedrückende Stimmung erfüllte den Raum. Ich schluckte schwer und sah mich um. Es wirkte, als packte mich ein Geist und versuchte zu erwürgen.

Panisch kniff ich meine Augen zu und rang so gut es ging nach Luft.

//Herr Haber//

Durch das Amulett meines Vaters baute ich Kontakt zu ihm auf. Er war einer der größten Höllenfürsten und peitschte gerade wahrscheinlich irgendwelche Neuankömmlinge aus. Ich lächelte leicht bei dem Gedanken und ließ meinen Blick über den Schulhof schweifen. Unten spielten und lachten die Kinder. 

Wie sich sowas wohl anfühlt? Spaß.... 

Das klingt nach Glück....

Ruhe...

Frieden...

,,Schön wieder von dir zur hören", wisperte der Wind in gedämpften Ton.
,,Vater", antwortete ich und fixierte mit meinem Blick schnell das Amulett. In ihm spiegelte sich die pure Hölle. Eine Gänsehaut lief mir über den Rücken, welche ich jedoch schnell abschüttelte. 

,,Zu welchem Zwecke nehmest du eine Verbindung zu mir auf?", hauchte der Wind.
,,Ich brauche deinen Rat Vater. Ich habe mich schwächlich und dümmlich verhalten. Ein Bauernmädchen kreuzt meine Wege", murmelte ich und lies mich auf den Stuhl fallen.
,,Das törichte Mägdelein? Eine Schande mein Junge. Kein Haber sollte sich von einem Backfisch (*1 ) die Worte im Munde drehen lassen! Was habest du Bub denn überhaupt gelernt?!", zischte der starke Luftzug in meinem Nacken.
,,Vater, ich bitte um Verzeihung. Ich bin einfach nicht konsequent genug gewesen, aber das verstößt doch gegen seine Ideologie. Ich kann sie nicht züchtigen. Das wäre unerhört..."
,,Unerhört sei dein Gedankenzug! Ich sollte mich genieren für dein unerhörtes Agens (*2)!"
,,Vater. Ich kann nicht die Ideologie des alten Schulleiters verfehlen. Mir lastet der Schwur auf meiner Seele. Du weißt, dass wenn ich den Schwur breche, es große Folgen mit sich ziehen wird." 
,,Wer teilet unsere Anwesenheit?", ich zog verwirrt die Stirn kraus und fragte: ,,Was meinst du damit? Du weißt genau, dass alle umgebenden krepieren wenn ich über das Amulett kommuniziere... Außerdem bin ich alleine. Wer sollte hier sein?" Mein Vater antwortete nicht und die Winde wurden stärker. Arbeitsblätter wirbelten durch die Luft und alle Schranktüren fingen an zu klappen.
,,Vater hör auf!", rief ich und fing die Kristallkugel meines Großvaters auf.
Ehe ich mich versah rumpelte es laut und eine krumme Gestalt lag vor meinen Füßen. Anscheinend war sie aus dem Schrank gefallen, aber soweit ich mich erinnere, hatte ich niemanden in meinem Schrank deponiert. Fragend sah ich zu meinen Füßen und zog eine Augenbraue hoch. 

*1: veralteter Begriff für "Mädchen"

*2: veraltetes Wort für "Verhalten"


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