8 | Von Drachen, Männern und Mülleimerphobien

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Das hier ist die Geschichte, in der ich mich auf ins Abenteuer machte und einen Drachen besiegte. Oder eben genau dies nie getan habe, meine Charakter aber schon.

Ihr merkt vielleicht bereits, worauf ich hinauswill?

Ich spreche von Szenen, die selbst in meinem Leben nie passiert sind.  Von Gefühlen, die ich nie gehabt habe. Von Charakterzügen, die mir völlig fremd sind.

Vielleicht werden einige von euch jetzt aufschreien: Was erzählst du hier bitte für einen Schwachsinn? Man kann nichts beschreiben, was man nicht selbst erlebt hat. Das wird dir nie gelingen.

Diejenigen bitte ich, kurz noch einmal über ihr Gesagtes nachzudenken – denn gerade die Autoren im Fantasiesektor werden nie in ihrem Leben von Zwergen oder Drachen umgeben sein. Dennoch schreiben sie darüber. J.K.Rowling ist sicherlich ebenfalls nie auf eine Zauberschule gegangen, dennoch sind ihre Bücher über den jungen Harry Potter zu Bestsellern geworden.

Man scheint das Unbekannte also doch sehr gut umsetzen zu können, auch wenn man ihm nie wirklich begegnet ist. Gerade das macht doch den Reiz des Schreibens aus, seine Fantasie einfach schweifen zu lassen und Leben leben zu können, die man in Wirklichkeit nie haben wird.


Wahrscheinlich sind immer noch einige kritisch. Verständlicherweise, denn bis jetzt habe ich nur allgemeine Welten beschrieben.



Wie kann ich aber auch noch so dreist sein, zu behaupten, dass man auch Charakterzüge schreiben kann, wenn man diese als Autor gar nicht besitzt?

Auch dies ist durchaus möglich, man nehme sich Voldemort als Beispiel (Ich merke gerade, dass ich eindeutig zu viele Harry Potter Beispiele nenne. Bitte verzeiht mir, ich denke nur, dass dies das Buch ist, was die meisten von euch kennen werden).

Als Alternative kann man sich hier gerade jeden anderen Bösewicht vorstellen, denn ich bezweifele, dass die Autoren von diesen Schurken selbst durch die Gegend eilen und Leute umbringen, nur um die Bösewichte gut beschreiben zu können. (Wahrscheinlich tun einige dies bloß nicht, weil wir Autoren oft schüchterne Kreaturen sind. Alle anderen haben wirklich keinen Drang dazu, versprochen.) Dennoch bekommen sie es fabelhaft hin, sich ihre eigenen Schurken zu spinnen und diese glaubhaft zu vermitteln.


Viele Autoren schreiben ihre Charaktere (unbewusst) so, dass diese die Charakterzüge des Autors übernehmen. Das macht es dem Autor einfach, sich in seine Hauptfiguren hineinzuversetzen, ihre Gefühlslage und ihr Denken zu beschreiben. Er weiß, wie der Charakter in einer bestimmten Situation reagiert, weil er als Autor selbst so reagieren würde. Daran ist erst einmal nichts falsch, keine Frage.

Allerdings wird dies irgendwann langweilig. Wenn man verschiedene Bücher eines Autors liest, dann möchte man nicht immer den gleichen Abklatsch von derselben Person lesen. Irgendwann ist dies aufgebraucht und man braucht etwas Neues.

Spätestens dann wird es Zeit, sich in unbekannte Welten zu stürzen. Damit meine ich nicht, dass die Charaktere dem Autor plötzlich gar nicht mehr ähneln dürfen. Man muss nicht zwingend eine vollkommen neue Person erschaffen, doch zumindest seine eigenen Charakterzüge deutlich mindern.

Wenn Person A dann immer noch genauso wie der Autor gerne Auto fährt und Person B den gleichen Sturkopf besitzt, den auch sein Entwickler hat, dann ist dies vollkommen in Ordnung.

Worauf ich hinaus will: Man muss sich trauen, über seinen Schatten zu springen und Neues zu wagen. Das Unbekannte erforschen.


Einige Beispiele aus meinen eigenen Geschichten, damit besser verstehen kann, worauf ich hinauswill:

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