15 Hermine's Schuld

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  Hermine fühlte, dass Malfoy etwas bedrückte und wechselte daher das Thema. „Du warst übrigens spitze in Verteidigung gegen die dunklen Künste!" Unsicher sah er sie an, freute sich dann aber doch so sehr über das Kompliment von ihr, dass seine bleichen Wangen erröteten. „Ich hatte ja auch eine super Lehrerin.", erwiderte er mit einem Lächeln. Auch Hermine lächelte verlegen über dieses Kompliment. „Weisst du, nicht nur Potter hat mitbekommen dass wir uns treffen. Die Slytherins haben auch schon bemerkt, dass wir, naja anders zu einander sind.. Die machen mich auch ständig blöd an deswegen.." „Ach, vergiss die! Das nächste Mal würde ich denen eine Strafe aufhalsen, wegen mangelndem Respekt gegenüber dem Schulsprecher! Dann vergeht es diesen kleinen, hinterhältigen Schlangen..." Malfoy musste lachen darüber, wie sehr es Hermine aufregte, dass er von seinen Mitschülern blöd angemacht wurde. „Das hat Professor Slughorn mir auch geraten, weil er in der letzten Stunde bemerkt hatte, wie Pansy sich hinter meinem Rücken an meinem Skele-Wachs zu schaffen machte. Er bekommt natürlich auch sonst so einiges mit und meint, dass ich mich wehren soll, aber ich glaub nicht, dass das was bringt." „Also ich verteil jedem Strafaufgaben, der dich blöd anmacht! Das ist schliesslich auch meine Aufgabe.", erklärte Hermine bestimmt. Malfoy war wahnsinnig fasziniert von ihrem Mut und wie sehr sie sich für ihn einsetzte. Warum sie das für ihn tat, war ihm allerdings ein Rätsel, denn auch er war sich darüber im Klaren, wie er sie die letzten Jahre behandelt hatte. Malfoy machte sich eigentlich auch keine Sorgen wegen der Slytherins. Er hatte eher Angst vor Harry, denn er hatte gesehen wie mächtig er war und wusste, dass er ihm lange nicht das Wasser reichen konnte. Allerdings würde er das für sich behalten.

Unsicher sah Hermine ihm in die Augen „Darf ich dich mal was persönliches fragen?" Malfoy überlegte kurz und bejahte schliesslich. „Wie kommt es, dass du so anders bist, jetzt wo der Krieg vorüber ist? Also ich meine deine Einstellung mir gegenüber und so?" Malfoy wusste, dass sie ihn irgendwann danach fragen würde und er hatte schon hundertmal darüber nachgedacht, doch jetzt wo es Zeit war zu antworten, zögerte er doch. „Ähm, du musst wissen... Ich bin in einer ziemlich schwarzmagischen Familie aufgewachsen. Mein Vater hat mir von klein auf beigebracht, dass die Reinheit des Blutes äusserst wichtig sei und ich hatte bis vor einem Jahr auch keine Zweifel daran, da ich nie etwas anderes gelernt habe. Letztes Jahr habe ich immer wieder schreckliche Dinge gesehen. Ich habe mehr als einen Mord miterlebt und ich war auch dabei, als sie Leute gefoltert haben, nur weil diese „eine falsche Einstellung" hätten. Da begann ich richtig zu zweifeln. Ich konnte nicht dahinter stehen, doch mein Vater liess mir keine Wahl, denn wenn du einmal zu den Todessern gehörst, lassen die dich nicht mehr gehen und so habe ich getan was verlangt wurde und geschwiegen. Sie hätten meine Mutter sonst gefoltert oder sogar getötet, weisst du?" Malfoy hatte nun wieder diesen schuldbewussten Blick.
Hermine sah ihn aus traurigen Augen an. „Ich verstehe, dass du deine Familie schützen wolltest. Ich hab das Gedächtnis meiner Eltern verändert..." Nun spiegelte sich in ihren Augen ihr schlechtes Gewissen. „Was hast du denn gemacht?" „Ich hab ihre Erinnerungen an mich komplett gelöscht und ihnen den Wunsch nach Australien auszuwandern in den Kopf gepflanzt.", sagte sie schnell und ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Sie sind jetzt im St. Mungo. Der Zauber war so gut ausgeführt, dass ich ihr Gedächtnis nicht reparieren konnte." Malfoy legte einen Arm um sie und zog sie zu sich heran, da sie jetzt richtig weinte. Hermine hatte noch mit niemandem darüber gesprochen, wie sehr es sie belastete und wie sehr sie sich schuldig fühlte. „Warum hast du sie nicht einfach vom Orden verstecken lassen?", fragte Malfoy. „Ich hatte solche Angst, dass man sie finden würde und man sie dann gefoltert hätte, um irgendwelche Informationen aus ihnen herauszuholen.." Malfoy wusste, dass das auch sicher passiert wäre, sagte aber nichts.

Hermine hatte ihren Kopf immer noch auf seine Brust gelegt und weinte all die Tränen, die sie seit Monaten für sich behielt. Malfoy hielt sie weiterhin fest und sie war ihm so nahe, dass sie seinen Herzschlag hören konnte. Sie beruhigte sich und langsam wurde ihr bewusst wie sie dasassen. Sie genoss es, ihm so nahe zu sein. Sie spürte seinen Oberkörper und sie konnte seinen Geruch wahrnehmen. Beinahe erschrak sie, als er ihre Hand griff und ganz zärtlich darüber strich. Auch er war sich darüber im Klaren wie intim die Situation gerade war und er genoss es für Hermine da zu sein. Für Hermine war es unglaublich befreiend, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Das konnte sie bisher noch bei niemandem. Malfoy hatte inzwischen die Augen geschlossen und genoss das Gefühl von Hermine, die an seiner Brust lehnte. Wieder roch er den Duft ihrer Haare und am liebsten würde er für immer so mit ihr dasitzen, doch dann löste sich Hermine aus seinem Griff und trocknete ihre Tränen mit dem Ärmel. „Entschuldige.", sagte sie mit immer noch geröteten Augen. Malfoy streichelte ihr über die Wange „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen." Sie waren sich immer noch sehr nahe als Hermine beschämt den Blick abwandte. „Was ist?", fragte Malfoy mit etwas besorgter Stimme. „Hab ich was falsch gemacht?" „Nein, du kannst nichts dafür, ich-ich kann nur nicht.. Ich bin mit Ron zusammen.." Die Worte trafen Malfoy mitten ins Herz. Es fühlte sich an, als hätte ihm jemand einen Dolch ins Herz gestossen. Er wusste nicht was er darauf sagen sollte und er rückte ein Stück von Hermine weg, da er sie nicht bedrängen wollte.

Inzwischen war auch Harry schon wach und hatte festgestellt, dass Hermine verschwunden war. Wie ein eingesperrtes Tier lief er im Gemeinschaftsraum hin und her bis Ginny ihn packte und kurzerhand auf einen Sessel drückte. „Lass uns nach unten gehen. Luna und Neville sind draussen am schwarzen See und geniessen das Wetter. Wir könnten uns zu ihnen setzten?" Eigentlich wollte Harry hier auf Hermine warten, um sie zu fragen warum sie nicht beim Frühstück war. Einen Moment lang dachte er daran einen Blick auf die Karte des Rumtreibers zu werfen, allerdings hatte er eine Abneigung dagegen, seine beste Freundin so schamlos auszuspionieren, also nickte er nur und folgte Ginny aus dem Gemeinschaftsraum.

Immer noch etwas verlegen wechselte Malfoy das Thema. „Weisst du schon, was du nach Hogwarts machen möchtest?" „Nein. Ich hab da noch keinen bestimmten Plan und du?" „Ich würde gerne die Ausbildung zum Heiler machen. Allerdings muss ich super UTZ-Abschlüsse haben." Etwas erstaunt darüber, dass er diesen Beruf erlernen wollte, antwortete sie aufmunternd „Du hast ja noch genug Zeit, bis zu den Prüfungen, aber wie kommst du auf Heiler?" „Ich hab so viele Tote und Verletzte gesehen, ich denke es wäre gut wenn ich in Zukunft helfen könnte, verstehst du?" „Ja natürlich.", sagte Hermine als sie vom knurren ihres Magens abgelenkt wurde. „Ich hab inzwischen richtigen Hunger, zum Glück hab ich heute Morgen Brötchen mitgebracht." Sie nahm sich eines und der Hunger liess nach.
Den restlichen Nachmittag verbrachten sie damit Zauberschach zu spielen und Hermine hatte ihren Spass daran, dass Malfoy darin genauso schlecht war wie sie. Als es Zeit war fürs Abendessen, verliess zuerst sie das Schulsprecherbüro, damit sie nicht wieder die unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich zogen, wenn sie zusammen in die grosse Halle kamen. Malfoy blieb noch einen Moment sitzen, kramte das Foto vom Weihnachtsball hervor und begutachtete es als hätte er es noch nie gesehen. Ein Gedanke schlich immer wieder durch seinen Kopf. Du empfindest etwas für sie!  

Die Rückkehr nach dem KriegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt