6 Das schlechte Gewissen

163 6 0
                                    

  Nach dem Festmahl gingen die satten und trägen Schüler nach und nach aus der grossen Halle und zurück in ihre Gemeinschaftsräume. Die Stimmung im Schloss war nun sehr gemütlich und zufrieden. Kaum waren Hermine, Ginny und Harry im Gemeinschaftsraum angekommen, setzen sich Harry und Ginny auf das etwas schäbige, jedoch gemütliche Sofa vor dem Kamin und begannen verliebt rumzuknutschen.
Hermine sah ihnen einen kurzen Moment lang zu, drehte sich dann aber entschlossen weg und ging in Richtung eines kleinen runden Tisches der am Fenster stand. Dies war ihr Stammtisch wenn sie lernte oder sonst etwas für sich las. Da es zwischen ihr und Ron nicht so gut lief, verzog sie sich lieber, als den anderen beiden beim knutschen zuzusehen. Sie rannte kurz hoch in den Mädchenschlafsaal und holte dort ein Tintenfass, eine Feder und ein Stück Pergament herunter. Sie erinnerte sich daran Ron versprochen zu haben, ihm zu schreiben.

Sie tauchte die Spitze ihrer Feder in die dunkelblaue Tinte und überlegte kurz, ob sie Ron die Sache mit Malfoy erzählen sollte, doch irgendetwas in ihr liess sie wissen, dass er das gar nicht gerne hören würde, also liess sie es bleiben und schrieb ihm nur kurz, dass sie gut angekommen waren und dass es ein paar neue Lehrer gab. Dass sein Vater Muggelkunde unterrichtete wusste er natürlich schon lange. Sie fügte noch hinzu, dass sie zur Schulsprecherin ausgewählt wurde, aber erwähnte nicht das Malfoy dieses Amt mit ihr teilte. Sie überflog den Brief noch einmal schnell und versiegelte ihn. Da Hedwig nicht mehr lebte und Pigwidgeon im Fuchsbau bei Ron geblieben war, brachte sie den Brief hoch in den Schlafsaal und verstaute ihn in ihrer Tasche. Morgen vor dem Frühstück würde sie noch schnell in die Eulerei gehen um ihn abzuschicken.
Als sie wieder nach unten kam, ging sie zu Harry und Ginny, die immer noch kuschelnd auf dem Sofa lagen. „Harry, wäre es ok für dich, wenn ich kurz mit Ginny unter vier Augen reden kann?", fragte sie etwas verlegen. Harry nickte, gab Ginny noch einen Kuss und setzte sich hinüber zu Dean, Seamus und Neville die gerade Zauber-Schnippschnapp spielten.

Hermine rang verkrampft ihre Hände, da sie nicht wusste wo und wie sie anfangen sollte. Ginny schaute sie fragend an. „Also, ich wollte dir unbedingt was erzählen, aber du MUSST das unbedingt für dich behalten! Ich will nicht das Harry oder Ron das mitbekommen, sonst machen die da ne riesen Sache draus, ist gut?" „ Ja natürlich", sagte Ginny. „ Als Professor McGonagall mir und Malfoy mitgeteilt hat, dass wir das neue Schulsprecherpaar sind, haben sie und Professor Slughorn das Pokalzimmer vor uns verlassen. Malfoy hat sich überhaupt nicht gefreut darüber, dass wir das neue Schulsprecherpaar sind." Ginny blickte sie etwas verwirrt an und meinte „Ja schon, aber du weisst doch wie der eingestellt ist gegenüber dir, oder besser gesagt gegenüber allen Muggelgeborenen und jetzt muss er sich noch mehr als sonst mit dir abgeben. Das ist doch nicht ungewöhnlich, dass ihn das nicht sehr erfreut.." „Nicht das ist ungewöhnlich, Ginny. Als die Lehrer raus sind, hat er mich auf die Sache mit Bellatrix, die bei ihnen zu Hause geschehen ist angesprochen.." Nun schien auch Ginny überrascht. „Er hat mir gesagt, dass er nie wollte, dass sie mir etwas antut, aber dass er nichts tun konnte und dass es ihm Leid tut." Jetzt war Ginny richtig erstaunt. „Und was denkst du darüber?" „ Ich weiss nicht, aber er tat mir in dem Moment richtig leid. Ich glaube er hat sich wirklich aufrichtig und ehrlich entschuldigt, obwohl er ja eigentlich nichts dafür kann.", bedachte Hermine. Ginny runzelte nachdenklich die Stirn und meinte „Vielleicht hat der Krieg auch an ihm seine Spuren hinterlassen und nicht nur an uns.." „Ja könnte schon sein. Seltsam war es auf jeden Fall.. Aber bitte sag Harry und Ron nichts. Gut?" „Mach ich nicht." Hermine streckte sich, sagte gute Nacht und machte sich davon in den Mädchenschlafsaal. Hermine dachte noch eine Weile über das nach was Malfoy zu ihr gesagt hatte und dann erinnerte sie sich daran, wie er sie fast um Entschuldigung flehend mit seinen hellgrauen, klaren Augen ansah, die nicht wie sonst leer und kalt waren. Mit diesem Gedanken schlief sie ein.

Zur selben Zeit im Gemeinschaftsraum der Slytherins entschloss sich auch Malfoy ins Bett zu gehen, da er die starrenden Blicke seiner ehemaligen Freunde nicht mehr ertragen konnte. Pansy, Blaise und Goyle sassen ebenfalls im Gemeinschaftsraum und spähten immer wieder zu ihm herüber und tuschelten dann vor sich hin. Als er in Richtung der Schlafsäle ging, hörte er, wie jemand aus einer Gruppe von 4.Klässlern „Todesser!" herüberhustete. Er beschleunigte seine Schritte und schloss hinter sich rasch die Tür. Als er im Bett lag, erschien ihm wieder das Bild vor Augen, wie Hermine von seiner Tante gefoltert wurde und dann, dachte er daran wie vorhin ihre Hand zu der Stelle an ihrem Arm huschte, wo damals das Wort „Schlammblut" blutig eingeritzt war. Er versuchte den Gedanken an Hermine abzuschütteln, da er ihm ein unwahrscheinlich schlechtes Gewissen bereitete. Und versuchte einzuschlafen. Wieder plagten ihn die ganze Nacht hindurch Alpträume.  

Die Rückkehr nach dem KriegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt